Mittwoch, 30. April 2014

Alle Tassen im Schrank? Beckumer Spielvereinigung


Auch im Kollegenkreis ist meine kleine Tassenmanie inzwischen angekommen, wie ich gestern feststellen konnte, als mich im Verlag Die Werkstatt unerwartet dieser schöne Kaffeebecher der Beckumer Spielvereingung anlachte. Kollege Simon hatte einen Heimatbesuch u.a. dazu verwendet, die im südöstlichen Münsterland gelegene kleine Karnevalshochburg meiner Kollektion zuzuführen. Das war ebenso freundlich wie erfreulich, denn es sind Vereine wie die BSV, die ich besonders gerne in meine Sammlung aufnehme: Klubs, die eine gehörige Tradition aufweisen und deren Gegenwart etwas weniger rosig aussieht.

Wobei - gegenwärtig ist die Beckumer Spielvereinigung immerhin schon wieder in der Landesliga Staffel 4 am Ball, nachdem man 2002 insolvenzbedingt in der Kreisliga B einen Neustart hatte vollziehen müssen. Fußballerische Nummer eins in Beckum ist jedoch derzeit der SC Roland, der wiederum 2007 noch in der Kreisliga am Ball war und sich inzwischen Oberligist nennen darf. Ein Personaldienstleister hatte bei den Rot-Weißen die Grundlagen für den imposanten Aufschwung gelegt.

Der Beckumer SV bleibt da nur der Rückblick auf jene Tage, in denen man den Fußball in Beckum noch dominierte und Größen wie den langjährigen Bayern-Verteidiger Udo Horstmann hervorbrachte. Wie der Name "Spielvereinigung" andeutet, ist die BSV das Resulat eines Zusammenschlusses. 1929 bündelten VfB Beckum und SSV Beckum die Kräfte zum BSV, der noch in den 1930er Jahren die Zweitklassigkeit erklomm, allerdings erst in den 1960er Jahren ins überregionale Blickfeld rückte. Ab 1963/64 konnte in der 1958 eingeweihten Römerkampfbahn dann erstklassiger Amateurfußball goutiert werden.

Über Mittelfeldplätze kam die BSV dort zwar nicht hinaus, Beckum aber war eine kleine Fußballhochburg, die sich 1978 auch für die neue eingleisige Oberliga Westfalen qualifizierte. Dort im ersten Jahr abgestiegen, gelang 1989 die Rückkehr, womit zugleich die erfolgreichsten Jahre in der Geschichte der Blau-Weißen anbrachen, was von der heimischen Fanschar dankbar honoriert wurde. 2.110 Zahlende wohnten 1989/90 durchschnittlich einem der 15 Heimspiele des BSV in der Römerkampfbahn bei und freuten sich über einen achten Platz des Aufsteigers. Noch besser lief es 1994/95, als die BSV sogar Dritter in der inzwischen allerdings nur noch viertklassigen Oberliga Westfalen wurde. Vor allem Anhänger von Arminia Bielefeld fürchteten seinerzeit den Trip nach Beckum, denn ihr Team bezog in der Römerkampfbahn überproportional häufig bittere Niederlagen. 1995 gelang den Beckumern zudem ein viel beachterer Pokalsieg über den Bundesligisten 1. FC Köln.

Dann nahm das Drama seinen Lauf. Rückfall ins Mittelmaß, Einbruch der Besucherzahlen, sportliche wie wirtschaftliche Krise. Dem Abstieg aus der Oberliga 2001 folgte in der Spielzeit 2001/02 mitten im Saisonverlauf der Rückzug aus dem Spielbetrieb mitsamt anschließendem Neustart in der Kreisliga B. Dort rappelten sich die Blau-Weißen langsam wieder auf, schafften auf Anhieb den Durchmarsch bis in die Bezirksliga und erreichten schließlich 2006 die Landesliga. Begleitet wurde der Verein bei dieser Berg- und Talfahrt übrigens von einer kleinen aber treuen Fanschar, die den sympathischen Namen "Wersewampen" trägt (http://www.wersewampen.de/).

Samstag, 26. April 2014

Insolvenzticker: SSV Ulm 1846

Beim Regionallisten SS Ulm 1846 haben sich in den letzten Tagen die Ereignisse überschlagen. Inszwischen taucht immer häufiger das böse Wörtchen "Insolvenz" in der Berichterstattung auf - der SSV 1846 hat bereits zwei Insolvenzen hinter sich.

Aus Zeitgründen heute ausnahmsweise nur ein paar Links zum Weiterlesen:

http://www.deutschlandfunk.de/fussball-ssv-ulm-1846-versinkt-im-chaos.890.de.html?dram:article_id=283725

http://www.donau3fm.de/allgemein/droht-wieder-eine-insolvenz/83692 

http://www.augsburger-allgemeine.de/neu-ulm/sport/Chaos-bei-den-Spatzen-Kein-Geld-und-jetzt-auch-keine-Fuehrung-id29616691.html


Alle Tassen im Schrank? Bristol Rovers


Sorry, aber das muss heute sein. An einem Tag, an dem sich das Schicksal eines Klubs, der mir sehr am Herzen liegt, in die eine oder andere Richtung neigen kann. In nur 90 Minuten, im direkten Duell mit einem punktgleichen Rivalen um den Abstieg aus der Division 2 und damit der Football League.

Heute Nachmittag werden die Bristol Rovers von weit mehr als 2.000 mitgereisten Fans im Adams Park bei den Wycombe Wanderers (hoffentlich) zum Sieg getragen und machen damit (hoffentlich) den entscheidenden Schritt in Richtung Klassenerhalt. Ich wäre liebend gerne live vor Ort, kann die Partie aber nur am Radio verfolgen. Am Sonntagmorgen steht für mich das erste Radrennen der Saison an – insofern war ein Ausflug nach Wycombe nicht eingeplant und konnte kurzfristig nicht organisiert werden.

Was mich bei der Wahl meiner Lieblingsmannschaften geritten hat, weiß ich auch nicht. Göttingen 05 habe ich meinem Vater zu verdanken, der mich in Göttingen das erste Mal mit zum Spiel nahm. Vater war BVB-Fan und wir waren gerade von Dortmund nach Göttingen gezogen. Ich könnte also auch BVB-Fan sein. Bin ich aber nicht, und ungeachtet der traurigen Entwicklung bei Göttingen 05 ist das auch gut so! Die Bristol Rovers habe ich mir selber ausgesucht. Manchmal ist das im Leben eben einfach so: man sieht etwas, ist hin und weg, taumelt verliebt durchs Leben, und wenn man wieder nüchtern ist und genauer hinschaut, ist es längst zu spät, steckt der Ring am Finger oder das Herz am Verein.

Nicht, dass ich es jemals bereut hätte (nur manchmal…). Ich kann auf herrliche Erlebnisse mit den Rovers zurückblicken. Sicher, da sind auch ein paar Enttäuschungen. Aber nun gut, kann denn in der Liebe immer die Sonne scheinen? Ich war – und bin – glücklich mit meiner Wahl. Die Bristol Rovers sind ein besonderer Verein. Keiner von der Stange wie Manchester United oder Arsenal. Und schon gar nicht ein Verein, der hier in Deutschland irgendeine Berühmtheit ist. Das gefällt mir, denn bei der Wahl seiner Lieblingsmannschaft sollte man sich nicht vom Mainstream leiten lassen. Sondern von Gefühlen, von Intuition, von Emotionen. Und je näher ich dem Klub kam, je mehr ich über ihn und seine Geschichte erfuhr, desto mehr wusste ich: ich bin genau richtig! Der dreckige Underdog, meistens im Schatten des poshen Stadtrivalen „south of the River“, immer ein bisschen kratzbürstig, immer ein bisschen frech, immer ein bisschen tragisch.

Meine Welt? Meine Welt!

