Freitag, 25. Juni 2010

Insolvenzticker: SSV Hagen

Gute Nachrichten aus Hagen: Der finanziell angeschlagene SSV Hagen hat die Insolvenz abgewendet und konnte seinen Insolvenzantrag termingerecht zurückziehen.
Bahnbrechend war eine beispielhafte Solidaraktion, durch die bei einem von der SSV-Jugend durchgeführten „Überlebenslauf“ rund 17.500 Euro in die Kasse gespült wurden. SSV-Klubchef Andreas Paar konnte daraufhin aufatmen.
Unter den Läufern des Sponsorenlaufs war auch Oliver Herkelmann, Geschäftsführer des Basketball-Bundesligisten Phoenix Hagen, der gegenüber der Westfalenpost anmerkte: „Laufen ist eigentlich nicht so mein Ding. Aber wir Sportler müssen in schwierigen Zeiten zusammenstehen. Beim SSV Hagen wird seit jeher eine sehr gute Jugendarbeit geleistet“. Jörg Trapp, der Hagens Basketballer 1974 damals noch als SSV Hagen zur Deutschen Meisterschaft führte, erinnerte daran, das „Früher, in den 60er und 70er Jahren, haben die Fußballer uns Basketballern geholfen“.
Für jede Runde, die ein Teilnehmer lief, spendeten "Sponsoren" Geldbeträge. Ein Sponsor, der namentlich nicht genannt werden wollte, tat sich sich dabei besonders hervor, als er drei Runden der SSV-Offiziellen Andreas Paar, Dietmar Paulsen und Rene Tönnes mit jeweils 1.111 Euro belohnte - also insgesamt fast 10.000 Euro spendete.
Vor allem für die Jugendarbeit des SSV Hagen ist die Rettung eine gute Nachricht. Hagens Fußball steckt seit vielen Jahren in der Krise. Seit einem Kraftakt mit der Verpflichtung namhafter Spieler in der Saison 2005/06 schwebte der im Stadion am Höing ansässige Klub quasi ständig in Konkursgefahr.
Die SSV-Ligaelf stieg in der abgelaufenen Saison 2009/10 aus der Landesliga ab. Das weitestgehend aus eigenen Nachwuchsspielern bestehende Team war in der Saison unentgeldlich aufgelaufen. Die Gesamtverbindlichkeiten des Klubs werden auf rund 67.000 Euro geschätzt.

Vergessene Legenden: SV Alsenborn

Alsenborn war der Inbegriff des Dorfklubs in den 1960er Jahren. 1969 scheiterten die Pfälzer in einer Aufstiegsrunde mit dem VfB Lübeck nur knapp am Sprung in die Bundesliga und wären um ein Haar zu einem frühen Hoffenheim geworden.

Die Farbe an der schmucken Tribüne ist abgeblättert, und auch der Spielfeldzaun ist sichtlich in die Jahre gekommen. Überall wuchert das Gras, erobert sich die Natur ihren Raum zurück. Raum genug ist da. Das Stadion Kinderlehre im Enkenbacher Ortseil Alsenborn fasste einst über 8.000 Menschen. Heute kommen selten mehr als 200.
Alsenborn. In den 1960er Jahren der Inbegriff des „Dorfklubs“. Dreimal klopfte der Klub aus der 2.000-Einwohnergemeinde nördlich von Kaiserslautern von 1968 bis 1970 ans Tor zur Bundesliga. Selbst beim großen Nachbarn 1. FC Kaiserslautern zitterte man damals vor dem Winzling, der dem uneingeschränkten Herrscher über die Pfälzer Fußballwelt gehörig auf die Pelle gerückt war.
Der Mann, der hinter den Erfolgen des Dorfklubs stand, hieß Fritz Walter. Der Kapitän der deutschen WM-Wunderelf von 1954 hatte gemeinsam mit seiner Frau Italia und dem gemeinsamen Pudel Arion in dem beschaulichen Artisten- und Zirkusdorf zwölf Kilometer nordöstlich von Kaiserslautern gebaut. Und wie es damals noch so üblich war, ließ sich selbst ein Weltstar wie Fritz Walter auch schon mal bei seinem örtlichen Verein blicken. Walter entwickelte prompt eine Zuneigung zum damals in der A-Klasse spielenden Klub, und als er 1962 gemeinsam mit seinem ehemaligen Mitspieler und Bauunternehmer Hannes Ruth zum Endspiel um den Europapokal der Landesmeister zwischen Benfica Lissabon und Real Madrid nach Amsterdam reiste, nahm das Märchen Alsenborn seinen Anfang. „In so einem Stadion müsste der SV Alsenborn mal spielen“, witzelte das Pfälzer Duo – und beschloss auf der Heimreise, genau das anzustreben.
Bauunternehmer Ruth übernahm die finanzielle Protektierung des Vorhabens, während Walter seine Kontakte in die Fußballwelt spielen ließ. Der ehemalige Lauterer Meisterkeeper Willi Hölz rückte zwischen die Pfosten des A-Klassenklubs. Otto Render, 1953 mit dem FCK Deutscher Meister, wurde Trainer, und der Tiefbau-Unternehmer Hannes Helmes schloss sich dem wachsenden Sponsorenpool an. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. 1964 stieg der SV Alsenborn in die 1. Amateurliga auf, 1965 in die Verbandsliga und 1966 in die Regionalliga Südwest. Drei Aufstiege in Folge – Alsenborn war seinerzeit bundesweit in aller Munde und wurde zum „Fußballdorf“.
Wenngleich Walter und Co. den Erfolg auch dank üppiger finanzieller Ausstattung rasch hatten umsetzen können, war Alsenborns Erfolg kein gekaufter. Dafür hätte eine Fußball-Ikone wie Fritz Walter auch gar nicht zur Verfügung gestanden. Statt dessen waren Scouts über den gesamten Südwesten der Bundesrepublik ausgeschwärmt und hatten nach Talenten für die Blau-Weißen gesucht. In der Abwehr regierte Stopper Klaus Schmidt, der mit millimetergenauen 40-Meter-Pässen brandgefährliche Konter einleiten konnte. Im Sturm lauerte Lorenz „Lenz“ Horr, der später nur durch eine Verletzung an einer Länderspielkarriere gehindert wurde. Neben ihm rochierte Jürgen Schieck, und im Mittelfeld dirigierte der dribbelstarke Franz Schmitt.
Zwei Jahre brauchte der SV Alsenborn, um, sich in der Regionalliga zu akklimatisieren. 1968 wurde die nächste Stufe auf dem Weg zu „einem Stadion wie Amsterdam“ beschritten. Mit neun Punkten Vorsprung wurde der SVA Südwestmeister und qualifizierte sich für die Aufstiegsrunde zur Bundesliga. Beim DFB schlug man die Hände über den Köpfen zusammen beim Gedanken des „Fußballdorfes“ in seiner schmucken Großstadtliga. Alsenborn erfüllte keine der Kriterien für einen Bundesligavertreter. Eine bescheidene 8.000-Plätze Spielstätte, vier „Flutlicht“ genannte Funzeln, dörfliche Infrastruktur. Wie sollte da um Bundesligapunkte gestritten werden? Ein Jahr dürfte der SVA im Falle des Aufstiegs in einem Fremdstadion spielen, dann müsse in Alsenborn eine bundesligataugliche Spielstätte entstanden sein, verfügte der DFB.
Die „Fremdstätte“ war das Ludwigshafener Südweststadion. Rund 50 Kilometer von Alsenborn gelegen, sah es 1968 auch das erste Aufstiegsrundenheimspiel gegen Hertha BSC, wo mit 36.000 Zuschauern die 18fache Einwohnerzahl Alsenborns einen 2:1-Sieg der Dorfelf feierte. Doch es reichte nicht. Nicht 1968, nicht 1969, als eine dumme 0:3-Niederlage in Zehlendorf den möglichen Aufstieg verhinderte, und auch nicht 1970.
Dass Alsenborn nicht zu einem frühen Hoffenheim werden würde, zeichnete sich ab April 1969 ab, als Erfolgstrainer Render bei einem Autounfall ums Leben kam. Ein Schock, den der trotz seiner Erfolge stets familiär gebliebene SVA nicht verdauen konnte. Nachdem 1974 zudem der 1. FC Saarbrücken unter umstrittenen Umstände bei der Gründung der 2. Bundesliga-Süd vorgezogen war, trat der SV Alsenborn schon 1988 wieder dort an, wo sein Traum 1962 begonnen hatte: In der A-Klasse.
Alsenborn ist bis heute ein Fußballdorf. Das liegt nicht nur am SVA, sondern auch am liebevollen Fritz-Walter-Museum hoch oben über den Dächern des inzwischen zur Kleinstadt angewachsenen ehemaligen Dorfes.

