Montag, 21. Juli 2014

Teilnahme am Radrennen The Andes Trail

Neben Fußball gehört auch Radfahren zu meinen Themen.

Für die zweite Hälfte des Jahres 2014 heißt das Thema nun allerdings vornehmlich Radfahren, denn vom 1. August bis zum 14. Dezember nehme ich an „The Andes Trail“ teil. Das ist ein Marathon-Etappenradrennen über 11.000 Kilometer, das von Quito in Ecuador bis nach Ushuaia auf Feuerland/Patagonien in Argentinien führt.
 
In meinem Blog www.hardygruene.wordpress.com berichte ich regelmäßig von meinen Erfahrungen unterwegs und verlinke die Blogartikel auch via Facebook. Den Fußball habe ich natürlich weiterhin im Bick, wenngleich eine „gewöhnliche“ Berichterstattung aus naheliegenden Gründen leider nicht möglich ist. Aktualisierungen erfolgen in der Regel über meine Facebook-Seite www.facebook.com/hardygruene, die auch eingesehen werden kann, wenn man NICHT bei Facebook registriert ist.

Freitag, 18. Juli 2014

Ausstellung mit fast allen Trikots des VfB Stuttgart

Mein VfB-Stuttgart-Buch "Junge Wilde und Magisches Dreieck" (http://www.werkstatt-verlag.de/?q=9783895339028) hat Ralf Burkhart einst mit den Jerseys aus 50 Jahren Bundesligageschichte des VfB Stuttgart außerordentlich bereichert.

Nun wird seine umfangreiche Sammlung erstmals ausgestellt - am 19. und 20. Juli im Rahmen des Vereinsfestes des TB Neckarhausen. Absolut sehenswert!

http://m.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.ralf-burkhart-ist-ein-besonderer-fussballfan-der-trikot-jaeger.551fd5a4-22ce-4113-9c5e-98df97140758.html

Samstag, 5. Juli 2014

Alle Tassen im Schrank? BSV Halle-Ammendorf 1910

Lange keine Tasse mehr auf dieser Seite gesehen, nicht wahr? Nun, die Vorbereitungen für das Südamerika-Abenteuer verschlingen eine Menge Zeit, und fast fünf Monate nicht daheim zu sein lässt irgendwie eine Menge kleiner und großer Aufgaben... auflaufen, die es zuvor zu erledigen gilt. Na, und dann ist ja auch noch WM, was zumindest seit dem Achtelfinale die Nächte ganz schön kurz gemacht hat.

Als ich gestern nach Hause kam, lachte mich mal wieder ein Päckchen an. Da ich nix erwartete, war ich ziemlich neugierig, was es enthielt, und beim Auspacken fiel mir dieser herrliche Becher des BSV Halle-Ammendorf in die Finger. Begleitet von einem fröhlichen Anschreiben des edlen Übersenders David, passionierter BSV-Fan, leidenschaftlicher Werderaner, stolzer Hallenser und nebenbei auch noch Glasgow-Rangers-Sympathisant. Mit anderen Worten: ein Paradebeispiel für das, was der Fußball so verrücktes aus einem machen kann! (ich vergass übrigens seine Sympathien für Vienna Wien).

Und ein Mann der Tat, wie das beiligende Schreiben belegt. Mein Verein hat keinen Kaffeebecher, ich hätte aber gerne einen? Kein Problem, dafür gibt es in der heutigen Welt schließlich Lösungen! Und wo einst die Resultate einer Kombination aus mühseliger und dilletantischer Schnippelarbeit sowie viel übler Chemie im Foto-Fachgeschäft ziemlich dürftige Resultate hervorbrachte, schafft die moderne Technik heute echte Wunderwerke. Und so gibt es nun zwei Kaffeebecher des BSV Halle-Ammendorf - von denen einer in meiner Sammlung steht! Danke David!

Der auf der Tasse verehrte Verein ist gegenwärtig eine übrigens leicht tragische Größe. Eigentlich würden die Rot-Weißen aus dem südlichen Hallenser Stadtteil Ammendorf nämlich nächstes Jahr in der Oberliga Nordost spielen. Eigentlich. Denn sportlich als Verbandsligameister von Sachsen-Anhalt souverän für den Klassensprung qualifiziert, hat man in Ammendorf aus wirtschaftlichen Gründen Abstand vom Aufstieg genommen. Zu teuer, zu großes Risiko - da bleibt der Ammendorfer Schuster lieber bei seinen Leisten. Angesichts der prekären Situation vieler Oberligisten möglicherweise eine weise Entscheidung, die für Fans wie Spieler dennoch traurig ist. Wo ist der Fußball bloß gelandet, wenn Aufstiege aus wirtschaftlichen Gründen ausgeschlagen werden müssen?

Der BSV Halle-Ammendorf geht zurück auf den 1910 gegründeten Ammendorfer FC, aus dem nach dem Zweiten Weltkrieg die BSG Motor Ammendorf wurde, die unter der Trägerschaft des ortsansässigen VEB Waggonbau stand. Großen Erfolgen im Kanu, wo man sogar mehrfach DDR-Meister stellte, stehen im Fußball eher bescheidene Meriten gegenüber. Der größte Triumph gelang 1960 mit dem Aufstieg in die damals drittklassige II. DDR-Liga, in der die Ammendorfer zwei Spielzeiten lang überbezirklich mitmischten, ehe sie nach Auflösung der Liga in der Bezirksliga weiterkicken mussten. 1966 in der Aufstiegsrunde zur DDR-Liga (2. Liga) gescheitert, ging es 1982 sogar hinab in die Bezirksklasse.

Nach der Wende spielte man zunächst als BSV Motor weiter, ehe 1999 mit der Umbenennung in BSV Halle-Ammendorf 1910 die Verbindung zum Ursprungsverein wiederbelebt wurde. Und auch sportlich funzte es bei dem zwischenzeitlich bis in die Siebtklassigkeit abgestiegenen Klub nun wieder. 2003 erstmals in die Verbandsliga Sachen-Anhalt aufgestiegen, etablierten sich die Rot-Weißen dort ab 2007 und ließen 2013/14 die erwähnte Verbandsligameisterschaft ohne Oberliga-Aufstieg folgen.

Donnerstag, 3. Juli 2014

Zeitspiel - neues Magazin für Fußball-Zeitgeschichte

Während in Brasilien um viel Geld und Ehre gespielt wird, fallen im beschaulichen Niedersachsen die wirklich bahnbrechenden Entscheidungen. Frank Willig, Herausgeber des formidablen Magazins „nordvier“, und meine Wenigkeit haben sich nämlich entschlossen, ab 2015 ein gemeinsames Fußballmagazin herauszugeben!

