Donnerstag, 22. September 2011

Samstag: Fan-United-Day in Plymouth

Der kommende Spieltag der englischen Football League wird im Zeichen von Plymouth Argyle stehen. Das Heimspiel der "Pilgrims" am Samstag um 15 Uhr gegen Macclesfield Town ist von mehreren Fangruppen zum "Fan United Day" ausgerufen worden.

Fans aus ganz England werden erwartet und wollen ihre Solidarität mit den Plymouth-Fans zeigen. Die Grün-Weißen befinden sich seit längerem in einer existenzbedrohenden Krise und stehen nach zwei Abstiegen in Folge auch in der 4. Liga schon wieder auf einem Abstiegsplatz. Ein weiterer Abstieg würde dem traditionsreichen Klub die Zugehörigkeit zur Football League kosten. Seit Frühjahr in einem Insolvenzverfahren steckend, hat man bislang vergeblich nach einem möglichen Käufer und Sanierer gesucht. Viele Anhänger der Pilgrims fürchten daher das unmittelbar bevorstehende Aus für ihren Verein.

Die Idee eines Fan-United-Days geht in England zurück auf das Jahr 1997, als es in Brighton erstmal zu einer Solidarveranstaltung von Fans diverser Vereine kam. Zu den Initiatoren zählten damals einige Plymouth-Fans. Nun revancieren sich die Brighton-Anhänger und organisieren eine vergleichbare Veranstaltung in Plymouth.

Fans, die nicht nach Plymouth reisen können und dennoch ihre Solidarität zeigen wollen, sind aufgefordert, die Spiele ihrer Klubs in grünen Trikots zu besuchen (grün ist Plymouth Jerseyfarbe).

Weitere Informationen:
http://fansreunited.co.uk/

http://www.fsf.org.uk/news/Fans-Reunited-over-Argyle-troubles.php

Mittwoch, 21. September 2011

Buchrezension: Zonenfussball - Von Wismut Aue bis Rotes Banner Trinwillershagen

Zonenfussball.
Von Wismut Aue bis Rotes Banner Trinwillershagen

Im Verlag "Neues Leben" erschien kürzlich ein Titel, der etwas zweideutig ausfiel: "Zonenfußball. Von Wismut Aue bis Rotes Banner Trinwillershagen".

Ein Titel, der nach ganz viel DDR-Notalgie in Form von Vereinsporträts klingt. Und in Frank Willmanns kleinem Sammelband finden sich in der Tat auch viele schöne Geschichten aus alten DDR-Fußballtagen. Wer jedoch angesichts des Untertitels eine Aufsatzsammlung zur Geschichte diverser DDR-Klubs erwartet, wird enttäuscht sein.

Statt dessen erwarten den Leser 34 teilweise sehr persönlich gefärbte Geschichten über das Fandasein nicht nur zu DDR-Zeiten. Wo die Reise emotional hingeht, macht Herausgeber Frank Willmann bereits in seinem Vorwort deutlich, in dem er die heutige Fußballpresse als "akritische Fußballmedienmeute" bezeichnet und den Wandel des Fußballs zum "fetten Event" betrauert.

Mit seiner Biografie als Fanforscher und Punkrockforscher bringt Willmann alsdann eine ungewöhnliche Sichtweise ein und hat sich zudem Fachleute wie Veit Pätzung, Christoph Ruf oder Péter Zilahy ins Boot geholt, um über den "Fußball im Osten - einst und heute" (Klappentext) zu philosophieren.

Fußball in der Ex-DDR, in der ehemaligen "Zone", das hat häufig etwas wehmütiges. Und Wehmut klingt dann auch in den meisten der 34 Geschichten durch. Jochen Schmidt berichtet von seinem ersten Stadionprogramm, dass er 1979 beim Oberligaspiel zwischen dem BFC Dynamo und Stahl Riesa erhielt. Andreas Gläser erinnert an eine Begegnung in den 1970er Jahren, als er durch Zufall bei der BSG Obertrikotagen Apolda landete und die bei ihrem Heimspiel auf die BSG UT Erfurt traf - wobei UT zur Verwirrung des Autors nicht für "Untertrikotagen" sondern für "Umformtechnik" stand. DDR-Fußballalltag in Reinkultur.

Die Geschichten sind ausnahmslos lesenswert und genügen häufig höheren literarischen Ansprüchen. Sie lassen wehmütige Erinnerungen aufkommen, als Fußball noch ein Sport der Massen und nicht eines des Events war. Und sie lassen deutlich werden, wie wichtig das Dasein als Fußballfan auch in der DDR für die Sozialisation vieler Jugendlicher war.