Ich bin seit über 20 Jahren Rovers-Fan und habe in der Zeit sicherlich 120 bis 130 Spiele gesehen. Das mag verrückt klingen, und ohnehin ist es fragwürdig, ob man wirklich „Fan“ sein kann in so einer Fernbeziehung. Ich weiß, dass man kann. Das Leiden vor dem Radio ist manchmal sogar noch intensiver als im Stadion, wo man die Emotionen wenigstens im Kollektiv rauslassen kann. So gucken nur die Nachbarn, wenn ich plötzlich ein erlösendes „JAAA“ durch den Garten schicke. Oder wie neulich bei einem Besuch bei Borussia Fulda, als Kaid Mohammed in der 94. Minute den 1:0-Siegtreffer gegen Morecambe machte und ich brüllend auf der Tribüne hüpfte, als die erlösende SMS einging. „Wer hat getroffen“, guckten mich zig fragende Augen an. „Bristol Rovers“ rief ich zurück. Danach guckten mich noch mehr fragende Augen an.

So ein Fußballklub ist mehr als nur ein Verein. Das weiß man nicht nur in Barcelona. Er ist Heimat, er ist Geborgenheit, er ist Leidenschaft, er ist Geschichte. Er ist ein Wappen – heute Nachmittag wird die blau-weiße Fahne in meinem Garten wehen. Vor allem aber ist er „Menschen“, und das ist es, was mein Herz dereinst endgültig für die Bristol Rovers öffnete. Ich bin vielen wunderbaren Menschen begegnet, wenn ich mit den Rovers unterwegs war. Wer mich jemals hat Englisch sprechen hören, weiß, dass ich mit meinem Akzent sofort als Ausländer entlarvt werde. Das hat mich oft geärgert, aber es hat auch den Vorteil, spielend in Kontakt mit Menschen im Stadion zu kommen. Wenn ich heute nach Bristol komme, brauch ich eine halbe Stunde, bis ich all die Menschen begrüßt habe, die ich dort kenne und schätze. So wie Phil, den Köln-Fan und Gashead, der in seinem „portable cabin“ Rovers-Souvenirs verkauft. Oder Adam, der während des Spiels ständig die Zwischenstände der anderen Partien checkt (und mir die Bundesliga-Zwischenstände zuruft "Bayern one-nil up"). David, der auch Fußballbücher schreibt. Abi, die ich durch unglaubliche Zufälle per Facebook kennenlernte. Und natürlich Chris und Rowena, die mir über die Jahre zu echten Herzensfreunden geworden sind und mich mit SMS versorgen, wann immer ich nicht vor dem Radio hocken kann oder selbst vor Ort bin. Ein Verein ist manchmal auch eine Familie.

Heute Nachmittag ist mein Herz, ist meine Leidenschaft, ist meine Liebe im Adams Park in Higher Wycombe.

Heute Nachmittag gilt nur eins: C’MON ROVERS, C’MON YOU GAAAAASSS!

Freitag, 25. April 2014

Alle Tassen im Schrank? FC Kempten/Allgäu

 
Gleich ein ganzes Paket voller Fußballbecher traf in der Woche vor Ostern bei mir daheim ein. Drei Exemplare aus für einen Norddeutschen recht exotischen Orten erweitern seitdem meine Sammlung, die im Übrigen, das möchte ich gerne mal lobend erwähnen, dank Eurer Hilfe seit dem Start der "Tassen-Like-Liga powered by Hardy Grüne“ sukzessive angewachsen ist. Und zwar so sehr, dass ich inzwischen ein ...Platzproblem habe, denn das handgefertigte Tassenregal ist pickepacke voll und bedarf dringend eines Anbaus :-D

In der nunmehrigen Überraschungslieferung waren zwei ausländische Becher (dazu in den kommenden Wochen mehr) sowie ein Exemplar eines bayerischen Traditionsvereins, das ich Euch heute präsentieren möchte. Nun fällt mir zum FC Kempten allerdings ehrlich gesagt nicht so wahnsinnig viel ein. In meinem „Vereinslexikon“ von 2001 taucht der Klub als aktueller Bayernligist auf, der in seinen beiden bis dahin absolvierten Jahren im bayerischen Oberhaus jeweils gegen den Abstieg spielte und auf durchschnittlich rund 540 Zuschauer pro Spiel kam – aus heutiger Sicht eine durchaus ansprechende Zahl. Darüber hinaus weiß ich noch zu berichten, dass der Klub aus der Fußballabteilung des MTV Kempten hervorging und seit 1946 als FC Kempten über die bayerischen Fußballfelder jagt.

Ich war allerdings noch nie bei einem Spiel des FC Kempten vor Ort, und insofern freut es mich umso mehr, dass der edle Übersender der Tasse auch gleich die dazugehörige Geschichte mitgeliefert hat, die Euch allen nun etwas mehr zum und über den FC Kempten erzählen wird. Und damit zugleich ein herzliches Danke schön an Matthias Fingerle, den Verfasser der folgenden Zeilen und Übersender des Überraschungspaketes.

"Viele Jahre war der FC Kempten der Fußballverein in meiner Heimatstadt. Mit ca. 65.000 Einwohnern ist Kempten die größte Stadt des Allgäus. Ich gebe zu, ich verfolge den regionalen Fußball beim FCK erst seit ca. 15 Jahren, aber auch da habe ich schon einiges erlebt. Lange Zeit war der FC Kempten eine Fahrstuhlmannschaft zwischen der damals noch viertklassigen Bayernliga und der Landesliga. Seine beste Zeit erlebte der FCK unter dem Allgäuer Ex-Bundesligaprofi Uwe Wegmann als Spielertrainer. Im Jahr 2005 gelang in einem wahren Nervenkrimi die Rückkehr in die Bayernliga, als man im Relegationsspiel gegen die SpVgg Ansbach in Gundremmingen bereits 0:2 zurücklag und ein überragender Uwe Wegmann seine Mannschaft zuerst zum Ausgleich und dann zum Sieg im Elfmeterschießen führte.

Zur Bayernliga-Eröffnung wurde das Derby gegen den FC Memmingen angesetzt, wobei die Memminger bei der Gelegenheit ihr komplett umgebautes (eigentlich eher neugebautes) Stadion einweihten. Vor einer sensationellen Kulisse von 6.650 Zuschauern (das Bayerische Fernsehen übertrug die zweite Halbzeit live) holte Außenseiter Kempten ein wackeres 0:0. Leider wurde Wegmann 2008 am ersten Spieltag nach der Winterpause (!) nach einer 0:3-Heimniederlage gegen Würzburg entlassen, obwohl das Team nicht auf einem Abstiegsplatz in der Bayernliga stand.

Es war der Beginn einer beispiellosen Talfahrt: Kempten gewann in der kompletten Rückrunde kein einziges Spiel und stieg ab. Jedoch nicht nur aus der Bayernliga, sondern insgesamt viermal in Folge! Der Verein wurde durchgereicht von der Bayern- bis in die Kreisliga! War lange Zeit der FC Memmingen der große sportliche Rivale, so wurde man nun plötzlich vom Lokalrivalen TSV Kottern überholt (immerhin blieb es dem FCK noch erspart, aus dem städtischen Illerstadion ausziehen zu müssen, das eigentlich dem ranghöchsten Verein zusteht, da die Kotterner in ihrem eigenen Kieswerkstadion – heute ABT-Arena – bleiben wollten).