Donnerstag, 24. Juni 2010

Königsblaue Weltmeisterschaft

Ich weiß, in den letzten Tagen war hier etwas wenig los. Das hat einen ganz einfachen Grund: Mitten in der WM biege ich gerade auf die Zielgerade meines Buchprojektes "Schalke 04" ein, und da werden die Stunden wie immer am Ende eines Projektes stetig knapper. Aber wir sind ja ohnehin alle ordentlich mit Fußball beschäftigt und freuen uns über souveräne Schiedsrichterleistungen (;-)) und Darbietungen auf höchstem Niveau...
Das Schalke-Buch wird rund 480 Seiten haben, jede Saison seit der Gründung im Jahr 1904 abhandeln und mit ordentlich Material zum Gucken ausgestattet sein. Dank einiger Sammler kann ich viele Schmuckstücke aus der königsblauen Historie präsentieren, und weil das ganze Werk von der ersten bis zur letzten Seite in Farbe gehalten ist, sieht es auch recht nett aus.
Erscheinen soll "Glaube, Liebe, Schalke. Die komplette Geschichte des FC Schalke 04" im Oktober. Wer ein bisschen mehr wissen möchte, hier der Link zur Verlagsseite:

http://www.werkstatt-verlag.de/?q=node/326



Ich werde Anfang Juli das Gröbste überstanden haben und dann pünktlich zur langsam ansteigenden Vorfreude auf die Saison 2010/11 wieder etwas intensiver auf die Suche nach Geschichten abseits des großen Fußballs gehen können.

Mittwoch, 16. Juni 2010

Perlen der Bundesligageschichte

Heute mal wieder eine kleine Perle aus der Bundesligageschichte, die mir während der Recherche über den Weg gelaufen ist. Der Kicker-Leserbrief stammt aus dem November 1986.

Dienstag, 15. Juni 2010

Neues altes Wappen für Alemannia Aachen

Erfreuliche Meldung aus Aachen: die Alemannia hat ihr aus dem Jahr 1925 stammendes Wappen wieder in der Originalversion zum offiziellen Vereinslogo erklärt. In den letzten Jahren hatten die Schwarz-Gelben mehrfach Hand an ihr Traditionslogo gelegt und es mit "modernen" Effekten swie 3D behandelt. Nach Ansicht der meisten Alemannia-Fans ist es dadurch nicht schöner geworden. Nun hat sich der Klub entschlossen, zur Tradition zurückzukehren und fortan wieder das ursprüngliche Logo zu benutzen.

http://www.alemannia-aachen.de/aktuelles/nachrichten/details/Rueckkehr-zum-traditionellen-Wappen-20738h/

Montag, 14. Juni 2010

Insolvenzticker: SC Bastia, Calais

Dem französischen Zweitligaabsteiger SC Bastia wurde in erster Instanz die Lizenz für die dritthöchste Spielklasse "National" verweigert. Die französische Fußballfinanzbehörde DNCG hat den ehemaligen Erstligisten daraufhin in die vierthöchste Spielklasse CFA zurückgestuft.
Der Klub hat bereits Einspruch gegen die Entscheidung eingelegt. Der Führung des korsischen Traditionsklubs bleiben nun drei Wochen, um den mit 1,2 Mio. Euro verschuldeten Verein vor dem erstmaligen Sturz in die Viertklassigkeit zu bewahren.

Unterdessen musste der Pokalfinalist von 2000, Calais, ein Insolvenzverfahren beantragen. Die Rot-Gelben sind mit 800.000 Euro verschuldet.

Sonntag, 13. Juni 2010

Insolvenzticker: Grenoble Foot

Am morigen Montag wird über die Zukunft des finanziell schwer angeschlagenen französischen Erstligaabsteigers Grenoble Foot 38 entschieden. Dem Klub drohen die Lizenzverweigerung und der Zwangsabstieg in die 3. Liga (National).
Grenoble Foot ist seit November 2004 im Besitz des japanischen Investors Index und war damit der erste französische Profiklub in ausländischem Besitz. Index trat mit dem Vorhaben an, den Klub bis 2014 in die Champions League zu bringen. Es wurde viel in die Infrastuktur investiert und zudem ein modernes Stadion gebaut, ehe 2008 etwas überraschend der Sprung in die 1. Liga gelang.
Seit Jahren plagen der Verein bzw. seinen Investor allerdings finanzielle Probleme. Schon 2008 erhielt Grenoble Foot erst im Nachsitzen die Erstligalizenz. Nach dem schon lange vor dem Saisonende feststehenden Abstieg (Grenoble startete 2009/10 mit elf Niederlagen in Folge in die Saison) wird die französische Fußballfinanzbehörde DNCG (Direction nationale de contrôle de gestion) nun prüfen, wie die finanzielle Situation des Klubs aussieht. Die Verhandlungen um die Zukunft des Vereins waren in den letzten Wochen durch Terminschwierigkeiten erschwert, da die Verantwortlichen für den Klub allesamt in Japan leben. Der Investorgruppe wird mangelnde finanzielle Transparenz im Zusammenhang mit dem Fußballklub vorgeworfen.
Sollte GF 38 in erster Instanz keine Lizenz bekommen, bestünde die Möglichkeit eines Einspruchs. Würde auch der abschlägig beschieden, müsste Grenoble 2010/11 in der 3. Liga absteigen und En Avant Guingamp doch in der 2. Liga bleiben. Eine endgültige Entscheidung wird nicht vor Ende Juni erwartet.