"Zeitspiel" wird es heißen, und das ist ein Name, der durchaus Programm hat. Denn wir wollen „mit der Zeit“ spielen. Also Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Fußballs miteinander verbinden. Erinnern und vielleicht auch mal ein bisschen verklären. Beobachten und sicherlich auch mal ein bisschen provozieren. Lobhudeln und wo nötig kritisieren.

Nur eins wollen wir nicht: ausschweifend über Fußball in Bundesliga und Champions League, bei EM oder WM berichten. Stattdessen will Zeitspiel den Fokus auf die Ebenen unterhalb des Kommerzfußballs legen. Weil wir glauben, dass da ein Fußball gespielt wird, den viele Menschen als spannend, reizvoll und authentisch empfinden. Und weil wir wissen, dass diese Ebenen in der alles erdrückenden Wucht der medialen Berichterstattung über den „großen Fußball“ zunehmend unterzugehen drohen.

Weitere Informationen gibt es unter www.zeitspiel-magazin.de. Dort findet sich auch eine Inhaltsübersicht von Ausgabe #1, die im März 2015 erscheinen wird (vorher geht leider nicht, denn ich bin ja bis Ende 2014 noch mit dem Rad in Südamerika unterwegs ).

Natürlich gibt es auch eine Facebook-Seite, die ich Euch bitte, zunächst zu liken und dann fleißig zu teilen (www.facebook.com/zeitspielmagazin).

Damit wir ab 2015 gemeinsam „mit der Zeit“ spielen können!

Montag, 16. Juni 2014

FC International Leipzig übernimmt Sachsenligaplatz des SV See

Leipzig und sein Fußball ...

Nach RB schickt sich nun ein weiterer "Newcomer" an, auf eher ungewöhnliche Art und Weise nach oben zu kommen. Der FC International Leipzig, erst 2013 gegründet, schließt sich mit den Fußballern des SV See aus dem niederschlesischen Ort Niesky zusammen und übernimmt dessen Startecht für die Sachsenliga 2014/15. Weitere Infos. http://leipzig.sportbuzzer.de/magazin/fc-international-leipzig-heiratet-in-sachsenliga-ein/3920

Zu den Förderern des FC International zählen u.a. Leipzigs Ex-OB Wolfgang Tiefensee sowie Sportartikelhersteller "Global Striker". Im Internet ist der Verein bislang nur mit einer "Interimsseite" vertreten http://fc-international-leipzig.de/

Samstag, 14. Juni 2014

Mit "Jenseits der Komfortzone" zu Gast in Chemnitz

Hallo Chemnitz!

Ich hätte da für kommenden Mittwoch eine Alternative zu Spanien gegen Chile: eine Reise "Jenseits der Komfortzone. 12.000 Kilometer Radrennen von Kairo nach Kapstadt".

Anpfiff 20 Uhr bei Fahrrad XXL Emporon.

http://www.fahrrad-xxl.de/news-events/bilder-video-vortrag-hardy-gruene/

Donnerstag, 12. Juni 2014

Holt Euch das Spiel zurück!

Neulich bin ich in den Harz geradelt. Ich muss ja ordentlich trainieren für meine kleine Südamerikatour, die am 1. August losgeht. Und die Harzberge sind als Vorbereitung auf die Anden natürlich perfekt.

Das Schöne am Bergradeln ist, dass man da so herrlich abtauchen kann. Während der Körper schuftet, kann der Geist mäandrieren. Und während ich gemütlich den Sonnenberg bei St. Andreasberg hochächzte, kam mir die Frage in den Sinn, ob ich wohl alle 32 teilnehmenden Länder der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien würde aufzählen können. Ich konnte es nicht. Und mir fehlten nicht etwa zwei/drei Exoten wie Honduras oder Costa Rica, mir fehlten etliche „richtige“ Länder! Ich war durchaus ein bisschen überrascht, denn das letzte Mal, dass ich eine Woche vor einem WM-Start nicht sämtliche Teilnehmer quasi im Schlaf aufsagen konnte, war 1970 gewesen. Da war ich Sieben und hatte Probleme, Gastgeberland Mexiko überhaupt auf der Weltkarte zu finden.

Heute Abend sitze auch ich natürlich vor dem Fernseher, wenn Brasilien gegen Kroatien spielt (übrigens eines der Länder, das mir nicht einfiel). Doch von der Aufregung, die mich vor früheren Weltmeisterschaften meistens schon Wochen vorher ergriff, ist nichts zu spüren. Die Namen der Stadien in Brasilien? Der komplette Spielplan? Die verschiedenen Szenarien, wie Viert- und Halbfinale aussehen könnten? Mannschaftskapitäne und Topspieler der beteiligten Nationen? Design der Trikots, Reisewege der Teams? Dinge, die ich normalerweise vor jedem WM-Turnier regelrecht verschlungen habe, gingen diesmal ziemlich an mir vorbei. Dass ich den deutschen Kader nicht komplett zusammenbekomme, ist natürlich Jogi Löw und seiner Personalpolitik zu verdanken, die spätestens ab Montag in der allgemeinen Kritik stehen wird. Doch dass ich so unvorbereitet wie seit 40 Jahren nicht mehr in ein WM-Turnier gehe, dafür kann ich niemand anderen verantwortlich machen als ... mich.

Es hat mich einfach nicht interessiert.

Das macht mich traurig, denn eigentlich liebe ich den Fußball. Und vor allem die Emotionen um das Spiel. Gerade bei Weltmeisterschaften, wo man früher immer auch so schöne mediale Eindrücke von den Gastgeberländern und den Fans aus aller Welt bekam. Sozial- und Gesellschaftsgeografie zum Anfassen. Häufig zwar naiv einfach und auch erschreckend verzerrt, aber immerhin Eindrücke. Und nicht diese inszenierten Showelemente, wie wir sie von heute an einen Monat lang in den Spielpausen zu sehen bekommen werden. „Präsentiert von Firma xyz“ oder "powered by xxx".

Heute Abend werde ich erstmals in der WM-Geschichte vor dem Fernseher sitzen und nicht wissen, wie ich mich fühle. Immerhin - das weiß ich schon! Denn einerseits wird mich diese Fußball-Dauerschleife WM zweifelsohne rasch aufsaugen, wird der Spielplan meinen Lebensrhythmus bestimmen. Andererseits wird mich die Distanz, die ich ob des insgesamt beklagenswerten Zustandes des Fußballs zum Fußball entwickelt habe, alles wie durch einen kritischen Nebelschleier wahrnehmen lassen. Gefiltertes Fußballfieber.