Ein Führungschaos unter verschiedenen Vorständen jagte das nächste und plötzlich war der FCK nicht nur in der Kreisliga, sondern stand kurz vor der Insolvenz. Teilweise war man in der Bezirksliga (!) mit einzelnen „Profispielern“ aufgelaufen. Bei den wenigen verbliebenen Fans war plötzlich nicht mehr die Sorge, in welcher Liga man spielen wird, sondern DASS man überhaupt noch spielen wird, der 1907 gegründete Verein stand kurz vor der Auflösung. Leider konnte man so auch nicht von der Umstrukturierung der Regionalliga und der Ligen darunter profitieren, wodurch einige Vereine plötzlich in Ligen „gespült“ wurden, von denen sie zuvor nicht einmal geträumt hatten. Ein neuer Vorstand – der nach wie vor im Amt ist – konnte die Insolvenz noch abwenden, der Verein ist zwar mittlerweile wieder schuldenfrei und schaffte nach zwei Jahren Kreisliga zumindest den Wiederaufstieg in die Bezirksliga, wo man aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wieder absteigen muss.

Besonders bitter ist hierbei, dass mittlerweile nicht nur umliegende Dorfvereine höher spielen, sondern dass man sich im Abstiegsfall dann sogar mit der 2. Mannschaft des TSV Kottern messen muss. Die Fans sehen es ein wenig mit Galgenhumor, dass dann zumindest die Auswärtsfahrten nicht mehr so weit sind und es das eine oder andere Derby gibt. Bei uns in der Firma gibt es dann schon mal die eine oder andere Diskussion oder Stichelei mit Kollegen, die aus den Dörfern der Liga-Konkurrenz stammen... Neben der Rückkehr in die sportliche Erfolgsspur hat der neue Vorstand auch begonnen, das Image des „Chaos-Clubs“ wieder ein wenig aufzupolieren, was auch schon teilweise gelungen ist. U.a. wurde eine Fanartikel-Kollektion aufgelegt, aus der auch diese Tasse stammt.Neben dem Wappen siehst Du im Hintergrund die Tribüne unseres Illerstadions, die mittlerweile nur noch sehr sporadisch „gefüllt“ ist.

Bei den normalen Ligaspielen verlieren sich meist zwischen 100 und 200 Fans. Lange Zeit hatte man ohnehin den Eindruck, dass Kempten generell keine „Sportstadt“ ist, was jedoch eindrucksvoll widerlegt wurde, als vor ein paar Jahren Kempten und Kottern in der damaligen Bezirksoberliga aufeinandertrafen. Zum Hinspiel im Juli strömten 1.500 Zuschauer nach Kottern (ein Stadtteil, der heute St. Mang heißt, witzigerweise liegt nur das Stadion auf Kemptener Stadtgebiet, nicht aber das Vereinsgebäude, weswegen der Club die postalische Anschrift der Nachbargemeinde Durach hat, aber natürlich sind und bleiben die Kotterner ein Kemptener Verein), zum Rückspiel im Herbst kamen auch noch mehr als 1.000 Fußballfreunde.

Seit zwei Jahren hat nun Football dem Fußball den Rang als Sportart Nr. 1 in Kempten abgelaufen, seit die „Allgäu Comets“ in die GFL2, die 2. Bundesliga, zurückkehrten und mittlerweile auch den Aufstieg in die GFL, die Bundesliga, geschafft haben. Insofern bleibt zu hoffen, dass sich auch die Fußballer daran ein bisschen ein Beispiel nehmen und sich mittelfristig auch wieder in einer etwas höheren Liga etablieren können."
 
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Dienstag, 22. April 2014

Insolvenzticker: Westfalia Herne

Führungskrise beim abstiegsbedrohten Oberligisten Westfalia Herne.

Nach dem Rücktritt des 2. Vorsitzenden und Mitsponsor Uwe Heinecke steht der Verein vor turbulenten und schwierigen Tagen. Das Fachblatt "Reviersport" spekuliert gar über eine Neuausrichtung in Richtung Nachwuchsarbeit, was eine Rückstufung der stark abstiegsgefährdenten Oberligamannschaft zur Folge haben könnte. 

Weitere Informationen: http://www.reviersport.de/270281---westfalia-herne-sehr-viel-wird-frage-gestellt.html#stts

Mittwoch, 16. April 2014

Frankreich: Dorfverein Luzenac vor dem Aufstieg in die 2. Liga

In Frankreichs dritthöchster Spielklasse steht ein Klub vor dem Aufstieg in Ligue 2, der unumwunden als "Dorfverein" bezeichnet werden darf: Luzenac AP.

Luzenac ist eine wohlwollend 600 Köpfe zählende Gemeinde mitten in den Pyrenäen. Sie liegt etwa 10 Kilometer westlich von Ax-les-Thermes im Département Ariège. Ax-les-Thermes ist das französische Zugangstor zum Zwergstaat Andorra. Die nächste größere Stadt ist Toulouse, das etwa 100 Kilometer weiter westlich liegt.

Der Klub wurde 1936 gegründet und trägt seit Dezember 2013 seinen heutigen Namen Luzenac AP, nachdem man lange als Union Sportive Luzeac auflief. Im Volksmund werden die Blau-Roten auch "Talcs" genannt, womit zugleich die Erklärung für die sportlichen Erfolge der Kicker aus der kleinsten Gemeinde im französischen Halbprofifußball geliefert wird: In der Region wird Talk abgebaut, und in Luzenac steht mit "Talc de Luzenac" eine Talkfabrik, deren Betreiber den Fußballklub nach Kräften unterstützen. Das Unternehmen zählt zu den weltweit größten Förderern des Minerals und gehört zur Rio Tinto Gruppe. Rund 300 Arbeitsplätze sind in Luzenac direkt mit dem Kalkabbau verbunden. Gründungsname des Vereins war im Übrigen Union Sportive des Talcs de Luzenac. Zugleich steht der Verein aber zu seinen "provinziellen" Wurzeln und weist im Wappen einen Hirschen vor einer Hochgebirgssilhouette auf. Luzenac AP spielt im Stade Paul-Fédou, das eine Kapazität von 1.200 Plätzen aufweist und über eine kleine Sitzplatztribüne verfügt. Paul Fédou war einst Chef der örtlichen Talkfabrik.

2009 gelang der USL zum zweiten Mal nach 1980 der Aufstieg in die dritthöchste Spielklasse. Ungleich des ersten Anlaufs, der im sofortigen Wiederrabstieg endete, gelang diesmal die Etablierung. Das war umso bemerkenswerter, als die "National" (3. Liga) im Gegensatz zu 1980 ist landesweit spielt  und den kleinen Klub vor enorme administrative und infrastrukturelle Herausforderung stellte. Zudem verfügt Luzenac traditionell über einen der geringsten Etat aller französischen Drittligisten - etwas mehr als eine Mio. Euro stehen dem Verein pro Saison zur Verfügung.

Schon 2010/11 machte die Mannschaft unter Trainer Christophe Pélissier Furore, als sie nach einem Blitzstart wochenlang die Tabelle anführte. Nun fehlen in der laufenden Saison 2013/14 nur noch ein paar Pünktchen, dann wäre das Wunder perfekt. Bei 13 Zählern Vorsprung auf den ersten Nichtaufstiegsplatz und nur noch sechs ausstehenden Spielen zweifelt aber ohnehin niemand mehr daran, dass Luzenac nächste Saison in der 2. Liga an den Start geht. 

Größte Herausforderung dürfte dann die Infrastruktur sein. Vermutlich wird man zunächst in Toulouse spielen müssen, ehe die entsprechenden Voraussetzungen in Luzenac geschaffen sind. Denn ist sicher: "das Projekt ist in der Region Ariège geboren worden und es wird dort auch weitergehen", versicherte Sportdirektor Christophe Rodriguez. Auf die künftigen Zweitligagegner wird aber noch eine weitere Herausforderungen zukommen. Luzenac ist nämlich berüchtigt für seine heftigen Schneefälle im Winter...