Samstag, 12. Juni 2010

Arminia Hannover

Wen es interessiert: Arminia hat 2:1 gewonnen (durch ein wunderschönes Eigentor...) und ist damit in die Oberliga aufgestiegen. Es war ein schöner bunter Mob auf der Hintertortribüne. Fans aus Altona, Oldenburg, Bremerhaven und Göttingen waren angereist, um die Blauen zu unterstüzten (leider keine Fotos, da Kamera grade kaputt, sorry). Langenhagen spielt nun am Mittwoch gegen SVG Göttingen um den letzten freien Oberligaplatz. Glückwunsch SVA!

Auf gehts, Arminia!

Statt Argentinien gegen Nigeria steht bei mir heute "the real stuff" auf dem Programm. Um 15 Uhr beginnt im Rudi-Kalweit-Stadion von Hannover - vielen eher bekannt als "Bischofsholer Damm" - das letzte Relegationsspiel um die Oberliga Niedersachsen: Arminia Hannover gegen SC Langenhagen.
Während Langenhagen schon ein Punkt reicht, muss die ruhmreiche Arminia gewinnen, um in der nächsten Saison wieder fünftklassig zu sein. Arminia war 2009 aus der Oberliga abgestiegen und hat sich in der zu Ende gehenden Saison ziemlich souverän die Meisterschaft in der Bezirksoberliga Hannover gesichert. Der SC Langenhagen war in der Oberliga Niedersachsen-West auf einem Relegationsplatz eingelaufen.
Beim Duell zwischen Tradition und Moderne sind meine Sympathien eindeuig verteilt, zumal es eine bis in die 1970er Jahre zurückreichende Fanfreundschaft zwischen Arminia Hannover und Göttingen 05 gibt. Demzufolge wird es heute in Bischofshol inmitten der grün-weißen Arminia-Banner auch mal wieder Schwarz-Gelb leuchten.

Freitag, 11. Juni 2010

Zum WM-Start

Zum WM-Start heute mal der Vorlauf des Kapitels "Afrika" aus der Weltfußballenzyklopädie. Wünsche allen eine tolle WM und viel Spass!