Warum ich dem Fußball entrückter bin als jemals zuvor, muss ich an dieser Stelle sicher nicht ausführen. Immer mehr von uns Fans spüren ähnlich. Kommerz, FIFA, Katar, Blatter, Korruption, Brasilien, Geldverschwendung, VIPs, Weiße Stadionriesen, Fußball-Millionäre, von der Basis entrückte Funktionäre, Sperrgebiete um die Stadien, Militär für Promis – es gibt zig Stichpunkte, die sich zu einem großen Fragezeichen verknüpfen. Nicht nur bei mir. Sondern bei vielen von uns. So auch Reviersport-Legende Uli Homann (http://www.reviersport.de/276796---wm-kommentar-grob-getarnte-mafia.html). Und deshalb weiß ich, dass es vielen von Euch heute ähnlich gehen wird. Dass der Fußballfan in Euch mit einem sarkastischen Zyniker in Euch streiten muss, dass das Selbstbefinden zwischen „gelassener Kritiker“ und „genervter Miesepeter“ schwanken wird. Letzterer bleibt mir hoffentlich weitestgehend erspart.

Denn die WM ist es nicht wert, auch noch miesepetrig durch die Welt zu laufen. 

Als halbwegs kritisch denkender Zeitgenosse darf man diesem absurden Spektakel eigentlich gar nicht folgen. Es ist neben all der bekannten Kritik (s.o.) schließlich auch kaum noch authentisch. Und für eine kommerzgespickte Inszenierung ist (mir) die Lebenszeit dann doch zu wertvoll. Und doch lockt uns die Lust auf Fußball vor die Bildschirme. Denn der Fußball selber hat ja nichts eingebüßt! Im Gegenteil: neben der Spannung und, bei einer WM, der Chance, mit irgendeiner exotischen Mannschaften fiebern zu können, nur weil einem ein Spielername gefällt, ein Akteur eine außergewöhnliche Frisur trägt oder die Fans bombig sind, sind Fußballspiele gegenwärtig ja vom ästhetischen Standpunkt betrachtet zumeist ausgesprochen anschaulich. Das war 1982 oder 1990 noch deutlich anders - damals konnte man das Gekicke ja teilweise kaum ertragen.

Und doch ist mir Fußball entrückt, bin ich dem Fußball entrückt. Gestern Abend lief auf ZDF eine formidable Dokumentation, die sich mit dem Amateurfußball beschäftigte (http://www.zdf.de/ZDFmediathek#/beitrag/video/2169666/ZDFzoom:-Unsere-Amateure-%E2%80%93-echte-Profis). Dass die Schere dort existenzbedrohend auseinandergeht, spürt man allerorten – im ZDF-Beispiel waren es der SC Schaffrath und der FC Elmshorn. "In zehn Jahren gibt es viele Vereine wie uns nicht mehr", sagte der Vorsitzende des SC Schaffrath. Das ist zweifelsohne zu befürchten. Die zur Thematik interviewten Verbandsvertreter flüchteten sich derweil in Allgemeinplätze.

Zuvor hatte ich in der Folge „Englische Fans im Abseits“ aus der Reportagereihe „Verrückt nach Fußball“ noch einmal sehen können, wie dramatisch die Entwicklung in der englischen Premier League eigentlich verlaufen ist. Und was das für Konsequenzen aufgeworfen hat (http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1835192/Verrueckt-nach-Fussball-%25283%2529#/beitrag/video/1835192/Verrueckt-nach-Fussball-(3). Es war ein nachdenklicher Abend voller Wehmut und auch Furcht. Denn ein Leben ohne Fußball? Ohne Fan-sein? Unvorstellbar und vor allem schlicht und einfach nicht gewollt. Dafür ist das körperliche und emotionale Erlebnis "Fansein" viel zu umfassend und ganzheitlich, als dass ich darauf verzichten möchte. Da kann ich noch so viele Alpen- oder Andenpässen hochfahren, die Freude/der Schmerz, den ein eigenes Tor/ein Gegentor in der 91 Minute auslöst, ist einzigartig. Wer Meditationserfahrungen hat, weiß, wie herausfordernd es ist, einfach in der "Gegenwart" zu sein. Wer als Fan ins Stadion geht, der ist "einfach in der Gegenwart", blendet alles andere aus, sieht nur den Ball, seine eigene Mannschaft, die Hoffnung und die Angst. Was für ein großartiges Geschenk!

„Holt Euch das Spiel zurück“? Es wäre dringend nötig. Aber wenn wir ehrlich sind, illusorisch. "Unser" Fußball ist Geschichte. Da könnte ich genauso die Wiederbelebung der Originalbesetzung von "Marillion" (mit Fish!) fordern, einer Band, die mir einst sehr viel bedeutete und die mir heute völlig gleichgültig ist. Nichts bleibt stehen, und wer stehen bleibt, an dem fährt das Leben vorbei. Wobei zudem die Frage im Raum steht, wem das Spiel eigentlich gehört bzw. gehörte. Uns Fans ganz sicher. Aber ganz sicher eben auch nicht nur uns Fans. Fußball und Kommerz gingen früh eine innige Verbindung ein. Und auch in den 1970er und 1980er Jahren waren Weltmeisterschaften schon geprägt von irrwitzigem Kommerz, übelster Korruption und unter den Teppich gekehrten Verbandsskandalen. Damals hieß der Blatter übrigens Havelange.

Was hat sich geändert seitdem? Die Ebenen, die Dimensionen. Die WM 1982 ist für mich einer der tristen Tiefpunkte der WM-Historie. Da stimmte fast nichts. Bis hin zum zynischen Weltmeister Italien, der sich durch die Vorrunde quälte und im Finale auf ein deutsches Team traf, das sich wenig Meriten erworben hatte. Und doch war die WM vergleichsweise ein "Nischenprodukt", ließ Fußball nicht gleich das ganze Leben, das ganze Universum stillstehen. Claudio Catuogno schreibt heute in der "Süddeutschen" in seinem Kommentar: "Der Fußball ist so abartig groß geworden, dass alle an ihm zerren". 