Weitere Infos (auf Französisch): 

http://www.ladepeche.fr/article/2014/04/14/1863263-luzenac-dans-l-ascenseur.html

http://www.ladepeche.fr/article/2014/03/19/1843072-la-saison-de-reve-de-luzenac.html

http://www.luzenac-ap.fr/

Alle Tassen im Schrank? Bremer SV


Ich bin verliebt! Gestern kam ich nach Hause und da stand ein kleines Päckchen vor meiner Haustür. Als ich es öffnete, lugte dieser wunderschöne Kaffeebecher hervor und eroberte mein Herz im Sturm. Bremer SV! Panzenberg! Fußballkultur! Fußballtradition! Blauweißes Bremen statt immerwährendes grünweißes Bremen!

1979 war ich zum ersten Mal mit 05 auf dem Panzenberg. Eine klassische Fußballstätte mitten in Walle, umgeben von Wohnhäusern, direkt an der Stadtautobahn, unter der man bei Spielen so schön parken kann. Eine rustikale überdachte Tribüne mit einer Handvoll Holzbänken, auf der Gegengeraden ein paar Stehränge – genau so muss eine Fußballstätte aussehen. Schon damals war ich hin und weg, wenn es zum Bremer SV ging. Auch wenn es sportlich selten wirklich gut lief für die Blau-Weißen, waren sie immer ein gerngesehener Gast in der Oberliga Nord. Der Zuschauerzuspruch war zwar karg, doch wenn man heute die Durchschnittszahl der Saison 1980/81 liest – 821 Zahlende pro Spiel – dann bekommt man eine Ahnung, wie sehr es mit dem BSV, aber auch dem hochklassigen Amateurfußball insgesamt, bergab gegangen ist.

Und nun rüstet sich der Bremer SV von 1906 zur Rückkehr! Ein engagiertes Team will die Panzenberger erwecken und in den höherklassigen Fußball zurückführen. Regionalliga Nord ist das Ziel. Als Meister in Bremen stehen die Blau-Weiß schon fest. Nun winkt Anfang Juni die Aufstiegsrunde gegen den VfB Lübeck und den Vizemeister aus Niedersachsen, vermutlich Lüneburger SK oder Freie Turner Braunschweig. Zwei von drei Teams steigen auf. Geht man mal davon aus, dass der VfB Lübeck vermutlich ein Selbstgänger werden wird, heißt das Duell wohl Bremer SV gegen Niedersachsen-Vize. Sorry, LSK, ich weiß dann, wem ich die Daumen drücke, und Lüneburg hat ja ohnehin auch die Chance, sich als Meister direkt für die Regionalliga zu qualifizieren. 

Was ich aus Bremen höre, klingt ausgesprochen gut. Das fängt schon mit dem kleinen Päckchen an, das da gestern vor meiner Haustür stand. Denn der Bremer SV möchte gerne an der „Tassen-Like-Liga powered by Hardy Grüne“ teilnehmen. Weil er sich auch den Fußballliebhabern außerhalb von Bremen präsentieren möchte. Und beorderte deshalb ein Exemplar an meine Adresse. Und schrieb dazu: „Ja, der Panzenberg ist schon etwas Besonderes, insbesondere da ja nun nach und nach die alten Traditionsstadien in Norddeutschland verschwinden (LSK, Altona...). Wir arbeiten daran, den Bremer SV wieder etwas Leben einzuhauchen. Bei der Tradition (ja, liegt schon sehr lange in der Vergangenheit...) macht es einfach Spaß in der Vergangenheit zu wühlen. Wir haben hier auf der Internetseite eine eigene Rubrik Historie eingerichtet, mit ehemaligen Spielern, Trainern und historischen Bildern. Leider hat sich in den letzten rund 20 Jahren keiner richtig darum gekümmert. Aber DAS soll und wird anders werden. Ja, die Regionalliga ist bei der Übermacht des SV Werder Bremen schon in der kleinen Hansestadt Bremen eine Herausforderung. Nur WIR wollen es versuchen. Dabei aber eine klare Fokussierung auf Bremer Jungs. Keine Experimente, keine Söldner etc. Nur mit einer klaren nachhaltigen Philosophie können wir eventuell Zuschauer und Sponsoren für uns begeistern. Irgendwo habe ich gelesen „der BSV hat das Zeug zum Kultverein“ und sei „Bremens heimliche Liebe“ - ich weiß gar nicht, wer der Autor war - GRINS (Anmerkung meinerseits: das war dann wohl in meinem Buch „Legendäre Fußballvereine Norddeutschland“  ).

Danke nach Bremen und viel Erfolg bei der Wiedererweckung eines großen Vereins!


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Montag, 14. April 2014

Buchbesprechung von "Wenn Spieltag ist"

Ich mag Rezensionen, bei denen man als Autor das Gefühl hat, der Rezensent bzw. die Rezensentin (in diesem Falle) hat sich das Buch wirklich angeschaut und nicht nur einfach den Pressetext des Verlages etwas umgeschrieben.

Nur diese Rezensionen sind wirklich wertvoll, auch für uns Autoren.

Und wenn dann noch so schöne Worte dabei herauskommen, wie sie die Wortpiratin gefunden hat, kommt zur Freude auch noch stolz. Danke!

Was am Ansatz des Autors besonders angenehm ist – er betrachtet die Szene gleichermaßen als Aktiver und aus der Distanz. Fan ganz allgemein und auch speziell im Fußball, das ist er vor Jahrzehnten geworden, aber er setzt sich mit der Kultur und Entwicklungsgeschichte eben auch als Journalist und Historiker auseinander. Es ist genau dieser Spagat, der das Buch besonders macht, weil da einer schreibt, der sich ehrlich bemüht, beide Perspektiven auf Fans und Szene zu schildern, sie einander und jedem Leser, der sich weder zu der einen noch der anderen Seite zählt, nahe zu bringen. Das ist keine leichte Aufgabe doch zumeist gelingt der von ihm selbst benannte Spagat.

Die komplette Rezension gibt es hier: http://www.wortpiratin.de/blog/?paged=3

Freitag, 11. April 2014

Insolvenzticker: RFC Antwerp und andere belgische Klubs

Fünf belgischen Zweitligisten wurde die Lizenz für die kommende Saison verweigert - darunter ist mit dem Royal Antwerp FC der älteste Klub des Landes, der dementsprechend die "Stammnummer 1" des belgischen Fußballverbandes trägt und "Great Old" genannt wird.

Die anderen Vereine sind St. Truiden, Hoogstraten, RWD Molenbeek und Tubize. Alle betroffenen Klubs haben die Möglichkeit, gegen die Entscheidung der Lizenzkommission in Berufung zu gehen.St. Truiden beispielsweise geht davon aus, nach Erbringung einer Bankgarantie im zweiten Durchgang die Lizenz zu erhalten.

In Antwerpen verkomplizierte sich die Situation, weil Ex-Präsident Eddy Wauters Nachforderungen erhob. Nähere - allerdings auf Flämisch - hier: http://rafc.be/news/geen-licentie-voor-rafc-door-claim-wauters

Außerdem wurde bekannt, dass Drittligist CS Verviers ebenfalls keine Lizenz erhalten hat.

Insolvenzticker: Vienna Wien

Der Wiener Traditionsverein Vienna steht mit und einer Mio. Euro in der Kreide und kämpft - mal wieder - ums Überleben. Dazu ein ausgezeichneter Hintergrundbericht aus dem aktuellen ballesterer: http://www.ballesterer.at/heft/weitere-artikel/es-geht-ans-eingemachte.html?fb_action_ids=10203705018211009&fb_action_types=og.likes

Insolvenzticker: FSV Fernwald

Diese Meldung firmiert zwar unter "Insolvenzticker", sie ist aber keine von den üblichen Meldungen existenzbedrohter Klubs. Der FSV Fernwald, seit neun Jahren in der Hessenliga dabei und ranghöchster Vertreter des Fußballkreises Gießen, wird seine Mannschaft zum Saisonende nämlich vor allem aus der fünften Liga zurückziehen, um gar nicht erst in existenzbedrohende Schwierigkeiten zu geraten.