Ein Kontinent zwischen Lachen und Tränen
Afrika ist Lachen, ist Fröhlichkeit, ist Lebensfreude. Emotionen, die man in Afrika auch in jedem Fußballstadion sieht. Da wird fröhlich getanzt, getrommelt, gelacht und gesungen – häufig sogar unabhängig vom Spielstand.
Aber Afrika ist auch Krieg, Blutvergießen und Hass. Kein einziger afrikanischer Staat ist seit Ende des Zweiten Weltkrieges von bewaffeneten Auseinandersetzungen verschont geblieben. Kein einziger! Da wüteten dem Wahnsinn nahe Schlächter wie der Ugander Idi Amin oder der Zentralafrikaner Jean-Bédel Bokassa. Da versuchten sich Ethnien gegenseitig auszulöschen – wie die Hutu und die Tutsi in Ruanda und Burundi. Da ergriffen skrupellose »Warlords« die Macht und nahmen ihre Völker als Geiseln – wie in Somalia. Auslöser waren häufig die Hinterlassenschaften einer Kolonialepoche, die der so genannten »Ersten Welt« auf Kosten von Afrika wirtschaftliche Prosperiät beschert hatte. Jahrhundertelang war Afrika eine gewaltige Ressorcenkammer für die »entwickelte« Welt – egal, ob sie sich nun kapitalistisch oder sozialistisch gab. Erst waren es Arbeitsklaven und Rohstoffe, dann nur noch Rohstoffe. Heute lädt Europa seinen Wohlstandsmüll in Afrika ab und bedient sich im Gegenzug an den Öl- und Diamantenressourcen eines Kontinents, den China zugleich mit Waren (und Fußballstadien!) überschwemmt, um eine neue Epoche der Abhängigkeit einzuläuten. Nimmt man das dramatische Bevölkerungswachstum, die exorbitante AIDS-Rate und die fürchterlichen Bürgerkriege hinzu, wirkt Afrika wie ein »verlorener Kontinent«.
Zu den begehrten Ressourcen des Kontinents gehören auch Fußballer. Schon zwischen den beiden Weltkriegen stiegen Nordafrikaner wie Larbi Benbarek in Frankreich und Spanien zu Fußballstars auf. In den 1950er Jahren machten Größen wie Just Fontaine, Salif Keïta und Eusébio in Frankreich bzw. Portugal Weltkarriere. Mit Zaïres WM-Qualifikation 1974 rückte Schwarzafrika erstmals ins globale Blickfeld, ehe Kameruns WM-Auftritt von 1990 einen Exodus auslöste, hinter dem inzwischen ein gewaltiger Apparat steht. Allein das Fußballinternat von ASEC Abidjan (Elfenbeinküste) hat bereits hunderte von Fußballprofis für den Weltmarkt ausgebildet. Für Afrika ist dies eine zweischneidige Entwicklung. Einerseits verschafft der Fußball Afrikas Jugend eine attraktive Karriereperspektive, zumal zur afrikanischen Lebensphilosophie gehört, dass jemand, der Geld verdient, die gesamte Familie versorgt. Die Einkünfte eines Didier Drogba gehen also auch in dessen Heimat. Andererseits ist der Kontinent personell inzwischen völlig ausgeblutet. Im Frühjahr 2009 wurde erstmals eine Kontinentalmeisterschaft ausgespielt, bei der nur Spieler zugelassen worden waren, die noch in ihren Heimatländern spielen – also diejenigen, deren Talent selbst für moldawische oder färingische Klubs nicht reicht. Im Schatten von Eto’o und Drogba existiert eben noch eine zweite afrikanische Fußballwahrheit.
Die wirtschaftliche Ausbeutung setzte sich für viele afrikanische Staaten auch nach Erlangung der Unabhängigkeit fort. Das betrifft nicht zuletzt den Fußball. Beschränkte sich die »Erste Welt« bis in die 1980er Jahre noch darauf, Afrikaner zwar in Klub-, nicht aber in Länderteams einzusetzen (Ausnahmen bildeten Akteure wie Just Fontaine oder Eusébio, die aber noch zu Kolonialzeiten für Frankreich bzw. Portugal aufliefen), werden Afrikaner seit den 1990er Jahren zunehmend »nationalisiert« und fallen damit für ihre Heimatländer aus. Gerald Asamoah, Emmanuel Olisadebe, Emile M’Penza und Ibrahim Ba waren die ersten, die diesem Trend folgten und eine neue Staatsbügerschaft annahmen.
Afrikas Fußballprobleme sind vielfältig. Das gilt vor allem für Schwarzafrika. Während im Norden fast ein europäischer Standard erreicht wird, existiert südlich der Sahara nur in wenigen Ländern ein Netz seriös geführter Vereine; ist Profifußball von wenigen Ausnahmen abgesehen unbekannt. In vielen Ligen dominieren Korruption, Gewalt und Willkür. Zahlreiche Klubs unterliegen dem Einfluss fragwürdiger »Businessmänner«, und über allem stehen nationale Fußballverbände, die nicht selten der Willkür ihrer politischen Landesführung ausgesetzt sind. Auf keinem anderen Kontinent sind die Verbindungen zwischen Fußball und Politik so ausgeprägt, wie in Afrika. Dass Roger Milla 1990 zur WM nach Italien reiste, erfolgte nur auf Anweisung von Kameruns Staatschef Biya. Dass Nigeria sein Potenzial nicht abrufen kann, liegt nicht zuletzt an einem Dauerkonflikt zwischen der zumeist militärischen Regierung und dem Fußballverband. In Ländern wie Ghana, Mali, Guinea, Südafrika, Elfenbeinküste und Zaïre (DR Kongo) ist oder war Fußball politisches Werkzeug, um ethnische Spannungen zu überwinden oder Werbung in eigener (politischer) Sache zu machen. Das muss nicht automatisch negativ sein, denn in Südafrika beispielsweise haben Fußball und Rugby enorm geholfen, die Apartheid zu überwinden.
Eingeführt worden war das Spiel von den Kolonialmächten; allen voran Großbritannien. Südafrika machte in den 1880er Jahren den Anfang. Erste Fußballhochburg wurde aber Nordafrika, wo sich Briten, Franzosen und Spanier engagierten. Freilich konnte man nirgendwo von einem »afrikanischem« Fußball sprechen. Vielmehr waren es Europäer, die auf afrikanischem Boden spielten. Nichtsdestotrotz wurde das Spiel über das Militär, die Kolonialschulen und die kirchlichen Missionen in die heimische Bevölkerung hineingetragen und von dieser mit Begeisterung aufgegriffen. Inwieweit sich die Kolonien anschließend fußballerisch weiterentwickeln konnten, war abhängig von der Politik der Kolonialmacht. So kannten die portugiesischen Kolonien zwar keinen Rassismus, dafür kümmerte sich Portugal aber auch nicht um ihre Entwicklung sondern beschränkte sich auf die Ausbeutung der Ressourcen – und dazu gehörten Fußballer wie der Mosambikaner Eusébio. Frankreich gibt ein differenzierteres Bild ab. Während in Senegal eine in Frankreich ausgebildete afrikanische Elite die Grundlage zur großräumigen Westafrikaliga legen konnte, durften afrikanische Fußballer in Kamerun nicht einmal französische Klubnamen führen. Großbritannien betrachtete Sport als Bestandteil seiner kolonialen »Entwicklungspolitik« und förderte den Fußball dementsprechend – immer vorausgesetzt allerdings, er stellte nicht den Machtanspruch der britischen Krone in Frage…
Genau das aber tat der Fußball mit dem Aufkommen der Unabhängigkeitsbewegungen nach dem Zweiten Weltkrieg verstärkt. Wie in Nigeria, Algerien und Tansania wurden Fußballspiele auch in anderen Ländern »nebenbei« für politische Veranstaltungen benutzt und dienten als »Deckmantel« für politische Arbeit oder Werbeträger für die Unabhängigkeitsbewegungen. Mit Erlangung der staatlichen Selbständigkeit wurde das Spiel dann zum Staatssports. So sah Ghanas erster Präsident Nkrumah im Fußball ein geeignetes Mittel, um sein multiethnisches Land zu einen. Mit den »Real Republicans« schuf er sogar eine Art Vereins-Nationalmannschaft, die große Erfolge feierte. Auch Guineas dreifacher Kontinentalmeister Hafia FC Coankry stand unter dem Regierungsprotektorat, während Senegals WM-2002-Qualifikation ein Regierungswechsel vorausgegangen war. Dass Liberias Fußballstar George Weah nach seiner Karriere eine politische Laufbahn einschlagen konnte, zeigt, dass es auch andersherum funktionieren kann.
Die Abarbeitung von Nationalismus und Patriotismus über den Fußball ist jedoch nicht ungefährlich. So wurden die Nationalspieler der Elfenbeinküste 2000 in Militärlager verschleppt, weil sie bei der Afrikameisterschaft enttäuscht hatten, während Nigerias Shooting Stars 1984 die Auflösung drohte, nachdem sie das Endspiel um die Kontinentalmeisterschaft verloren hatten.
Afrika ist ein unglaublich fußballbegeisterter Kontinent. Nur wenige Länder stehen abseits – so wie Zentralafrika, wo der Basketball dominiert. Fußball in Afrika bedeutet Inspiration, Kreativität und Fröhlichkeit. Das betrifft nicht nur die Liebe zum schönen Spiel (ein technisches Kabinettsstückchen sorgt in Afrika immer für Jubel), sondern auch für das Drumherum. Auf keinem Kontinent gibt es derart phantasievolle Klubnamen. In Swasiland streiten die »Eleven Men in Flight« um den Ball. In Ghana sind die »Mysteries Dwarfs« (»Mysteriöse Zwerge«) unterwegs, und in Botswana faszinieren die »Township Rollers« die Massen. Keine Landesauswahl in Afrika kann ohne Spitzname auskommen – sei es die »Lone Stars« aus Liberia, Südafrikas »Bafana Bafana« oder Sambias »Chipolopolo« (»Gewehrkugeln«). Und nirgendwo ist Fußball von einer vergleichbaren Mischung aus Mystik und Exotik umgeben, wie in Schwarzafrika, wo die Anwendung von »muti« (Zauberkraft) elementarer Bestandteil im Fußballspielbetrieb ist.

Dieser Beitrag stammt aus der Fußballweltenzyklopädie, Band 2 (Afrika, Amerika und Ozeanien). Verlag Die Werkstatt, ISBN: 978-389533640-9, 472 Seiten, 39,90 €

Dienstag, 8. Juni 2010

Insolvenzticker: Waldhof Mannheim

Nach RWE und Bonn hat es nun auch Waldhof-Mannheim erwischt: Die Blau-Schwarzen haben keine Regionalligalizenz erhalten und müssen aus der 4. Liga absteigen. Eintracht Trier wird den freigewordenen Platz einnehmen.

