Heute Abend rollt das Leder endlich auch für mich einmal wieder. Um 20 Uhr ist in Avignon Anpfiff des französischen Zweitligaspiels zwischen Arles-Avignon und En Avant Guingamp. Wenngleich mir das Schicksal meiner Guingampais heute eindeutig wichtiger ist, lohnt sich ein Blick auf den Gegner. Der spielte nämlich 2009/10 noch als AC Arles in der 3. Liga und hat nun als AC Arles-Avignon die Möglichkeit, in die 1. Liga durchzumarschieren.
Arles Erfolg geht ausnahmsweise nicht auf einen Investor zurück, sondern wurde auf die gute alte sportliche Art und Weise errungen. Als Vater des Erfolges gilt Trainer Michel Estevan, ein Franzose armenischer Abstammung. Estevan kam 2005 nach Arles. Damals spielte der nie zuvor im französischen Profifußball engagierte Klub in der 5. Liga (CFA 2) und hatte keinerlei Ambitionen nach oben. Über die CFA (4. Liga) und die National (3. Liga) führte Estevan den Klub 2009 mit weitestgehend unbekannten Spielern völlig unerwartet in die 2. Liga, wo man jedoch vor gewaltigen infrastrukturellen Problemen stand. Das Stadion Fernand-Fournier in Arles war nicht zweitligatauglich, und statt es mit Nottribünen auf den geforderten Standard zu bringen, verhandelte der AC Arles mit der Nachbarstadt Avignon über einen Umzug. Seit 2010/11 spielen die Blau-Gelben nun also als AC Arles-Avignon in Avignon und haben sich in der ungleich größeren Nachbarstadt bereits eine durchaus zahlreiche Fanschar erworben.
Das liegt nicht zuletzt an dem ehrlichen und erfolgreichen Fußball, den die Mannschaft von Trainer Estevan bietet. Trotz eines Minibudgets in Höhe von 5,8 Mio. Euro (Präsident Conrad: „So viel hatten wir in der vierten und der dritten Liga auch“) mischte der Aufsteiger von Beginn an in der Spitzengruppe mit. Eine zwischenzeitliche Krise, nach der allgemein der Absturz in die Abstiegszone erwartet wurde, wurde überstanden, und spätestens mit seinem Last-Minute-Sieg in Le Havre am vergangenen Wochenende hat sich der AC Arles-Avignon zu einem ernsthaften Aspiranten für den Durchmarsch in die 1. Liga gemausert.
Ein möglicher Aufstieg treibt den Verantwortlichen jedoch Schweißperlen auf die Stirn. In der 1. Liga muss man ein Stadion mit mindestens 10.000 Plätzen haben, und da müsste dann auch die Arena in Avignon wieder passen. Sollte der Aufstieg gelingen, würde man wohl mit Nottribünen arbeiten müssen (wie es auch beim diesjährigen Erstligadebütanten Boulogne der Fall ist).
So oder so geplant ist die Bildung eines Partner- und Aktionärkreises, die den erstmals erweckten Profifußball in der Region Arles-Avignon auf stabile Füße stellen will.
Insgesamt eine hoffnungsvolle, fast „schöne“ Geschichte. Und wenn man in diesem Jahr noch nicht in die 1. Liga aufsteigen will, wüsste ich was: Einfach heute Abend gegen Guingamp verlieren...
Sollte Arles jedoch gewinnen, käme es am nächsten Wochenende zum Gipfeltreffen mit dem FC Metz. In der Begegnung dürfte sich dann wohl die Frage nach dem dritten Aufsteiger nach Caen und Brest entscheiden.
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