Die verschlechterten Rahmenbedingungen im Amateurfußball, fehlende Zuschauer sowie ausgebliebene Fair-Play-Prämien ließen dem Klub keine andere Wahl. "Es war keine punktuelle Entscheidung. Wir sind in den letzten zwei bis drei Wochen innerhalb des Präsidiums zu diesem Entschluss gekommen", erklärte Bernhard Becker, Vorstand Sport beim FSV gegenüber der "Gießener Allgemeinen".

Wo der Verein weiterspielen wird, ist derzeit unklar. Gemäß den Statuten müssen die Schwarz-Weißen, bei denen Ex-Bundesligaspieler Ronny Borchers als Trainer wirkt, zwei Klassen niedriger anfangen. das wäre die Gruppenliga. Dazu müsste der FSV aber in der laufenden Saison den sportlichen Klassenerhalt in der Hessenliga schaffen. Gelingt dies nicht, erfolgt der Neustart in der Kreisoberliga.

Trainer Borchers und seine Mannschaft sind zwar erschüttert, zeigen aber Verständnis für die Entscheidung. Borchers erklärte gegenüber der Gießener Allgemeinen: "Ich weiß um die Situation. Wenn das Risiko nicht mehr kalkulierbar ist, dann ist dieser Schritt nachvollziehbar. Es würde mich nicht überraschen, wenn wir einen solchen Schritt auch bei einigen anderen Vereinen in dieser Klasse noch erleben." Auch Henry Mohr, Kreisfußballwart im Sportkreis Gießen, zeigte Verständnis: "Das ist eigentlich ein Prozess. Ich wundere mich darüber, dass nicht mehr Mannschaften aus der Hessenliga ihre Mannschaft zurückziehen. Die Kluft zwischen den Profivereinen und den Amateurklubs wird immer größer. Irgendwann spielen die auch in der Hessenliga aus Spaß an der Freude. Man hat das ja auch in der Vergangenheit gesehen, als kaum ein Hessenligist in die Regionalliga aufsteigen wollte. So kommt jetzt auch der KSV Baunatal mit Pauken und Trompeten zurück. Mir tut das natürlich für den Fußballkreis Gießen leid, dass wir in der kommenden Saison nicht mehr in der Hessenliga vertreten sind. Doch was soll man machen? Wenn keine Gelder da sind, sind keine Gelder da. Es gibt Verlierer, aber auch Gewinner. Das wird immer so sein. So haben andere Vereine die Chance, für weniger Geld als bisher an Spieler heranzukommen."
Weitere Infos:
http://www.giessener-allgemeine.de/Home/Sport/Lokalsport/Artikel,-Hessenligist-FSV-Fernwald-zieht-Team-zurueck-_arid,489020_regid,1_puid,1_pageid,115.html

Reaktionen anderer Klubs auf den Rückzug
http://www.giessener-allgemeine.de/Home/Sport/Lokalsport/Artikel,-Nach-dem-FSV-Rueckzug-Machtwechsel-bahnt-sich-an-_arid,489169_regid,1_puid,1_pageid,115.html

Premiere von "Wenn Spieltag ist. Fußballfankultur in Deutschland"

Heyho Wolfsburg, das war eine mehr als gelungene Premiere von "Wenn Spieltag ist. Fußballfankultur in Deutschland" im VfL-Fanhaus!

Mit der Meisterschale im Rücken und vor einem sehr engagierten und fachkundigen Publikum über das Auf und Ab im Fanwesen zu referieren hat außerordentlich viel Spaß gemacht.

Dank auch an Holger Ballwanz und sein Team sowie das Stadtmuseum Wolfsburg für eine perfekte Organisation (und natürlich die tollen Zuwächse für meine Tassensammlung... :-D )






Donnerstag, 10. April 2014

Bilderreise "Wenn Spieltag ist. Fußball-Fankultur in Deutschland"

Heute Abend gibt es in Wolfsburg die Premiere meiner kleinen Bilderreise durch 100 Jahre Fußball-Fankultur in Deutschland "Wenn Spieltag ist" (19 Uhr, Fanhaus an der Volkswagen-Arena, Eintritt frei. https://www.vfl-wolfsburg.de/info/aktuelles/detailseite/artikel/lesung-im-fanhaus.html) - und der nächste Termin lockt bereits!

Es wird ein Heimspiel sein, denn am 23. Mai 2014 gastiere ich in den geheiligten Hallen des 05-FanRaums in der Oberen Masch 10 in Göttingen!

Alle Tassen im Schrank? VfL Wolfsburg


 
„Meine Heimat, meine Liebe, mein Verein, mein Becher“ heißt es auf diesem Kaffeepott des VfL Wolfsburg, bei dem ich heute Abend zu Gast bin. Ab 19 Uhr zeige ich im Fanhaus an der Volkswagen-Arena Bilder aus über 100 Jahren Fankultur in Deutschland und erzähle ein bisschen über Wechsel und Wandel im hiesigen Fandasein. Näheres hier: https://www.vfl-wolfsburg.de/info/aktuelles/detailseite/artikel/lesung-im-fanhaus.html

Ausgerechnet Wolfsburg mag der eine oder andere nun stöhnen, denn als Fanhochburg mag Wolfsburg nicht den allerbesten Ruf genießen. Ob das gerecht ist, mögen andere beurteilen, ich jedenfalls finde die Entwicklung der Wolfsburger Fankultur beachtenswert und habe großen Respekt davor. Einen Verein wie den VfL Wolfsburg zu unterstützen ist sicherlich eine ganz andere Erfahrung als die, die man als Anhänger eines dieser beliebten und so genannten Traditionsvereine macht. Und doch ist es gelungen, eine eigene Identität zu bilden und sich damit landesweit Respekt zu verschaffen. Insofern freue ich mich auf ein hoffentlich zahlreiches Publikum nachher!

Die Reise nach Wolfsburg birgt für mich natürlich auch eine Menge Erinnerungen. Früher bin ich da mindestens einmal im Jahr in Sachen Fußball hingefahren. Der VfL Wolfsburg und Göttingen 05 verbrachten Jahrzehnte Seite an Seite in Regionalliga, Oberliga Nord, 2. Bundesliga-Nord oder Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga. Und häufig waren es meine Schwarz-Gelben, die gerade im entscheidenden Moment topfit waren und beide Zähler vom Elsterweg entführten.

Fankultur gab es in den 1970er und 1980er in der Tat nur bedingt beim VfL Wolfsburg. Und auch Zuschauer waren – zumindest bei gewöhnlichen Ligaspielen – nicht allzu reichlich. Insofern hatten wir mehr als einmal gefühlte Heimspiele, wobei das in jenen Jahren immer auch bedeutete, dass es hier und da zu kleineren Rangeleien kam.

Als Fußballstadt war Wolfsburg damals also wirklich nicht allzu spannend, und irgendwie taten mir die paar VfL-Fans immer etwas leid. In einer Stadt wie Wolfsburg zu leben, das VW-Werk im Rücken zu haben und dann doch nur vor überschaubaren Kulissen und in einem Stadion mit recht wenig Atmosphäre zu spielen fand ich traurig. Dabei hat Wolfsburg durchaus seine Szenen gehabt in der Vergangenheit! In den 1950ern kickte man in der alten Oberliga Nord und begrüßte bisweilen sogar fünfstellige Kulissen. Der VfL fungierte damals als Identifikationsobjekt in einer Stadt, in der die meisten „Fremde“ waren und eine neue Heimat suchten. Der VfL, der Fußball, bot dieses „Zugehörigkeitsgefühl“. In den späten 1960ern hatte man dann eine starke Mannschaft mit dem unvergessenen „Wanze“ Kemmer, doch der Aufstieg in die Bundesliga blieb ein Traum, und schon bald herrschte wieder Alltag in Wolfsburg.