Auf der Homepage des SV Waldhof-Mannheim heißt es:
"Die durch den DFB ursprünglich auferlegten Bedingungen im mittelhohen siebenstelligen Bereich, die maßgeblich durch die Höhe der Altverbindlichkeiten geprägt waren, konnten nicht vollumfänglich erfüllt werden. Eine Barkaution in Höhe von € 400.000,00, die bis Freitag, 04.06.2010, 15:30 Uhr, beim DFB zu hinterlegen war konnte nicht gestellt werden. Hinzu kommen zusätzliche finanzielle Nachweise in Höhe von € 350.000,00, die über den Planansatz des Vereines hinaus zu erbringen waren.
Trotz eines massiven Sparkurses seit Januar 2009 machten die Aufwendungen für Altlasten in Höhe von € 700.000,00 in der Saison 2009/2010 sowie die verschärften Lizenzierungsbedingungen des DFB eine Erfüllung der Auflagen bis zum Ablauf der Frist am 04.06.2010 unmöglich.
Nicht nur für den SV Waldhof Mannheim 07 ist der Spielbetrieb in der kostenintensiven und durch die vielen 2. Mannschaften der Profivereine unattraktiven Regionalliga nicht finanzierbar, zumal die ohnehin geringen Fernsehgelder für die kommende Saison noch weiter gekürzt wurden.
Insbesondere für die treuen Fans und Mitglieder des SVW, die bis zum heutigen Tage im Ungewissen verharren mussten, wird diese Nachricht eine herbe Enttäuschung darstellen.
Der SV Waldhof Mannheim 07 bedankt sich bei allen, die den Verein bei dem Versuch die Lizenz zu erlangen unterstützt haben.
Die Meldung für die Teilnahme am Spielbetrieb der Oberliga Baden-Württemberg wurde fristgerecht eingereicht und es geht jetzt darum dem Verein einen wirklichen Neuanfang zu ermöglichen. Jeder Waldhöfer ist aufgerufen sich dabei konstruktiv einzubringen. Das Fundament dieses Neuaufbaus bleibt die erfolgreiche Jugendarbeit in Verbindung mit 'Anpfiff ins Leben'."

Vereinsporträt: Union Salzgitter

Salzgitter ist eine der flächengrößten Großstädte Deutschlands. Und doch ist es schwer, einen großstädtischen Charakter auszumachen. Die etwa 103.000 Menschen leben verteilt in 31 Stadtteilen, die häufig Dörfern ähneln und auf insgesamt gut 220 Quadratkilometer verteilt sind. Als im Dritten Reich gebildete industrielle Retortenstadt verfügt Salzgitter über keine gewachsene Mitte. Neben Salzgitter-Lebenstedt, dem mit 41.549 Einwohnern größten Stadtteil, ist es Salzgitter-Bad, das mit 21.000 Seelen so etwas wie einen städtischen Charakter aufweist. Salzgitter-Bad ist Heimat des SV Union Salzgitter, eines Klubs, der bis in die 1980er Jahre zur Elite des Fußballs in Niedersachsen zählte, in seinen besten Tagen von der 2. Bundesliga träumte und heute ein trauriges Dasein in der Bezirksliga fristet. Der Klub entstand 1920 als FC Union und floss 1940 in das neugebildete Fußballflaggschiff BSG Bergbau der just gegründeten Großstadt Salzgitter ein. 1944 erreichte man die Aufstiegsrunde zur Gauliga, scheiterte dort jedoch. Nach dem Krieg präsentierten sich die nunmehr wieder als Union auflaufenden Blau-Weißen als klassischer Arbeiterverein, dessen „Kumpelgeist“ Legendenstatus erreichte. Unter der Wochen fuhren Spieler wie Fans in die „Funken-Kuhle“ oder den „Georg-Schacht“ ein, am Wochenende stritten sie für den SV Union um Punkte. Union Salzgitter, das war „Klein-Schalke“. Dass es zudem Erfolge zu feiern gab, verdankte man Präsident Richard Seidel und Trainer Ernst Krafczyk, der rund 20 Jahre lang die Übungsstunden am Schlingelahweg leitete. 1955 ins niedersächsische Amateuroberhaus eingezogen, errang die Union 1957 die Niedersachsenmeisterschaft und zog in die Aufstiegsrunde zur Oberliga Nord ein, wo man jedoch scheiterte. Anschließend stagnierte der Aufschwung ein wenig. Während an der Friedrich-Ebert-Straße ein modernes Stadion entstand, setzte der 1963 mit Einführung der Regionalliga in die Drittklassigkeit zurückfallende Klub (1965 fehlte in der Aufstiegsrunde zur Regionalliga nur ein Punkt!) verstärkt auf Nachwuchsarbeit. Die Union-Eigengewächse Wolfgang Matz und Werner Wischniowski feierten später in Braunschweig und Wolfsburg Erfolge. Der Höhepunkt der Entwicklung wurde 1966 erreicht, als Unions Nachwuchs mit einem 3:2 über den Hamburger SV Norddeutscher Meister wurde. Plötzlich standen dem Klub sämtliche Türen offen. Die Ligaelf, die im selben Jahr in die Fünftklassigkeit abgestiegen war, wurde drastisch verjüngt, und Krafczyk-Nachfolger Helmut Reipka läutete die erfolgreichsten Jahre der Vereinsgeschichte ein. 1969 kehrte die Elf um Erich Schneider, Winfried Wottka und Kassebaum ins niedersächsische Amateuroberhaus zurück und verpasste in der Aufstiegsrunde zur Regionalliga nur knapp den Durchmarsch. Auch 1971 und 1973 waren die Blau-Weißen im Ringen um einen Platz im Vertragsspielerlager dabei, scheiterten aber am PSV Bremen bzw. Concordia Hamburg. Mit Wolfgang Dremmler verließ 1973 ein späterer Bundesligaspieler den Verein in Richtung Eintracht Braunschweig. Dann kam der Bruch. Unions 1973 gewählter Präsident Karl Kusmierz träumte von der 2. Bundesliga, in die er seinen Klub führen wollte. Dazu verließ er 1975 die bewährten Union-Pfade und gab das Motto „Klotzen statt Kleckern“ aus. Als Trainer kam Imre Farkaszinski aus Wolfsburg, statt Jugendpflege gab es Handgelder, und für eigene Talente holte man abgetakelte Profis. Zunächst ging alles gut, und 1977 erreichte die Farkaszinkis Elf die Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga, in der man nach einem 1.0-Auftaktsieg über Siegburg 04 jedoch böse Schiffbruch erlitt. Anschließend ging es bergab. Während nach der Krise der Bergbaus auch die Krise der Stahlindustrie an den Nerven der Salzgitteraner zehrte, steuerte Union unaufhaltsam dem Abgrund entgegen. Präsident Kusmierz ging, Trainer Farkaszinski ging, die Mannschaft fiel auseinander und 1978 stand der mit 500.000 DM verschuldete Klub plötzlich vor dem Ruin. Der Verkauf des Friedrich-Ebert-Stadion bewahrte ihn vor der Auflösung, doch sportlich konnte man nicht mehr an alte Erfolge anknüpfen. 1980/81 wurde eine erneut vom eigenen Nachwuchs gebildete Mannschaft (Pospich, Fiebich, Thorke u.a.) zwar noch einmal Herbstmeister der Amateuroberliga Nord, doch schon 1984 verschwand Union in der Verbandsliga und stürzte 1986 in die Bezirksoberliga weiter. 2003 fand sich der Klub erstmals in der Kreisliga wieder. Nur dem noch immer legendären „Union-Geist“ war es zu verdanken, dass die Blau-Weißen überlebten und inzwischen auch wieder sorgenfreier leben können – wie eh und je dank der vorzüglich Nachwuchsarbeit, die man inzwischen gemeinsam mit dem Nachbarn SC Gitter betreibt.