2014 bietet eigentlich alle Möglichkeiten, denn mit Brasilien steht ein perfektes Gastgeberland bereit. Doch die Dimensionen, die der „große“ Fußball inzwischen eingenommen hat und in denen er durchgestylt ist, nehmen dem Turnier jede Würde, jede Spontanität, jede Fröhlichkeit. Spannend dürfte es werden, sollte Brasilien vorzeitig aus dem Turnier ausscheiden. Man wünscht es der FIFA, man fürchtet es für die Brasilianer. Denn dass es dann, wie 2010 in Südafrika, trotzdem fröhlich und leidenschaftlich weitergeht, ist nicht zu erwarten. 2010 war Afrika als Kontinent stolz, endlich eine WM ausrichten zu dürfen. 2014 gastiert das Turnier in einem Land, das keine WM braucht, um stolz auf sich und seinen Fußball zu sein. Und ein Land, das zornig ist und dessen Zorn mit dem Fußball unter dem Deckel gehalten werden soll.

Blatter und Co. haben zweifelsohne längst überzogen. Catuogno schreibt: "Der Fußball gehört allen, das macht ihn so mächtig, aber bei dieser WM eint er nicht, sondern er trennt". Doch auch für Blatter und Co gilt: wer stehen bleibt, den überholt das Leben. Insofern hat 2014 das Zeug zu einer Wendemarke im Fußball.

Also doch „holt Euch das Spiel zurück“? Ja verdammt, denn es ist doch schließlich ohnehin immer noch unser Spiel! Ohne uns verreckt die Kommerz- und Korruptionsmaschine zwangsläufig. Und außerdem ist Fußball doch viel mehr als das, was man uns in den nächsten vier Wochen vorsetzen/vorgaukeln wird. In Hamburg haben einige HSV-Fans nach der Ausgliederung mit dem HFC Falke einen neuen Verein gegründet. Vorbild England, Vorbild FC United of Manchester. Auch das ist Fußball. Denn der Fußball, das sind wir!

Holt Euch das Spiel zurück! Und genießt den Fußball bei der WM!

Mittwoch, 4. Juni 2014

Alle Tassen im Schrank? ETB Schwarz-Weiß Essen

 
Hoch lebe der 1. FC Köln! Das bringt mich jetzt vermutlich um ein paar Sympathien bei F95ern und/oder Gladbachern (habe ich Leverkusen-Fans an Bord?), doch es muss sein. Denn nur weil der 1. FC Köln in der vergangenen Woche zu einem freunds...chaftlichen Duell in die alte Grugastadt Essen gereist ist, gelangte der abgebildete Kaffee-Becher in meine Sammlung, in der ich schon seit längerem einen Platz für den Essener Turnerbund Schwarz-Weiß vorgesehen hatte.

Dirk Unschuld, wandelndes FC-Lexikon, Autor großartiger Bücher über den EffZeh und emsiger „gefällt-mir“-Klicker der „Tassen-Like-Liga powered by Hardy Grüne“, war der Glücksbote und ergatterte am Uhlenkrug dieses schöne Souvenir, das wenige Tage später – begleitet von zwei weiteren Schönheiten, deren Identität ich an dieser Stelle noch nicht verraten werde – bei mir eintraf. Danke, lieber Dirk, darauf ein gemeinsames Pils!

Mit dem ETB verbinde ich zunächst intensive persönliche Erfahrungen. 1975/76 spielte Göttingen 05 mit den Schwarz-Weißen gemeinsam in der 2. Bundesliga Nord. Beim Rückrundenspiel in Göttingen erfuhr ich seinerzeit zum ersten Mal von dieser grenzenlosen Ohnmacht, die einen Fußballfan erfasst, wenn der Schiedsrichter "gefühlt" nicht mit der eigenen, sondern mit der gegnerischen Mannschaft sympathisiert. 05 verlor mit 2:3, obwohl Manfred Zindel kurz vor dem regulären Ende aus 30 Metern das Leder zum 3:3-Ausgleich in die Essener Maschen gehämmert hatte – der Schiedsrichter, ein Herr W. aus - welch Skandal! - Recklinghausen, verweigerte dem Treffer wegen Abseits (!) die Anerkennung und transportierte mich damit erstmals in meiner noch jungen Fankarriere in dieses persönliche Tollhaus, in das einen nur der Fußball (und vielleicht noch die Frauen bzw. Männer ;-)) bringen kann. Zum ersten Mal stand ich damals jedenfalls mit drohender Faust und wutverzerrtem Gesicht am Spielerausgang und bekundete mein tiefes Missfallen über die Spielleitung des „Unparteiischen“. Kein Tag, auf den ich heute allzu stolz bin...

In der Folgesaison reiste ich zum ersten Mal mit 05 nach Essen. Der ETB spielte damals allerdings im heute längst abgerissenen Grugastadion und nicht am heimischen Uhlenkrug. Das hinderte mich nicht daran, Sympathien für die Schwarz-Weißen zu entwickeln, was vermutlich einerseits an der eher überschaubaren Kulisse lag, andererseits aber auch an den paar fröhlichen und aufgeschlossenen Heimfans, mit denen ich während der Partie Fan-Club-Aufnäher tauschte. ETB war nett, beschaulich, trist. So ein bisschen wie 05. Das gefiel mir. Das Spiel endete 1:1 und half weder den auf den Aufstieg hoffenden Essenern noch uns, die wir gegen den Abstieg spielten.

Für den ETB waren es die letzten großen Tage. Mit Einführung der 2. Bundesliga Nord hatte man im Essener Süden noch einmal die große Lust auf die Bundesliga bekommen. Für 1,4 Mio. DM war der Uhlenkrug an die Stadt verkauft und tüchtig investiert worden. Zweimal scheiterte das Team um Günter „Pommes“ Leufgen knapp am Relegationsplatz (1976, 1977). Dann war das Geld alle und die Zukunft wurde düster. 1978 gab der ETB freiwillig die Zweitligalizenz zurück und begab sich auf eine schleichende Talfahrt, die den Verein inzwischen in der Oberliga Niederrhein spielen sieht. Nur sporadisch gab es ein paar Höhepunkte und Hoffnungsschimmer für jenen Klub, der nach dem Zweiten Weltkrieg zumeist tief im Schatten von Lokalrivale RWE stand. 1980 verpasste der ETB als Vizemeister der Oberliga Niederrhein nur knapp die Aufstiegsrunde. Unvergessen dann das Jahr 1985, als man sich ein packendes Titelrennen mit RWE lieferte. Als die Mannen von der Hafenstraße das direkte Duell am Ostermontag 1985 vor 30.000 Zuschauern mit 3:1 gewannen, zerplatzten die Hoffnungen der Elf vom Uhlenkrug abermals.