Noch Mitte der 1980er Jahre verloren sich häufig nur wenige hundert Fans am Elsterweg, wenn der VfL aufspielte. Dann kam Peter Pander, freigestellt vom VW-Werk und ausgestattet mit dem Auftrag, bei den VfL-Fußballern professionelle Bedingungen zu schaffen und den Klub in die Bundesliga zu führen. 1990/91 waren 05 und der VfL noch gemeinsam in der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga, ehe sich die Wege der beiden Vereine im Sommer 1992 mit dem Aufstieg des VfL trennten – mit hoher Wahrscheinlichkeit für immer.
 
Und hier noch der Hinweis auf den heutigen Abend im Fanhaus:
 

Sonntag, 6. April 2014

Alle Tassen im Schrank? Lüneburger SK


Vor zwei Wochen flossen in Lüneburg Tränen, schwelgte ein ganzes Stadion ergriffen zu den Tönen von „You’ll never walk alone“. Das Stadion Wilschenbruch, eine der traditionsreichsten und ältesten Fußballarenen in Norddeutschland, hatte sein letztes Pflichtspiel erlebt. Demnächst sollen Villen dort stehen, wo der Lüneburger SK seit 1905 um Punkte gekickt hatte. Ein immenser Verlust nicht nur für Lüneburg, sondern für den gesamten Sport in Norddeutschland. Um zumindest die historische Holztribüne zu retten, gibt es inzwischen eine Online-Petition, die den Abriss des aus dem Jahr 1921 stammenden Gebäudes verhindern soll. Näheres hier: https://www.openpetition.de/petition/online/denkmalschutz-fuer-deutschlands-aelteste-holztribuene-vom-lueneburger-sk-vom-abriss-bedroht

Mit Göttingen 05 bin ich 1981 erstmals nach Lüneburg gefahren und habe die herrliche Fußballstätte bewundert. Aber Lüneburg war nicht nur ein architektonisches Schmankerl, im Wilschenbruch fand sich auch ein engagiertes und leidenschaftliches Publikum ein. So waren die Spiele zwischen dem LSK und meinen 05ern irgendwie immer „heiß“, freuten wir 05er uns auf die dortigen Gastspiele, zumal wir – zumindest in meiner Erinnerung – häufig als Sieger heimfuhren.

Ausgerechnet Göttingen 05 heißt der Gegner des Lüneburger SK nun am heutigen Nachmittag, wenn erstmals im Ausweichquartier Bardowick um Oberligapunkte gestritten wird. Bis zum Bau eines neuen Stadions auf einem ehemaligen Kasernengelände wird der LSK in Bardowick spielen, wo dem Vernehmen nach auch die Möglichkeit besteht, im Falle des Aufstiegs in die Regionalliga die Regularien zu erfüllen.

Der LSK hat wahrlich Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um die schwierige Herausforderung des Verlustes einer emotionalen Heimat zu bestehen. Es gab virtuelle Umzugskartons zu erstehen, man hat so viel wie möglich hinübergerettet nach Bardowick und auch der „Geist von Wilschenbruch“ soll möglichst erhalten werden. Es wäre dem Klub und seinen Anhängern zu gönnen, denn das letzte Jahrzehnt war turbulent für Lüneburgs Fußball-Aushängeschild. 2000 qualifizierte sich der LSK mit einem 1:1 bzw. 2:0 gegen Kickers Emden für die Regionalliga Nord und stand plötzlich Gegnern wie Fortuna Düsseldorf, 1. FC Union Berlin und Erzgebirge Aue gegenüber. Festtage für die schöne Heidestadt vor den Toren Hamburgs – allerdings mit Spätfolgen, denn die finanzielle Herausforderung erwies sich als fatal. Im Sommer 2001 stand der LSK vor dem Insolvenzrichter, waren von den Hoffnungen, einen dritten Profiklub im Großraum Hamburg zu etablieren, nur noch Scherben geblieben.

Dass im weiteren Verlauf das Stadion Wilschenbruch verkauft wurde, erwies sich nun als weitere bittere Spätfolge, und auch der Klub ist nicht mehr derselbe wie 2000/01. 2004 aus der Oberliga Niedersachsen/Bremen abgestiegen, bündelte man 2008 die Kräfte mit dem Lokalrivalen Lüneburger SV, der Wurzeln im Arbeitersport aufweist, und unternahm als FC Hansa Lüneburg einen Neustart. Der Name sollte an Lüneburgs Hansestadttradition anknüpfen, erfuhr aber bei einer Umfrage der lokalen Tageszeitung eine vernichtende Abfuhr durch die Fans. Auch sportlich missglückte der Neustart, denn die Rückkehr in die Oberliga wurde verfehlt. Seit 2010/11 ist der Klub nun in der Oberliga Niedersachsen dabei und trägt seit 2011 den Namen Lüneburger SK Hansa, der von den alten LSK-Anhängern „natürlich“ in „LSK“ abgekürzt wird. Sportlich läuft es gegenwärtig prächtig, haben die Schwarz-Weißen alle Chancen, den Aufstieg in die Regionalliga Nord zu schaffen. Wer ein bisschen mehr über die vor allem in der letzten Dekade nicht nur turbulente sondern vor allem extrem verwickelte Klubgeschichte erfahren möchte, wird übrigens auf der ausgezeichneten Vereinswebsite fündig: http://www.lsk-hansa.de/110-jahre-luneburger-sk-das-jahr-2011/

Ich drücke dem LSK jedenfalls beide Daumen, dass der Umzug und das Gastspiel in Bardowick gelingen möge - allerdings noch nicht heute, sondern erst ab dem nächsten Heimspiel, okay? 


"Alle Tassen im Schrank" bzw. die "Tassen-Like-Liga powered by Hardy Grüne" ist eine Serie auf meiner Facebook-Seite www.facebook.com/hardygruene

 


Samstag, 5. April 2014

Alle Tassen im Schrank? 1. FC Heidenheim

 
Was ist das mit diesen aufstrebenden Fußballklubs, die sich zwanghaft eine Jahreszahl zu eigen machen, die zwar mit ihrer Klubgeschichte, nicht aber mit ihrer Fußballgeschichte zu tun hat?

Hoffenheim und sein „1899“, obwohl Fußball dort er...st seit 1921 gespielt wird, Heidenheim und ein „1846“, das natürlich ebenfalls nichts mit dem Fußball zu tun hat, den es damals noch nicht einmal in England gab. 1846 entstand die Turngemeinde Heidenheim, die übrigens schon 1852 wieder aufgelöst und erst 1861 wiedergegründet wurde. Und selbst da dachte in Heidenheim (und ganz Deutschland) noch niemand an den Fußball, der in der heutige 46.000-Einwohnerstadt erst ab 1911 betrieben wurde.

Die damals gebildete Fußballsektion der Turngemeinde von 1846 verselbständigte sich 1922 als VfR Heidenheim, hoffte 1935 mal kurz auf den Aufstieg in die erstklassige Gauliga und floss 1936 in den Großverein VfL Heidenheim ein. Der wiederum hielt das Fähnchen des hochklassigen Heidenheimer Amateurfußballs zwischen 1963 und 1972 in der Amateurliga Nordwürttemberg hoch und stellte 1964 den württembergischen A-Jugend-Meister ehe er sich 1972 wieder mit den Turnern vereinte und zum Heidenheimer Sportbund 1846 wurde.

Über mehr als vier Jahrzehnte kickten die Blau-Roten alsdann zwischen höchster Amateurliga und Landesliga, sorgten nur sporadisch für Aufsehen und freuten sich schon, wenn mal 800 Zuschauer ins heimische Albstadion kamen. Das 1846 prangte zwar im Logo, spielte im Marketing aber keine Rolle. Das mag vor allem daran gelegen haben, dass es gar kein Marketing gab, denn der Heidenheimer Sportbund war ein ... Sportverein.