Dieser Artikel stammt aus dem "großen Buch der Deutschen Fußballvereine"
(Agon Sportverlag, ISBN: 3-89784-3622, 528 Seiten, Hardcover, 39,90 €)

Montag, 7. Juni 2010

Rowdies - schon damals!

Nachstehend ein Artikel aus dem Fußball-Sport vom 14. September 1967. Über 40 Jahre her, und es klingt doch vertraut.

Samstag, 5. Juni 2010

Fußballdorf Brochthausen

Gleich um die Ecke von meinem Wohnort liegt Brochthausen. Ein kleines Eichsfelddorf mit einer großen Fußballhistorie. Die Gegenwart sieht allerdings weniger gut aus.

Um Brochthausens Fußball steht es schlecht. Der Abstieg in die 2. Kreisklasse steht bevor, und auch wenn es dort wieder Derbys gegen die Nachbarn aus Langenhagen und Fuhrbach gibt, kann das in der 600-Seelengemeinde im Untereichsfeld niemanden trösten. Brochthausen geht es wie allen Klubs vergleichbarer Größenordnung. Das Interesse am Fußball hat kontinuierlich abgenommen, die Handvoll Jugendlicher interessiert sich für andere Dinge und für die Zukunft wird es wohl eine Spielgemeinschaft mit dem gleichfalls darbenden Nachbarn VfR Langenhagen geben.
Früher war Brochthausen eine Macht. Einer dieser Dorfklubs, deren Zusammenhalt legendär war und vor dem sie auch in den Städten zitterten. In Duderstadt sowieso, doch auch in Göttingen. Bis 1957 waren die Schwarz-Weißen in der dritthöchsten Spielklasse Niedersachsens vertreten und maßen die Kräfte mit Vereinen wie dem VfR Osterode und der SVG Göttingen. Brochthausen war das Fußballdorf, in das niemand gerne kam.
Die Glanzzeit des FC Brochthausen reicht aber noch viel früher zurück. 1920 gegründet, schalteten die Schwarz-Weißen 1926 auf dem in die höchste damals erreichbare Spielklasse immerhin Größen wie den VfL Duderstadt und Spielvereinigung Mansfeld aus. Bis nach Nordhausen und Sangerhausen musste die Dorfelf anschließend zu ihren Ligaspielen reisen und schlug sich im Konzert der Großen mehr als tapfer.
Als 1933 die Nazis die Macht in Deutschland übernahmen, räumten sie im Fußball alles beiseite, was ihnen unlieb war. Dazu gehörten die Vereine der katholischen Sportbewegung DJK, die im katholischen Eichsfeld zahlreich waren. Der FC Brochthausen gehörte damals schon dem DFB an und hatte plötzlich freie Bahn. Inzwischen von Thüringen nach Niedersachsen versetzt, erreichte er 1934 die zweithöchste Bezirksliga und traf dort auf renommierte Mannschaften wie Göttingen 05, Hildesheim 07 und Einbeck 05. Unerschrocken triumphierte die Dorfelf auch über die städtische Konkurrenz und sicherte sich in der Saison 1936/37 sensationell die Staffelmeisterschaft.
Damit verbunden war die Teilnahme an der Aufstiegsrunde zur Gauliga Niedersachsen, in der Größen wie Werder Bremen, Eintracht Braunschweig, Hannover 96 und Arminia Hannover kickten. Das kleine Brochthausen stand Kopf bei der Vorstellung, Nationalspieler wie die Bremer „Edu“ Hundt und Tibulski oder den 96er Edmund Malecki mit ihren Vereinen zu Ligaspiele im Untereichsfeld auflaufen zu sehen. Doch der Dorfklub in der Großstadtliga – das durfte offenbar nicht sein. Im ersten Aufstiegsrundenspiel hatte man sich 2:2 von Germania Wolfenbüttel getrennt, als die Gausportführung eingriff und den Sportplatz in Brochthausen für die weiteren Begegnungen sperrte. Begründung: Er sei nicht „vorschriftsmäßig abgetrennt“ gewesen. Linden 07 erhielt dadurch kampflos die Punkte zugesprochen und der FC Brochthausen musste seine Erstligaträume begraben.
Josef Haase, der damals als Halbrechter in der Erfolgself stand, ist noch heute treuer Besucher der Spiele des FC Brochthausen. „Wir haben zwar noch drei Heim- und ein Auswärtsspiel, aber ich glaube nicht, dass wir den Klassenerhalt noch schaffen“, befürchtet der 96-jährige, den der Fußball sein Leben lang nicht losgelassen hat. „Wir hatten ja nichts. Wir haben gearbeitet, und dann war da der Fußball. Ich habe viele Jahre im Ruhrgebiet und in Bonn gearbeitet und bin am Wochenende nach Hause gekommen, um Fußball zu spielen. Meine Frau kam dann nach Einbeck oder Göttingen, brachte mir eine Stracke Mettwurst und frische Wäsche mit. Dann habe ich gespielt, musste aber sofort nach dem Spiel wieder nach Essen oder Bonn zurückfahren, weil ich doch am Montag wieder arbeiten musste. Mit dem Zug musste ich immer erst über Hannover fahren. Später hatte dann einer meiner Kollegen ein Auto, da wurde es einfacher“.
An die „goldenen Zeiten“ des FC Brochthausen erinnert sich Josef Haase mit leuchtenden Augen. „Wir waren alles Brochthäuser. Keine Fremden. Auch mein Bruder August stand in der Mannschaft. Meine Schwager Josef und August Jakobi waren Mittelstürmer und Läufer, und Paul Moneke, das war der Sohn vom Gastwirt. Da haben uns nach dem Spiel immer alle getroffen und zusammen gegessen. Der Zusammenhalt war schon enorm.“
Gastwirt Moneke spielte eine Schlüsselrolle beim Brochthauser Fußballwunder. Er war nicht nur Mitgründer des Klubs, sondern stellte auch eine Wiese zur Verfügung, auf der gekickt werden konnte. In den späten 1920er Jahren reichte im Eichsfeld keine Mannschaft an die Spielstärke der Brochthäuser heran. „Von zehn Spielen gegen den VfL Duderstadt haben wir acht gewonnen und nur zwei verloren“, lacht Josef Haase noch heute. Drei Gauauswahlspieler stellte die kleine Gemeinde damals: Neben Josef Haase auch Verteidiger Adam und Torhüter August Muth. „Der Sportkreisleiter Wiese aus Worbis kam gerne nach Brochthausen. Der hat uns gerne spielen sehen und uns alle sehr gefördert“.
Als 1939 der Zweite Weltkrieg begann, erfuhr das Brochthäuser Fußballwunder eine Unterbrechung. Der Fußball trat ins zweite Glied und es dauerte bis 1946, ehe der Spielbetrieb wieder ins Laufen kam. Drei Jahre später kam Arminia Hannover ins Untereichsfeld, um den heutigen Sportplatz einzuweihen. Bis 1957 pendelte der Dorfklub noch zwischen Verbandsliga und Bezirksliga, ehe der Absturz begann. Nach und nach hatten die Brochthäuser Fußballhelden ihre Stiefel an den Nagel gehängt, und in Wirtschaftswunderzeiten erhielten die Stadtvereine große Vorteile. 1962 verschwand Brochthausen in der 1. Kreisklasse und der gefürchtete Ruf als „Fußballdorf“ wurde allmählich zur Legende.
Josef Haase sieht die Entwicklung ganz unsentimental. „Die alten Zeiten sind vorbei. Die jungen Leute gehen weg, und wir haben zu wenige Spieler. Von den 600 Einwohnern in Brochthausen sind viele Zugezogene, die kein Interesse am Fußball, haben“. Und so werden es immer weniger, die gemeinsam mit Josef Haase den Spielen des einstigen Favoritenschrecks folgen.
Hannover 96 und Werder Bremen aber kommen heute wirklich regelmäßig nach Brochthausen – im Fernsehen. „Samstag gucken wir immer mit 15 Mann Bundesliga in der Gastwirtschaft, da geht es manchmal hoch her“, erzählt Josef Haase. Sein Herz schlägt übrigens weder für Werder noch für 96. „Ich bin Schalker“, bekennt er stolz. © Hardy Grüne
Dieser Artikel erschien 2009 in der Zeitschrift GöKick (www.goekick.de)