Neun Jahre später verpasste Schwarz-Weiß sogar die Regionalliga West/Südwest und war erstmals nur noch viertklassig. Dank der famosen Jugendarbeit, aus der u.a. Oliver Bierhoff hervorgegangen war, durften die zunehmend weniger werdenden Fans am Uhlenkrug zwar weiterhin von einer Renaissance träumen, bekamen im Alltag aber zumeist Ernüchterndes serviert. 2008/09 der nächste Rückschlag, als es noch eine Etage tiefer in die fünftklassige NRW-Liga ging. Längst war der ETB zum Mythos geworden, der sich mit klammen Kassen und vor überschaubaren Kulissen gegen die lokale Übermacht des RWE stemmen musste. Als 2010 ein Überraschungserfolg im Niederrhein-Pokalfinale gegen den Rivalen aus Borbeck gelang, hatten finanzielle Probleme den Verein längst eingeholt. Seitdem herrscht Küchenmeister Schmalhans am Uhlenkrug, konnte man Anfang 2013 immerhin einen Insolvenzantrag nach einer erfolgreichen Spendenaktion zurückziehen, wandten sich jedoch weitere Zuschauer und Fans von dem Klub ab, wurde der altehrwürdige Uhlenkrug allmählich zum Biotop. „Die SWE-Tasse war übrigens so ‚blass‘. Vermutlich hat sie etwas Uhlenkrug-Patina angenommen...“ kommentierte mein Kölner Tassen-Lieferant treffend den Zustand des ETB-Gefässes und des ETB…

Auch wenn es bitter ist: Schwarz-Weiß Essen dürfte einer dieser einst mächtigen Klubs sein, für die der Zug dauerhaft „abgefahren“ ist. Vor dem Ersten Weltkrieg waren die „Lackschuhträger“ aus dem schicken Essener Süden unumstrittene lokale Nummer eins und sogar eines der spielstärksten Teams in Westfalen. Doch schon in den 1920er Jahren verdrängten Arbeiterteams wie BV Altenessen und Schalke 04 die „Turner“ von der Spitze. Nach dem Krieg holte eine legendäre Mannschaft um Horst Trimhold 1959 dann noch den DFB-Pokal an den Uhlenkrug (5:2 im Finale gegen Borussia Neunkirchen), ehe 1967 mit der gescheiterten Teilnahme an der Aufstiegsrunde zur Bundesliga jene letzte große Ära begann, die 1978 mit dem erwähnten freiwilligen Abstieg aus der 2. Bundesliga endete.

Ein Jahrhundert Fankultur in Deutschland

Gleich eine ganze Seite widmete "Reviersport" in seiner aktuellen Ausgabe meiner kleiner Bilderreise durch ein Jahrhundert Fankultur in Deutschland am letzten Samstag im "Anno 1904" auf Schalke!
 


 

Freitag, 30. Mai 2014

Rezension: Buenos Aires - Welthauptstadt des Fußballs

Buenos Aires. Die Welthauptstadt des Fußballs

Wenige Wochen vor der Fußball-WM in Brasilien rückt der Fokus zunehmend nach Südamerika. Vor allem die dortige Fankultur wird mit einer Mischung aus Bewunderung und Argwohn beobachtet. Südamerikanische Fußballfans leben ihre Leidenschaft mit einer Intensität, die selbst deutsche Ultra-Gruppe vor Neid erblassen lässt.

Die wohl feurigsten Fans weist Argentinien und vor allem die argentinische Hauptstadt Buenos Aires auf. Dort hat der Berliner 11Freunde-Fotograf Reinaldo Coddou seinen zweiten Wohnsitz, und dort hat der Arminia-Bielefeld-Fan auch sein Fußballherz verloren. Nun legte er mit „Buenos Aires. Die Welthauptstadt des Fußballs“ einen Bildband auf, der die ganze Faszination - und den ganzen Wahnsinn - um die Fußball- und Fankultur in Buenos Aires widerspiegelt.

Auf 320 Seiten finden sich 250 Fotografien, die den besonderen Blick Coddous unterstreichen. Der Wahl-Berliner weiß, wo das Fanherz schlägt, und er hat das seltene Geschick, die besonderen Momente im Fandasein mit der Kamera einzufangen. Damit transportiert er die Liebe der Argentinier zum Fußball und vor allem zu ihren Vereinen, von denen es im Großraum Buenos Aires gleich ein ganzes Bündel gibt. 60 Vereine weist der Autor in der beigefügten Übersichtskarte für die ersten vier Spielklassen aus – nirgendwo sonst gibt es eine vergleichbare Dichte an Profivereinen und Stadien. Die meisten von ihnen hat Coddou für seinen Bildband besucht.

Häufig geht das Flair der Vereine von ihren Stadien aus, die in einem mehr oder weniger guten Zustand sind. Coddou zeigt uralte Holztribünen voller Charisma, flüchtig verputzte Wände mit Pissrinnen, moderne Arenen mit VIP-Logen. Das macht Lust auf Entdeckungen und lässt einen im Internet rasch mal nach günstigen Flügen in die argentinische Hauptstadt googeln. Aber Coddou fängt auch die düstere Seite des Fußballs in Argentinien ein. Gewalt ist dort an der Tagesordnung. Und so zeigen seine Bilder wutverzerrte Fangesichter, Spieler, die unter Polizeischutz das Spielfeld verlassen, stacheldrahtbewehrte Spielfeldzäune. Der tägliche Wahnsinn des argentinischen Fußballs eben.

Eine herrliche Bilderreise, die eine emotionale Annäherung an Argentiniens Fußballkultur erlaubt. Einziges Manko: Der Textanteil ist (zu) knapp gehalten, und manchmal wünscht man sich erläuternde Texte zu den großartigen Fotografien.

Reinaldo Coddou H.

Buenos Aires

Die Welthauptstadt des Fußballs

320 Seiten, 250 Farbfotografien

ISBN 978-3-95680-005-4

26,80 Euro, Spielmacher

Montag, 26. Mai 2014

Aufsteiger in die Oberligen 2014/15



Ist die Abstiegsfrage in vielen Ligen aufgrund von Rückzügen und ungeklärten Lizenzen schon kompliziert, ist die Aufsteigerfrage ungleich komplizierter. In Schleswig-Holstein darf eine Spielgemeinschaft nicht hoch, in Hessen-Süd will der Meister nicht aufsteigen und in Sachsen streitet man sich um die ordnungsgemäße Abgabe der Anmeldung. Nachstehend die bereits feststehenden Aufsteiger bzw. (in Klammern) die Vereine, die Stand heute (26.5.2014) noch im Rennen liegen - alles nach besten Wissen und Gewissen, Korrekturen/Erläuterungen/Ergänzungen sind sehr willkommen.