2007 verselbständigte sich die Fußballabteilung als 1. FC Heidenheim und gab, mit Unterstützung der regionalen Industrie, den Startschuss zu einer imposanten Entwicklung, die den Klub im Sommer aller Wahrscheinlichkeit nach in die 2. Bundesliga führen wird. Das finde ich durchaus sympathisch, denn soweit ich das aus der Ferne beurteilen kann hat man in Heidenheim solide und auch sensible Aufbauarbeit geleistet.

Zugleich hat sich der 1. FCH an die Gepflogenheiten des modernen Kommerzfußballs angepasst und sie für seine Zwecke entsprechend zugeschnitten. Auch das hat durchaus etwas Sympathisches, denn man kann über die Entwicklung im Fußball noch so sehr schimpfen – wer in den ersten drei Spielklassen mitmischen will, muss sich ihr zwangsläufig unterwerfen. Dazu gehört dann offensichtlich auch die Schaffung einer Tradition, die gar nicht existiert. Aber hätte "1. FC 1911 Heidenheim" jetzt wirklich so viel traditionsloser als "1846" geklungen?

Die Tasse ist übrigens Bestandteil eines umfangreichen Care-Pakets eines schwäbischen Fußballfreundes, der eifriger „Follower“ der „Tassen-Like-Liga powered by Hardy Grüne“ ist und der es sich zur Aufgabe gemacht hat, ein wenig süddeutsche Fußballkultur in die südniedersächsische Provinz zu transportieren. Eine sympathische Aufgabe, für die ich mich ganz herzlich bedanke!

Freitag, 4. April 2014

Insolvenzticker: FSV Salmrohr

Der rheinländische Ex-Zweitbundesligist FSV Salmrohr hat einen Insolvenzantrag gestellt. Näheres hier: http://www.wochenspiegellive.de/nachricht/obj/2014/04/02/pleite-fsv-salmrohr-stellt-insolvenz-antrag/

Alle Tassen im Schrank? CS Marítimo Funchal


Dieser Becher könnte eigentlich auch gut im „Montagsrätsel“ auftauchen, oder? Allzu bekannt dürfte das Wappen des portugiesischen Klubs CS Marítimo Funchal jedenfalls nicht sein. Und bevor jetzt das Gekreische der Groupies losgeht – nein, Cristiano Ronaldo hat NICHT für Marítimo gespielt, sondern für den Stadtrivalen Nacional Funchal!

In meiner Sammlung nimmt dieser Becher einen Ehrenplatz ein, denn er zählt zu den ältesten, die ich besitze. 1997 flog ich zu einem kleinen vorgezogenen Frühlingsauftakt auf die ewige Frühlingsinsel Madeira - und traf dort auf wilde Frühlingsstürme. Die verhagelten mir buchstäblich die komplette Planung, und auch das eigentlich vorgesehene Marítimo-Heimspiel fiel den orkanartigen Böen zum Opfer. Im Estádio des Barreiros war nämlich einer der Flutlichtmasten vom Sturm umgeknickt worden, weshalb kein Spielbetrieb möglich war. Stattdessen erstand ich diesen Becher in einem dieser herrlichen kleinen Spezialläden, die man damals überall in Portugal - und natürlich auch auf Madeira - finden konnte.

Der Clube Sport Marítimo wurde am 20. September 1910 gegründet und war, sein Name deutet es an, in der Seefahrergemeinde des Hauptortes von Madeira angesiedelt. Vor allem Hafenarbeiter kickten für die Mannschaft, die in den portugiesischen Nationalfarben Rot-Grün aufläuft. Über weite Strecken stellte der Klub das dominierende Team Madeiras und errang 1926 sogar den Landespokal von Portugal! Später verschwand man in unteren Klassen und kehrte erst 1973 ins Blickfeld zurück, als der CS Marítimo Funchal als erster Nichtfestlandklub in die höchste Liga Portugals aufgenommen wurde. 35 Mal hatte man zwischenzeitlich übrigens die Meisterschaft von Madeira gewonnen.

In den 1970ern spielte der Klub eine wichtige Rolle im gescheiterten Versuch lokaler Politiker, Madeira zur Unabhängigkeit von Portugal zu verhelfen. Nicht nur deshalb stehen die Grün-Roten in Rivalität mit Lokalrivale Nacional Funchal. Denn während Nacional Verein der Bessergestellten und Kaufleute ist, gilt Marítimo als Liebling der Arbeiterklasse und weniger Privilegierten.

Übrigens: im venezuelanischen Caracas gibt es ebenfalls einen CS Marítimo – 1959 gebildet von Auswanderern aus Funchal...

Donnerstag, 3. April 2014

Geplante Fusion in Holzwickede

In Holzwickede werden Fusionspläne geschmiedet. Daran beteiligt sind der Traditionsverein Holzwickeder SV, 1976 Deutscher Amateurmeister, und die SG Holzwickede. Beide mögliche Fusionspartner weisen bereits Fusionshintergründe auf - die HSV entstand 1955 durch den Zusammenschluss von HSV 1912 und TuS Blau-Weiß 1929, die SG 1975 durch die Verschmelzung von Westfalia Holzwickede und SV Opherdicke.

Der neue Zusammenschluss zu einem Großverein ist vor allem der demographischen Entwicklung geschuldet. Auf der Homepage der HSV heißt es: "Wir müssen uns der Entwicklung stellen: Rund 100 Kinder werden nur noch jedes Jahr allein in Holzwickede geboren. In der Umgebung sieht es statistisch nicht besser aus. Die Folge ist, dass die Zahl der Aktiven in unseren Fußballmannschaften von der Jugend bis zu den Alten Herren wie auch die im Gesundheitssport stetig sinken wird. Umkehren können wir diese demografische Entwicklung nicht mehr – wohl aber Maßnahmen entwickeln, die uns allen auf Dauer ein pulsierendes Vereinsleben ermöglichen."

Im Nachwuchsbereich gibt es bereits seit einigen Jahren funktionierende Spielgemeinschaften zwischen HSV und SGH, die man nun auf die Gesamtvereine übertragen will. Nächster Schritt wird die Jahreshauptversammlung der HSV am 11. April sein, auf der die Mitglieder über das Fusionsbestreben abstimmen sollen. Geplant ist der Zusammenschluss zur Saison 2015/16.

Weiter Infos: http://sv-holzwickede.de/index.php?option=com_content&view=article&id=1189&Itemid=110

Boavista Porto zurück in Liga 1

Portugals Traditionsverein Boavista Porto hat bei seiner Klage gegen den Zwangsabstieg im Jahre 2008 nun tatsächlich Erfolg gehabt. Damals war der Klub im Zusammenhang mit einem Korruptionsskandal mit Zwangsabstieg bestraft worden.

Im Februar 2013 hatte er mit seiner Klage bereits grundsätzlich Recht bekommen, und nun hat auch der portugiesische Ligaverband LPFP Grünes Licht gegeben.

Die Primeira Liga wird damit 2014/15 mit 18 statt bislang 16 Vereinen spielen. Boavista war zwischenzeitlich sportlich in die 3. Liga abgestiegen, wo man derzeit unter Ex-Nationalspieler Petit auf den Aufstieg hoffte.

Nun wird der Klub also gleich zwei Spielklassen überspringen.

Alle Tassen im Schrank? VfL Bochum

 
Anhänger des VfL Bochum müssen leidensfähig sein. Das macht sie grundsätzlich sympathisch und unterscheidet sie grundlegend von denen des FC Bayern München, mit denen man einst übrigens eine Fanfreundschaft pflegte. Ob die noch lebendig ist, vermag ich weder zu bestätigen noch zu verneinen, die sprichwörtliche Leidensfähigkeit des blau-weißen Anhangs aber ist erwiesen und wird auch in der laufende...n Saison mal wieder auf eine harte Probe gestellt.