Aus den schönen Storysammlung ragen einige Perlen der Schreibkunst heraus. Da ist beispielsweise der Gastbeitrag von Wladimit Sergijenko, der über die unterschiedlichen Ausprägungen des Nationalismus in der Ukraine in den letzten Tagen der UdSSR bzw. in den Hochtagen der Orangenen Revolution berichtet. Anne Hahn erinnert in schönen Szenen an die Rückkehr der männlichen Mitglieder ihrer Familie von einem Magdeburg-Spiel, und Dominik Bartels zeigt in frappierender Offenheit auf, warum ein unbekannter Zweitligakicker (sein Vater nämlich) mehr Wert war, als Cristiano Ronaldo. Das ist groß!

Kein Buch für akribische Statistiker oder ernsthafte Historiker, sondern ein Werk für literaturverliebte Fußballfans. Auch wenn der Titel das auf den ersten Blick nicht verrät.

Zonenfußball
Von Wismut Aue bis Rotes Banner Trinwillershagen
Frank Willmann (Hrsg.)
Verlag Neues Leben
224 Seiten
ISBN: 978-3-355-01792-3
16,95 Euro

Montag, 19. September 2011

IF Tönning: Eine Reise ins Unbekannte

Vor 40 Jahren traf der IF Tönning im Rahmen des DFB-Pokals auf Bayer04 Leverkusen. Hier ein kleiner Rückblick, den ich für "Nordsport" verfasste.


Man kann ihn gar nicht genug feiern, den DFB-Vereinspokal. Wo sonst hat ein kleiner Klub wie der IF Tönning schon die Chance, ins bundesweite Rampenlicht zu treten und seinen bescheidenen Alltag für ein paar glorreiche Stunden zu verlassen?
Tönnings große Stunde schlug am 7. August 1976 in der damals noch 128 Mannschaften starken 1. Hauptrunde des Pokalwettbewerbs, als man mit Zweitbundesligist Bayer Leverkusen ein „Traumlos“ zog. „Wir kommen uns vor wie in einem Fußball-Märchen aus Tausendundeiner Nacht, wir können es immer noch gar nicht fassen. Aber der DFB-Pokal macht so etwas eben möglich“, wird Klubpräsident Manfred Ziegeler im bundesweit erscheinenden „Fußball-Sport“ zitiert.
Unter der Überschrift „Tönning: Wie ein Märchen“, stellte das Blatt seinen Leser den ungewöhnlichen Verein alsdann mit folgenden Worten vor: „Es klingt vieles märchenhaft, wenn man von diesem IF Tönning erzählt. Erstens einmal ist dieser Klub (IF = Idräetsforling) ein dänischer Verein! Er wurde 1946 von Dänen nur für Dänen gegründet. Erst Anfang der 50er Jahre nahm dieser Verein dann auch deutsche Mitglieder auf – und spielt in der heutigen Ligamannschaft spielt nur noch ein Däne (Martin Frost Larsen), der als Lehrer an einer dänischen Schule arbeitet. Zweitens: IF Tönning ist siebentklassig, zieht also nur über die Dörfer, ist froh, wenn einmal 100 Zuschauer kommen.“
Klubchef Ziegeler und die damals 260 Köpfe zählende IF Tönning sahen in dem Pokalauftritt den „größten Augenblick der Vereinsgeschichte“. Zwar hatte es Glücksgöttin Fortuna nicht gut gemeint mit den Blau-Weißen aus der 4.000 Einwohnergemeinde zwischen Heide und Husum und sie nach Leverkusen geschickt, statt die Bayer-Elf in den hohen Norden zu beordern (damals genossen Amateurklubs im Pokal noch nicht automatisch Heimrecht), doch der Abenteuerfaktor war dadurch umso größer. Schließlich ging die Reise nicht wie im Ligaalltag nach Bredstedt oder Süderlügum, sondern in die Chemiemetropole am Rhein. Ein regelrechter Abenteuerurlaub!
Und Gegner Bayer Leverkusen tat alles, um seinem unterklassigen Rivalen den Ausflug so angenehm wie möglich zu gestalten. „Die Herren von Bayer Leverkusen haben uns jede Unterstützung zugesagt. Sie wollen uns sogar einen Mann zur Betreuung von der ersten bis zur letzten Minute abstellen. Und uns auch zu einer Besichtigung der Bayer-Werke einladen. Außerdem soll ein kleiner Ausflug organisiert werden. Dass es so etwas im großen Fußball, der doch eigentlich nur noch Geschäft ist, noch gibt, hat uns sehr beeindruckt“, freute sich Tönnings Vorsitzender Ziegler über die Gastfreundschaft des Profiklubs.
Trainer Bonneß und sein Team nutzten derweil die günstige Gelegenheit und nahmen die Bayer-Elf zwei Wochen vor dem großen Tag bei einem Freundschaftsspiel im nahegelegenen Brunsbüttel höchstpersönlich unter die Lupe. Was sie sahen, war beeindruckend. Einhellige Meinung nach dem Leverkusener 6:0-Erfolg über den immerhin drei Klassen über der IF Tönning spielenden BSC Brunsbüttel: „Die sind gleich ein paar Nummern zu groß für uns“.
Und dann kam er, der große Ausflug des kleinen IF Tönning. Bereits am Donnerstag vor dem für Samstagnachmittag terminierten Spiel brach die nordfriesische Fußballdelegation Richtung Westdeutschland auf. Mit einem gut gefüllten Kleinbus ging es in fröhlicher Stimmung auf die 530 Kilometer lange Reise. Eine Reise, die im Übrigen jeder Spieler selbst finanzieren musste! „Gewiss werden wir ja an den Einnahmen beteiligt, aber wenn wir als Dorfmannschaft nach Leverkusen kommen, werden die Ränge dort kaum voll sein. Also zahlt jeder Spieler alles selbst, mindestens so um die 160 Mark herum. Sonst würden wir gar nicht fahren können. Aber keiner murrte deshalb“.
1.300 Neugierige fanden sich schließlich am 7. August 1976 im Ulrich-Haberland-Stadion ein und bereiteten dem Siebtligisten einen unvergessenen Tag. Das galt auch sportlich, denn das Team von Trainer Boneß („Alles unter 10:0 ist ein Erfolg“) schlug sich mehr als tapfer, verlangte der Profielf um Ex-Nationalspieler Dieter Herzog vor allem in der ersten Halbzeit alles ab und blieb lediglich im Sturm harmlos. Entschieden war die Sache dennoch frühzeitig, denn als Eickerling Leverkusen in der zwölften Minute in Führung brachte, war Tönnings Schicksal besiegelt. Bis zur 50. Minute verteidigten die Amateure den knappen Rückstand, dann erhöhten Hermann und Herzog per Doppelschlag auf 3:0. Jürgen Gelsdorf war es schließlich, der in der 68. Minute den 4:0-Endstand herstellte.
Dennoch durften die Tönninger Fußball-Abenteurer ihre Heimreise erhobenen Hauptes antreten.
Jensen – Konrad (84. Rower), Eggers, Brandt (63. Holst), Krüger, Larsen, Röhe, Mölck, Otto, Röhr, Hecht