Freitag, 4. Juni 2010

Insolvenzticker: SV Waldhof Mannheim

Neben Rot-Weiss Essen und dem Bonner SC zittert heute auch Ex-Bundesligist SV Waldhof Mannheim um seine Regionalligalizenz.
Ungleich der Situation in Bonn und vor allem in Essen steht es um den Waldhof allerdings deutlich besser und im Carl-Benz-Stadion geht man davon aus, die Auflagen zu erfüllen.
Über die Hintergründe der erneuten Finanzmisere beim seit Jahren angeschlagenen Klub berichtete der "Mannheimer Morgen" in seiner Ausgabe vom 31. Mai 2010 unter dem Stichwort "Finanzen": "Hier hinkt man am Alsenweg den eigenen Ansprüchen hinterher. Ein offizieller Trikotsponsor wurde im Winter erst nach einer Schnäppchen-Aktion ausgelost. Zahlreiche Mitglieder des Business-Clubs sind ihre Zahlungen bisher schuldig. Von rund 250 000 Euro ist die Rede. Die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen frühere Präsidiumsmitglieder schweben wie ein Damokles-Schwert über dem SVW. Dass der Verein seit fast 18 Monaten ohne echte Führung ist, macht die Suche nach neuen Geldgebern nicht leichter. Bis kommenden Freitag muss in Sachen Lizenz 2010/11 noch hart gearbeitet werden. Schon jetzt ist klar, dass der Etat weiter abgespeckt werden muss."
Sollten alle drei Weststaffel-Vereine keine Lizenz erhalten, würden die drei sportlichen Regionalligaabsteiger Borussia Mönhengladbach II, Wormatia Worms und Entracht Trier nachücken und viertklassig bleiben. Aus Worms gibt es allerdings Signale, darauf zu verzichten und statt dessen in der Oberliga Südwest weiterzuspielen.

Mittwoch, 2. Juni 2010

Insolvenzticker: Preußen Hameln

Auch der niedersächsische Ex-Drittligist Preußen Hameln befindet sich seit gestern in einem Insolvenzverfahren. Der 2009/10 in der Oberliga Niedersachsen-West knapp die Relegationsspiele zur ab 2010/11 eingleisigen Oberliga Niedersachsen verpassende Verein ist seit mehreren Wochen mit der Zahlung von Aufwandsentschädigungen rückständig.
Am gestrigen Mittwoch entschloss sich die Klubführung um Roman von Alvensleben zum Gang zum Amtsgericht. In seiner heutigen Ausgabe zitiert das Regionalblatt "DeWeZet" Amtsgerichtsprecher Sachbearbeiters Michael Schütte mit den Worten: „Wir müssen erst einmal das Gespräch mit dem Vereinsvorstand und die ersten Rückmeldungen der beteiligten Kreditinstitute abwarten. Dann wissen wir mehr.“ Weiter heißt es in dem Blatt: "Wie ernst die Lage bei Preußen ist, lässt sich laut Schütte momentan schwer beurteilen: 'Wir haben noch keine neuen Erkenntnisse.' Zurzeit gebe es noch keinen Überblick über die Höhe der Schulden. Dementsprechend könne man auch noch nicht sagen, ob es gelingen wird, den Verein zu sanieren. Nach dem Gespräch mit dem Vereinsvorstand, das voraussichtlich am Freitag sein wird, soll im Laufe der nächsten Woche der Kontakt zu Kreditinstituten und weiteren Beteiligten aufgenommen werden."

http://www.dewezet.de/portal/sport/lokaler-sport_Suenden-der-Vergangenheit-holen-Preussen-Hameln-ein-_arid,244357.html