Der Klub hat darauf mit einem neuen Kaffeebecherset reagiert, den ich großartig finde und daher auch sofort geordert habe. Dem geneigten VfL-Fan bleibt nunmehr jeden Montag die Wahl zwischen einem strahlenden Weiß und einem vergleichsweise düsteren Blau, womit sowohl im Familien- und Freundeskreis als auch unter Kollegen je nach gewählter Tasse sämtliche Fragen bezüglich des Wochenendes beantwortet sein dürften. Großartig! Das nenne ich vorbildliche und „aktiv gelebte Fanfürsorge“! Am letzten Montag kam ja bekanntlich erfreulicherweise die weiße Variante des innovativen Duos zum Einsatz, und der 1:0-Sieg über Erzgebirge Aue verschaffte ein wenig Luft in einem Abstiegskampf, bei dem der VfL mit seiner Heimschwäche und Auswärtsstärke regelmäßig turbulente Kapriolen schlägt.

Nicht nur, weil mit dem weltbesten Fußballsprüchesammler und –erzähler Ben Redelings Scudetto sowie Spitzenfotograf Gerrit Starczewski zwei ausgewiesene VfL-Fans zu meinem Kollegen- und Freundeskreis zählen, geht daher ein daumendrückendes „Glückauf“ an die Castroper Straße, wo ich schon in früher Jugend immer mal wieder einen wohlwollenden Blick hingeworfen habe. Als im Dortmunder Norden aufgewachsener "Köttel" war der VfL in meiner Jugend zwar gefühlt „meilenweit“ entfernt, Namen wie Hans Walitza, Hermann Gerland oder „Ata“ Lameck aber drangen auch hinauf nach Mengede und machten neugierig, zumal wir unweit der Stadtgrenze zu Castrop lebten und der Stadionname irgendwie verbindend wirkte.

Später erwarben sich Legenden wie Jupp Kaczor, Jupp Tenhagen, Lothar Woelk und Jochen Abel meinen Respekt, ehe 1979 mit dem „Rasenden Postboten“ Kurt Pinkall auch noch einer meiner absoluten Lieblingsspieler in über 40 Jahre Göttingen-05-Fan-Dasein zum VfL wechselte und es dort bis in die Nationalmannschaft schaffte. Einmal reiste ich damals sogar an einem Freitagabend zu einem VfL-Auswärtsspiel nach Stuttgart, um Pinkall im Bochumer Dress spielen zu sehen! Später gab es dann übrigens noch einen Austausch in der anderen Richtung, als nämlich der frühere Bundesligaprofi Heinz Knüwe Trainer in Göttingen wurde.

Ich fand – und finde es – bewundernswert, wie der VfL Bochum sich über Jahrzehnte im Bundesligafußball etabliert und seinen Status gegen alle Widerstände und Konkurrenz verteidigt hat. Früher der ständige Ausverkauf von Leistungsträgern und das Image der „Unabsteigbaren“, heute das schwierige Dasein zwischen den großen Nachbarn aus „Herne-West“ und „Lüdenscheid“ - der VfL musste sich immer ein bisschen mehr strecken als andere Klubs. Das alles begleitet von einer beinhart treuen Fanschar, die sich mit viel Leidenschaft und Kreativität Respekt erworben hat. Der VfL Bochum ist zweifelsohne ein wichtiger Leuchtturm im rasanten Kommerzfußball, der, da lege ich mich jetzt einfach mal fest, selbstverständlich auch 2014/15 wieder in der 2. Bundesliga auf Torejagd gehen wird!

Dann aber hoffentlich mit ein paar mehr Heimsiegen und möglichst wenigen Einsätzen der blauen Tasse (ne coole Idee war die aber trotzdem!)

Alle Tassen im Schrank? Manchester United

 
Bei etwas mehr als 200 Kaffeebechern kommt nicht jeder regelmäßig zum Zuge. Und irgendwie hat die Wahl des morgendlichen Bechers auch immer etwas mit Sympathie zu tun. Das wiederum hat zur Folge, dass jene Becher, zu deren Klubs keine emotionale Bindung besteht und die dementsprechend weniger häufig benutzt werden, etwas „angestaubt“ wirken, wenn ich sie denn mal Verwendung finden. Selbiges passie...rte mir gestern Morgen mit diesem Manchester-United-Mug, der irgendwie ein wenig beachtetes Schattendasein in meiner Sammlung fristet. Ich selber empfinde kaum Emotionen für United, und unter meinen Gästen war bislang auch noch niemand, der sich als Anhänger des Manchester United Football Club bekannte.

Das mag erstaunen, denn soweit ich weiß ist der heutige Bayern-Gegner der Klub mit den weltweit meisten Fans. Andererseits spricht es aber möglicherweise auch für meinen Freundes- und Bekanntenkreis, denn in der Regel geht der Griff eher zu Bechern wie Borussia Neunkirchen, MTV Gifhorn oder Westfalia Herne, die meistens mit glänzenden Augen und unter lobenden Worten aus dem Regal genommen werden. Da hat selbst Manchester United keine Chance!

Der abgebildete MUFC-Becher fand den Weg in meine Sammlung bei einem Besuch in Old Trafford, der allerdings nicht mit einem Spielbesuch verbunden war. Ich darf nämlich stolz verkünden, dass ich zwar seit Einführung der Premier League 1992 zahlreiche Spiele in ganz Großbritannien gesehen habe, bislang aber noch nie zu Gast bei einem Premier-League-Spiel gewesen bin. Und das wird sich vermutlich auch in Zukunft nicht ändern, denn dass meine Bristol Rovers eines Tages in die Geldmaschine aufsteigen, dürfte unwahrscheinlich sein. Es ist übrigens kein "eingeschnappter Boykott" meinerseits - ich finde den unterklassigen Fußball in England schlicht und einfach interessanter als das Glanzprodukt "Premier League".

Manchester United war über viele Jahre Symbol für die exzessive (und erfolgreiche) Vermarktung der Premier League, und zu Zeiten, als die Reds die Klasse sportlich dominierten, waren sie auch nicht sonderlich beliebt. Das hat sich im Zuge der Entwicklungen vor allem bei Chelsea und Manchester City inzwischen durchaus gewandelt, denn heute steht Manchester United trotz allem Kommerzrauschen in Old Trafford irgendwie doch noch für die gute alte Zeit. Auch der Kampf vieler MUFC-Fans gegen die Glazers mitsamt der Gründung des FC United of Manchester hat United Respekt verschafft. Und dass man in Old Trafford die Glazers lieber heute als morgen gerne loswerden würde, ist ein offenes Geheimnis.

Über die Geschichte, die vielen Erfolge, Spieler wie Bobby Charlton, Ryan Gyggs, Paul Scholes, Eric Cantona, David Beckham, Wayne Rooney und natürlich den unvergleichlichen Alex Ferguson will und muss ich an dieser Stelle sicher keine Worte verlieren. Manchester United ist ein stolzes Stück englischer Fußballgeschichte. Jemand, der das zweifelsohne weiß und auch begründen kann ist mein geschätzter Kollege Dietrich Schulze-Marmeling, der in dieser Woche die erste auf Deutsch verfasste Klubchronik vorgelegt hat, die ich jedem Interessierten nur ans Herz legen kann. Näheres hier: http://www.werkstatt-verlag.de/?q=node%2F636

Dass der Klub nach dem Ende der Ära Ferguson in einen umfassenden Umbruch geraten ist, bei dem nicht alles glatt läuft, ist ebenfalls ausgiebig diskutiert worden. Insofern wird es heute wohl doppelt spannend, wenn der FC Bayern und Manchester United aufeinandertreffen.