Schleswig-Holstein-Liga (4-5 Aufsteiger)
Nord-West: FC Angeln 02
Nord-Ost: TSV Bordesholm
Süd-West: SV Henstedt-Ulzburg (FC Reder-Puls darf als Spielgemeinschaft nicht)
Süd-Ost: Eutin 08

Oberliga Hamburg (2 Aufsteiger)
Hammonia: (Aufstiegsrunde) (Meister VfL 93 Hamburg verzichtet)
Hansa: Buxtehuder SV

Bremen-Liga (2 Aufsteiger)
LL Bremen: TSV Grolland, Leher TS

Oberliga Niedersachsen (4 Aufsteiger)
Weser-Ems: SC Spelle-Venhaus
Lüneburg: Teutonia Uelzen
Braunschweig: FC Eintracht Northeim
Hannover: SV Arminia Hannover

NOFV-Oberliga Nord (3 Aufsteiger)
Mecklenburg-Vorpommern: SV Waren 09
Berlin: (Hertha Zehlendorf oder Tasmania Berlin)
Brandenburg: SV Germania Schöneiche

NOFV-Oberliga Süd (3 Aufsteiger)
Sachsen-Anhalt: TV Askania Bernburg, (Meister BSV Halle-Ammendorf verzichtet)
Sachsen: RB Leipzig II, FC Eilenburg (fraglich*)
Thüringen: FC Eisenach
*Der Spielausschuss des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV) muss die Bewerbung des FC Eilenburg (Zweiter in Sachsen) ablehnen, weil der Verein die Unterlagen nicht fristgerecht eingereicht hat. Andererseits behauptet der FC Eilenburg, alles fristgerecht auf elektronischem Wege abgeschickt zu haben. Dafür habe er auch eine – elektronische – Bestätigung. Beim NOFV jedoch lagen die Unterlagen am Stichtag nicht vor. Sollte Eilenburg scheitern, rückt der Berliner Vertreter nach. Warum Berlin? Innerhalb des NOFV hat Sachsen das erste Zugriffsrecht, weil der Verband die meisten Mannschaften im Erwachsenenbereich vorweisen kann. Auf Platz zwei folgt Berlin.

Oberliga Westfalen (2 Aufsteiger)
Westfalenliga 1: SuS Stadtlohn
Westfalenliga 2: (Aplerbecker SC 09 Dortmund)

Oberliga Niederrhein (3 Aufsteiger)
Landesliga 1: Verein der Sportfreunde Nievenheim
Landesliga 2: VfR Krefeld-Fischeln
Landesliga 3: 1. FC Bocholt

Mittelrheinliga (5 Aufsteiger. Meister und Vizemeister + 3. mit besserem Punkteschnitt)
Landesliga 1: FC Hürth, VfL Leverkusen
Landesliga 2: TSV Hertha Walheim, FC Bergheim 2000
Aufgrund der bereits erklärten Zurückziehung der U23 von Bayer Leverkusen zum Saisonende aus der Regionalliga West (Absteiger aus der Regionalliga West) und dem bereits erklärten Verzicht auf das Startrecht in der Mittelrheinliga in der Saison 2014/15 erhöht sich lt. den Durchführungsbestimmen 2013/14 Ziffer III. und dem Präsidiumsbeschluss vom 10.06.2013 die Anzahl der Aufsteiger aus der Landesliga auf 5 Vereine. Der beste Tabellendritte der beiden Landesligen steigt nach der Quotientenregelung in die Mittelrheinliga auf

Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar (4 Aufsteiger)
Rheinland: SpVgg Eintracht Glas Chemie Wirges
Südwest: TSV Schott Mainz
Saarland: SV Saar 05 Saarbrücken
+ Sieger der Aufstiegsrunde zwischen den VL-Zweiten:

Hessenliga (3 Aufsteiger)
Nord: 1.FC Schwalmstadt
Mitte: TSV Steinbach
Süd: (TS Ober-Roden oder SpVgg 05 Oberrad) (Meister VfR Bürstadt verzichtet)

Oberliga Baden-Württemberg (4 Aufsteiger)
Nordbaden: (SV Kickers Pforzheim, FC Germania Friedrichstal, TSV Reichenbach oder FC Astoria Walldorf II)
Südbaden: Freiburger FC
Württemberg: (FSV 08 Bissingen, VfR Aalen II oder Göppinger SV)
+ Sieger der Aufstiegsrunde zwischen den VL-Zweiten

Bayernligen Nord, Süd (mind. 5 Aufsteiger, Relegation Vizemeister)
Nordwest: SpVgg Ansbach
Nordost: TSV Neudrossenfeld
Mitte: 1.FC Bad Kötzting
Südwest: TSV Landsberg
Südost: TSV Dachau
+ evtl. weitere Aufsteiger durch die Relegation

Insolvenzticker: SV Wilhelmshaven

Um den norddeutschen Regionalligisten SV Wilhelmshaven drehen sich eine Menge Fragen.

Sportlich ist man am Wochenende (theoretisch) abgestiegen (sollte Wolfsburg II in die 3. Liga aufsteigen, reicht es doch zum Klassenerhalt). Nun hat der NordFV dem Klub zudem die Regionalligalizenz verweigert, womit auch der Nachrückfall ausgeschlossen sein müsste.

Wie es weitergeht für die Jadestädter ist völlig offen. Die FIFA-Forderung, den Verein mit Zwangsabstieg zu bestrafen, dürfte mit dem sp...ortlichen Abstiegs kaum erfüllt sein. Und weil die Lizenzverweigerung für die Regionalliga aus wirtschaftlichen Gründen erfolgte und nichts mit der FIFA-Regelung zu tun hatte, müsste sich eigentlich auch das Szenario des "Nachrückens für Wolfsburg und dann zwangsabsteigen" erledigt haben.