Insolvenzticker: Bonner SC

Obwohl sportlich gerettet, wird West-Regionalligist Bonner SC 2010/11 aller Voraussicht nach nicht mehr in der Regionalliga auflaufen. „Wenn wir heute die Unterlagen nach Frankfurt schicken müssten, dann würden wir keine Lizenz erhalten“, wird BSC-Vizepräsident Bernd Lehmann, der nach dem Rücktritt von Präsident Kollmann die Amtsgeschäfte übernommen hat, zitiert.
Bis Freitag 15.30 Uhr müssen die Unterlagen beim DFB in Frankfurt vorliegen. Nachdem BSC-Mäzen John Viol seinen Zuschuss von bislang 600.000 Euro auf 300.000 Euro halbiert hat, fehlen dem BSC 300.000 Euro. „Es sieht ganz schlecht aus“, glaubt Lehmann nicht, dass das Geld bis Freitag aufgetrieben werden kann. Mäzen Viol musste im Sommer 2009 mit seinem Unternehmen "Multistone AG" Insolvenz anmelden.
Neben dem finanziellen Problem hat der BSC auf infrastrukturelle Sorgen. So verlangt der Verband den Einbau von mindestens 1.000 Einzelsitzen auf der Tribüne, eine neue Flutlichtanlage sowie die Gewährleistung dass sich Gäste- und Heimfans im Sportpark Nord künftig nicht mehr vermischen können.
Insgesamt umfasst die Mängelliste 24 Punkte, und dem BSC droht bei Nichterfüllen eine Stadionsperre von bis zu 2 Monaten, die Aberkennung von Punkten sowie der Entzug der Regionalliga-Lizenz. Die Frist zur Abstellung der Mängel läuft am 5. Juni 2010 ab.
Für den wahrscheinlichen Fall des Ausscheidens aus der Regionalliga hofft der BSC, in der NRW-Liga weiterspielen zu können.

Insolvenzticker: Rot-Weiss Essen

Für Rot-Weiss Essen sieht es zappenduster aus. Der DFB hat die Bürgschaft in Höhe von 2,7 Millionen Euro nicht akzeptiert. RWE bleibt nun noch bis Freitag, um 2,4 Millionen Euro aufzubringen, damit der Klub in der 4. Liga bleiben kann.
„Der DFB hat unsere Bürgschaft in Höhe von 2,7 Millionen Euro nicht akzeptiert. Wir haben sofort eine einstweilige Verfügung beim Frankfurter Landgericht gegen diese Entscheidung eingereicht“, bestätigt Vorstandsmitglied Thomas Hermes gegenüber "Reviersport". „Ohne die Hilfe der Stadt oder der Sponsoren werden wir keine Lizenz erhalten. Unsere letzte Hoffnung ist, dass sich im Laufe des heutigen Abends noch ein Gönner findet."
Nach Angaben von "Reviersport" wurde die angesprochene einstweilige Verfügung ebenfalls vom DFB abgelehnt. (http://www.reviersport.de/119467---rwe-dfb-akzeptiert-buergschaft-update.html)
Bereits seit Montag fordert der Verein auf seiner Homepage alle Anhänger um Unterstützung auf.
"Nun sind alle Rot-Weißen gefragt. Auch RWE-Idol Willi „Ente“ Lippens hat in einem Gespräch mit der Vereinsführung zugesagt, den Verein ab sofort zu unterstützen und seine Kompetenzen einzubringen. Lippens: „Das Aus für RWE wäre schlimm für die Fans und die Stadt.“ Bislang gingen etwa 20.000 Euro ein.
Das Spendenkonto bei der Sparkasse Essen: BLZ 360 50105, Konto-Nr.: 253039. Inhaber: Dr. Thomas Hermes. Verwendungszweck: Nur der RWE.

Dienstag, 1. Juni 2010

Insolvenzticker: SSV Reutlingen 05

Nachdem das Insolvenzgericht Tübingen am heutigen Dienstag das Insolvenzverfahren über das Vermögen des SSV Reutlingen 05 eröffnet hat, kann der Klub wie geplant 2010/11 in der Oberliga Baden-Württemberg antreten.
„Dies ist ein nächster wichtiger Schritt zur geplanten Neuausrichtung des Vereins.“, wird Insolvenzverwalter Dr. Axel Kulas auf der Vereinshomepage zitiert. Die Gläubigerversammlung ist für den 21. Juli 2010 geplant.

Insolvenzticker: Crystal Palace II

Crystal Palace ist gerettet!
In buchstäblich letzter Minute wurde Einigkeit erzielt, dass die von Palace-Fans angeführte Gruppe regionaler Geschäftsleute mit dem Namen "CPFC 2010" sowohl den Klub als auch das Stadion Selhurst Park erwerben wird. Damit sind die Voraussetzungen für ein Überleben des Vereins gegeben.
Crystal Palace wird demnach in der Saison 2010/11 in der Championship (2. Liga) antreten.

Insolvenzticker Crystal Palace

Der insolvente englische Zweitligist Crystal Palace ist akut vom Aus bedroht. Wenn bis heute um 15 Uhr Ortszeit kein neuer Käufer für den Verein gefunden werden, droht dem Klub die Auflösung.
Eine "CPFC 2010" genannte Gruppe lokaler Geschäftsleute um die Palace-Anhänger Steve Parish und Martin Long steht bereits seit März bereit, den im Januar 2010 vom Hedge Fund "Agilo" ins Insolvenzverfahren geschickten Klub zu übernehmen.
Die Übernahme ist bislang jedoch nicht zustande gekommen, weil CPFC 2010 den Verein nur dann übernehmen will, wenn auch die Zukunft des Stadion Selhurst Park gesichert ist. Das Palace-Stadion befindet sich im Besitz der Bank of Scotland, die es gleichfalls verkaufen will. Potenzieller Käufer ist ebenfalls das CPFC 2010-Konsortium, das sich auch bereits mit der Bank of Scotland geeinigt hatte, nach dem daraufhin vorgelegten Vertrag seitens der Bank aber einen Rückzieher machte und das Verhalten der Bank of Scotland auf der Palace-Homepage als "unakzeptabel" bezeichnete.
Hintergrund ist die Frage eines möglichen Verkaufs des Geländes an potenzielle Investor. Die Bank of Scotland ist zwar bereit, das Gelände zu einem geringeren Preis als den aktuellen Grundstückspreisen abzugeben, will aber von einem eventuellen Verkauf bzw. Profit des Geländes in der Zukunft profitieren. CPFC 2010 gibt an, ein solcher Passus wäre vereinbart, die Bank wolle aber auch an einem möglichen Profit teilhaben, der durch sportliche Erfolge oder durch bauliche Erweiterung des Stadions erzielt würden.
"Jeder weiß, dass der Selhurst Park ein elementarer Bestandteil der langfristigen Zukunft des Klubs ist, und CPFC 2010 wird den Klub nicht ohne das Stadion übernmehmen", heißt es in einem Statement des CPFC 2010.
Palace-Insolvenzverwalter Brendan Guilfoyle kündigte daraufhin an, dass er im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen Spieler verkaufen werde und das Auflösungsverfahren zu starten, sollte sich kein Käufer für den Klub finden.
Crystal Palace entging in der abgelaufenen Saison am letzten Spieltag durch ein 2:2 im Kellerduell bei Sheffield Wednesday mit letzter Kraft dem Abstieg aus der 2. Liga.