Sonntag, 11. September 2011

BSV Schwarz-Weiß Rehden

Heute zu Gast in Göttingen: Der BSV Schwarz-Weiß Rehden. Hier ein Artaus der Stadionpostille:

BSV Schwarz-Weiß Rehden: Heimat eines bekannten Dribbelkünstlers

So furchtbar viel los ist in Rehden, einer 1.766 Einwohnergemeinde an der B214 zwischen Bremen und Osnabrück nicht. „Überregionale Bedeutung hat Rehden durch den unterirdischen Erdgasspeicher der Wingas, der mit 4 Mrd. m³ der größte von Westeuropa ist“, verkündet das Internet-Lexikon „Wikipedia“ aufgeregt. Das war’s aber auch schon.

Gut, dass es die Kicker des BSV Schwarz-Weiß gibt. Die haben nämlich 2010 unter der Trainerregentschaft von Osnabrücks langjähriger Nummer 1 Uwe Brunn die Qualifikation zur eingleisigen Oberliga Niedersachsen geschafft und damit für den größten Erfolg in der Fußballhistorie des, pardon, „Dorfes“ gesorgt. Mit einem Besucherschnitt von knapp 400 wurden die Anstrengungen der Rehdener Fußballer in der Samtgemeinde durchaus belohnt, und 2010/11 schlug sich der BSV im niedersächsischen Oberhaus mit Position acht ja ebenfalls redlich.

Man sollte sich im Übrigen vorsehen, die Rehdener als „Dorfklub“ zu beschimpfen. 1999 in die Landesliga Hannover aufgestiegen, feierte man nämlich bereits 2001 den Sprung in die Niedersachsenliga West, in der Ex-Profi Marek Lesniak für die Etablierung sorgte.

Zeitgleich feilte man ein wenig an seinen Waldsportstätten, die seit 2009 endgültig im frischen Glanz erstrahlen und gegenwärtig 4.000 Menschen aufnehmen können. Gut gefüllt waren sie im Jahre 2003, als mit dem TSV München 1860 ein ruhmreicher Profiklub im Rahmen des DFB-Vereinspokals in die Samtgemeinde Rehden kam. Die Schwarz-Weißen hinterließen seinerzeit beim 1:5 einen recht guten Eindruck.

Ein Blick in die Historie fördert eine überraschende Verbindung zwischen dem 1919 gegründeten Klub und dem ehemaligen 1. SC Göttingen 05 zutage. 1968 nämlich trug ein Außenstürmer namens Walter Plaggemeyer das schwarz-weiße Hemd der Rehdener – jener Plaggemeyer, der später über Werder Bremen bei 05 landete und mit den Schwarz-Gelben Zweitligafußball nach Göttingen brachte.