Der Niedersächsische FV hat dem Verein übrigens bereits eine Lizenz für die Oberliga Niedersachsen erteilt - allerdings mit Vorbehalten. Der "Fall Wilhelmshaven" dürfte also auch in den nächsten Tagen noch für Aufregung und Diskussion sorgen, zumal vom Schicksal des SVW auch das anderer Vereine (Stichwort Oberligaabsteiger) abhängt.

http://www.snoa.de/index.php/fussball-herren/83-regionalliga_nord/news/133481/SV_Wilhelmshaven_erhaelt_keine_Zulassung.html

Mittwoch, 21. Mai 2014

Freitag, 23. Mai: "Wenn Spieltag ist" in Göttingen

Am Freitag, den 23. Mai gastiere ich mit "Wenn Spieltag ist. Ein Jahrhundert Fußball-Fankultur in Deutschland" im "Heimspiel" in Göttingen!

Anpfiff ist um 19.05 Uhr im FanRaum Obere Masch 10, Göttingen.


Wenn Spieltag ist. Ein Jahrhundert Fußballfankultur in Deutschland.
 Fankultur gibt es in Deutschland, seit es Fußball gibt. Einst trugen die Zuschauer sittsam Sakko, Krawatte und Hut. Dann separierten sich Fans und Zuschauer, wurden die Stadien bunter, kamen erst die Kutten und dann die Hooligans. Heute ist Fußball beliebt wie nie zuvor, geben Ultras den Takt in den Kurven vor, ist jeder irgendwie ein bisschen „Fan“.

Hardy Grüne, Autor des Buches „Wenn Spieltag ist. Fankultur in der Bundesliga“, geht auf eine spannende Bilderreise durch ein Jahrhundert Fußballfankultur in Deutschland und erzählt, wie sich die Fußballzuschauer immer wieder veränderten und den Zeitläufen anpassten. Popkultur und Jugendbewegung, Halbstarke und rechte Gewalt, Gesangskulissen und Bengaloexzesse, exzessive Vermarktung und Traditionalismus –der Fußball bot und bietet seinen Fans vielfältiges Diskussions- und Streitpotenzial."

Mittwoch, 7. Mai 2014

3. Mai 2014. Ein Tag zwischen Hölle und Himmel


Ich habe ja schon einiges mitgemacht in meiner Laufbahn als Fußballfan, aber das, was ich am vergangenen Samstag mitmachen musste bzw. durfte toppt alles bislang Dagewesene.


Es dürfte allgemein bekannt sein, dass ich neben meinem Heimatverein Göttingen 05 auch dem englischen Klub Bristol Rovers sowie dem bretonischen Verein En Avant Guingamp Plätze in meinem Herz eingeräumt habe. Beide Verbindungen sind bereits mehr als zwei Jahrzehnte alt, kamen einst aus persönlichen Gründen zustande (in der Nähe von Bristol lebte ich eine Zeitlang, in der Nähe von Guingamp arbeitete ich eine Zeitlang) und wuchsen mir über die Jahre sehr ans Herz.

Am Samstag nun hatten beide Mannschaften entscheidende Spiele vor der Nase. Die Rovers mussten im Heimspiel gegen Mansfield Town noch mindestens einen Punkt erringen, um nicht aus Division 2 und damit der Football League abzusteigen, Guingamp traf im Finale um den französischen Landespokal im Stade de France auf Stade Rennes. Mich führte der Weg nach Paris, denn ein Pokalfinale verpasst man natürlich nur ungerne. Schon 2009 war ich im Stade de France dabei gewesen, als die Guingampais – damals als Zweitligist - gegen eben jenen Gegner von 2014, also Stade Rennes, mit 2:1 gewonnen und damit erstmals den Coupe de France in die Nordbretagne geholt hatten. Anschließend ging es in der Europa League zum Hamburger SV.

Anpfiff des Endspiels war um 21 Uhr. Vorher war also reichlich Zeit, die Emotionen und Hoffnungen nach Bristol zu lenken, wo die Rovers vor ausverkauftem Haus um ihr Überleben in der Football League stritten. Eine Bekannte versorgte mich per SMS direkt aus dem Memorial Stadium von den Ereignissen. Es begann gut, denn kaum hatte ich den Nahverkehrszug, der mich von meinem Campingplatz nördlich von Paris zum Stade de France brachte betreten, kündete ein „plink“ vom 0:1-Rückstand Northamptons – es lief also für meine „Pirates“. Doch der Nahverkehrszug hatte seine halbstündige Reise noch nicht beendet, da zerstörten weitere „plinks“ die Zuversicht. Wycombe führte in Torquay, Northampton drehte den Rückstand zur Halbzeit in eine 2:1-Führung und die Rovers lagen hinten. Noch 45 Minuten zu spielen, und der Abstieg war plötzlich bitter nah. Die zweiten 45 Minuten waren eine Tortur. Während ich mit rund 40.000 siegeshungrigen Guingampais zum Stade de France marschierte, umklammerte ich mein Handy und wartete sehnsüchtig auf das nächste „plink“, das mir den rettenden Ausgleich verkünden würde. Allein: es kam nicht. Als es 17.45 Uhr war und in England abgepfiffen wurde, dämmerte mir allmählich, dass das Unvorstellbare eingetreten war. Kurz darauf kam die Bestätigung, auf drei Kanälen gleichzeitig: relegated.

Umringt von fröhlich singenden Guingampais stand ich unter Schock. Abstieg ist ja schon schlimm, aber Abstieg aus der Football League? Nach 94 Jahren ununterbrochener Zugehörigkeit? Und ausgerechnet jetzt, wo nach 20 Jahren des Wartens endlich ein neues Stadion für die Rovers gebaut werden soll? Während ich in lähmender Schockstarre verharrte, blickte ich in die fröhlichen Gesichter bretonischer Freunde, die mich voller Zuversicht auf einen positiven Ausgang des Pokalfinales – allgemein ausgemachter Treffpunkt war 18 Uhr - begrüßten. Während ich mich fragte, in was für einen Horrorfilm ich da reingeraten war. Denn wie soll man jubeln, wenn man weinen möchte? Und wie soll man weinen, wenn man jubelt? Die brutale zeitliche Kollision von der Schocknachricht aus England und der quasi zeitgleich einsetzenden allgemeinen Vorfreude auf das Finale war schlicht zerreißend. Verzweifelt warf mich an die Schultern befreundeter Guingampais, erzählte von meinem Leid, hörte mir tröstende Worte an. Doch wie sollte mich jemand wirklich verstehen? War ich aus ihren Augen nicht schon verrückt genug? Ein Deutscher, der wegen Guingamp nach Paris fährt? Und nun weint der auch noch wegen, „wen bitte?“, Bristol Rovers? „In welcher Klasse spielen die“, fragten einige. „Bislang vierte Liga, nun fünfte“, antwortete ich mit stockender Stimme – dafür immerhin bekam ich dann ein paar mitleidsvolle Blicke.


