Die Oberliga Niedersachsen ist in dieser Saison wahrlich von Turbulenzen geplagt. Mit Kickers Emden und Eintracht Nordhorn wurden bereits zwei Mannschaften wegen eines Insolvenzverfahrens aus der Wertung genommen, müssen aber nach Verbandsauflagen weiterhin zu "Pflichtfreundschaftsspielen" zur Verfügung stehen. In Osterholz-Scharmbeck und Heeslingen sorgten unterdessen Hausdurchsuchungen durch die Finanzbehörden für Aufregung, wird zumindest auch in Osterholz offen über einen Rückzug aus der 5. Liga nachgedacht. Gerüchte bringen derweil regelmäßig den hochdotierten Goslarer SC 08 ins Gespräch, bei dem alles mit Sponsor Folkert Bruns steht und, so wird befürchtet, auch fällt.
Und nun rückte auch noch der BV Cloppenburg ins Blickfeld. Sportlich souverän auf dem Weg in die Regionalliga überraschten die "Zebras" mit der Ankündigung, ihre Mannschaft zum Saisonende aus dem Spielbetrieb zu nehmen. Das ist wohl zunächst "nur" als politische Drohung zu verstehen. Denn in Cloppenburg hat der Stadtrat in dieser Woche mit 18 zu 14 Stimmen bei drei Enthaltungen beschlossen, rund um das Hauptspielfeld des BV Cloppenburg im Stadion an der Friesoyther Straße eine Laufbahn inklusive der Wurf- und Sprungdisziplinen anzulegen. Ein seit fünf Jahren schwelender Stadionstreit zwischen TV und BV Cloppenburg wurde damit im Grundsatz gegen den BVC, der noch bis 2025 Pächter der Anlage ist, entschieden.
Das Präsidium des Klubs kündigte daraufhin offiziell an, zum Saisonende alle Jugendmannschaften und auch die Oberliga-Elf aus dem Spielbetrieb zurück zu ziehen. „Wir haben ja keine Plätze mehr", wird ein Vorstandsmitglied zitiert. Außerdem sei der geforderte Rückbau des Stadions mit Kosten verbunden. In den letzten Jahren hat der Klub eine hohe sechsstellige Summe in den Ausbau des Stadions gesteckt, das zuvor als Bestandteil einer weitläufigen Speedwaybahn über keinerlei Atmosphäre verfügte. Der Klub gilt als leicht, aber nicht bedrohlich verschuldet. Er kann seine Kredite mit den laufenden Einnahmen bedienen, hat aber keine Mittel zum Umbau des Stadions zur Verfügung.
Dem Unabhängigen, SPD und Grünen beantragten Umbau zufolge soll nun eine zusammenhängende Leichtathletikanlage im Stadion gebaut werden. Die CDU hatte als Kompromiss vergeblich angeregt, eine kleinere Laufbahn mit vier Spuren rund um das Hauptfußballfeld anzulegen und die anderen Disziplinen abzutrennen. Alternativ war als „große Lösung" zudem ein anderer Standort in der Nähe der Berufsschule vorgeschlagen worden. Beides hatte der TV Cloppenburg kategorisch abgelehnt.
Der BVC erhofft sich mit seiner Rückzugsdrohung eine Änderung der Entscheidung. Insider sehen dafür aber nur wenig Spielraum. Nach Ansicht des BVC kann der bisherige Trainings- und Spielbetrieb nach dem Umbau nicht mehr aufrecht erhalten werden. „Es müssten circa 350 Kinder und Jugendliche nach Hause geschickt werden“, heißt es vom Verein. „Im Moment ist die Stimmung deprimierend“, bekannte Klubchef Professor Dr. Joachim Schrader gegenüber der Presse.
Die "Münsterländische Tageszeitung" berichtet von einer Pressekonferenz mit Schrader: „So wie’s aussieht, stehen uns künftig noch zwei Trainingsplätze für 28 Mannschaften zur Verfügung. Können Sie mir sagen, wie das gehen soll“, fragt Schrader rhetorisch in die Runde - und gibt die mögliche Antwort gleich selbst. „Wir überlegen, ob wir die Jugendabteilung und/oder den Frauenfußballbereich abgeben“. Der Mediziner zeigt sich tief enttäuscht von einigen Lokalpolitikern. „Da gibt es Leute, die sitzen bei unseren Heimspielen fast jedes Mal auf der Tribüne. Sie müssten doch erkennen können, was sich bei uns in den letzten Jahren getan hat“, meint Schrader, der fast resignierend diesen Eindruck gewinnt: „Für einen Triumph über einen politischen Gegner wird in Cloppenburg in Kauf genommen, dass ein Fußballverein vernichtet wird. Die Politik entfernt sich täglich weiter von den Bürgern“.
Der Oberliga Niedersachsen drohen turbulente Wochen. Eine gute Nachricht gibt es aber dennoch: Gestern wurde prinzipiell beschlossen, den BSV Kickers Emden nicht sterben zu lassen. Damit ist eine Grundlage vorhanden, dass die Ostfriesen die Saison ordnungsgemäß zu Ende bringen und im nächsten Spieljahr in der Landesliga antreten können.
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