Ich will es kurz machen: die ohnmächtige Trauer über den nicht mehr erwarteten Abstieg – nicht einmal hatten die Rovers zuvor im Saisonverlauf auf einem Abstiegsplatz gestanden! – hielt den ganzen Abend über an. Nur langsam ließ ich mich mitreißen von der Pokalfinalstimmung und gab mich schließlich leicht widerwillig und zugleich mit vollem Herzen dem berauschenden Gefühl hin, mit der eigenen Mannschaft im Pokalfinale zu stehen. Das wiederum war im Grunde genommen ebenfalls unfassbar. 2010 war ich mit Guingamp noch zu Drittligaspielen gereist. Alfortville, Plabennec, Bayonne etc. hatten die Gegner damals geheißen. 2011 dann die Rückkehr in Ligue 2 und 2013 sogar die in Ligue 1. Beim entscheidenden 1:0 über Ajaccio in Gueugnon, wo Ajaccio wegen Platzsperre hatte spielen müssen, war ich seinerzeit vor Ort gewesen. Wider erwarten schlugen sich die Nordbretonen 2013/14 in der erste Liga prima, wenngleich der Klassenerhalt noch nicht in trockenen Tüchern ist. Und im Pokal hatten sie Losglück. Unterklassige Gegner bis zum Halbfinale, wo mit Monaco einer der beiden „Großen“ in Frankreich geschlagen wurde. Damit war das dritte Pokalfinale nach 1997 (Elfmeterschießen-Niederlage gegen Nizza) und 2009 (das erwähnte 2:1 gegen Rennes) erreicht – das „kleine gallische Dorf“ hatte mal wieder zugeschlagen.

Guingamp passt in der Tat bestens in die Legende vom „kleinen gallischen Dorf“. Die Stadt liegt in der Nordbretagne im Departement Côtes d’Armors (22), ungefähr zwischen Brest und Rennes und damit genau in dem Kreis, der in jedem Asterix von der Lupe hervorgehoben wird. Keine 8.000 Einwohner zählt die Kernstadt, und das Departement ist von Landwirtschaft geprägt. Dass ein Teil der Fans allerdings per Treckerkorso nach Paris gefahren sein soll (http://www.11freunde.de/artikel/ein-trecker-convoy-zum-franzoesischen-pokalfinale), war dann doch eine Ente à la “Postillon“, auf die aber u.a. die „11 Freunde“ hereinfielen. Wenige Tage vor dem Finale hatte eine französische Satirezeitung übrigens bereits gemeldet, Bretonen dürften das Stade de France am Finaltag wegen der anhaltenden Bauernproteste nicht betreten – auch das hatten einige für bare Münze genommen. In Guingamp kokettiert man freilich gerne mit seinem „Dorfimage“ und ruft fröhlich „Les Paysans sont de retour“ – „Die Bauern sind zurück“. Bei meinem diversen Besuchen vor Ort habe ich im Stadtgebiet von Guingamp allerdings noch nie einen Trecker fahren sehen – das nur so nebenbei (statt dessen gibt es in Guingamp sogar Verkehrsampeln!).

Wie 2009 lautete das Pokalfinale Guingamp gegen Rennes und war damit erneut ein rein bretonisches. Rennes ging mit Schaum vor dem Mund in die Partie. Die Niederlage von 2009 schmerzte noch immer, und 2013 hatte man im Finale gegen Sochaux verloren. Im dritten Finale binnen fünf Jahren sollte es 2014 nun endlich klappen für einen Verein, der von seiner Geschichte, seiner Bedeutung, seiner finanziellen Ausstattung und seinem Spielermaterial gegenüber Guingamp deutlich im Vorteil war. Allerdings gilt Guingamp seit Jahren als Angstgegner der Rennais – beide Ligaspiele 2013/14 gingen mit 2:0-Siegen für die Costamoricains aus.

Die Stimmung im Umfeld des Stade de Frances war großartig und außerordentlich fröhlich. Polizei und Sicherheitskräfte waren zwar reichlich anwesend, konnten sich aber gemütlich zurückhalten. Beide Fangruppen hegen Respekt voreinander, und als gemeinsames Feindbild gilt Stade Brest. So kam es vor dem Spiel zwar zu Frozzeleien auf beiden Seiten, doch ebenso häufig stellte man sich auch für gemeinsame Bilder auf. Natürlich immer unter der verbindenen Fahne der Bretagne. „Und am Ende gewinnt die Bretagne“, hatte ein Rennes-Fan auf sein T-Shirt geschrieben, während ein Vater seinem kleinen Sohn – beide in Guingamp-Kleidung - erklärte: „die sind zwar heute unsere Gegner, aber zuerst sind es auch Bretonen“.

Die 80.000 Plätze im Stade de France waren etwa zur Hälfte mit Anhängern beider Lager besetzt. Wenn mich meine Augen nicht täuschten, dann waren es sogar ein paar mehr Guingampais als Rennais, denn neben der Südkurve gehörte auch die Gegengerade fast komplett den Nordbretonen, während auf der Hauptgeraden Ehrentribüne und Pressetribüne „fanfrei“ waren. Unter den Guingampais waren auch eine Handvoll Auxerre-Anhänger, deren Mannschaft im Vorspiel um den Jugendpokal gegen Stade Reims gespielt und gewonnen hatte. Auxerre und Guingamp pflegen seit vielen Jahren eine freundschaftliche Fanbeziehung.

Wie 2009 ertönte vor der französischen Nationalhymne die bretonische Hymne, doch ungleich 2009, als die 80.000 bei der bretonischen Hymne mitsangen und bei der Marseillais schwiegen, wurde diesmal auch die französische Hymne mitgeträllert – vereinzelt waren sogar ein paar Tricolore-Fahnen unter den rot-schwarzen (Guingamp und Rennes) bzw. schwarz-weißen (Bretagne) Tüchern zu sehen. Beide Kurven präsentierten vor dem Anpfiff eindrucksvolle Choreografien, wobei die der Guingampais nach Einschätzung der Medien als beeindruckender empfunden wurde. Über drei Ränge hinweg leuchtete in der Südkurve „Gwengamp 1912“ (Gwengamp ist die bretonische Schreibweise von Guingamp), während Rennes sich mit einem schlichten schwarz-weiß-roten Banner zeigte. „Guingamp gewinnt auch auf den Tribünen“, schrieb die L’Équipe“ Tags darauf, „es waren die Costamoricains, die den Abend animierten“.

Zum Spiel will ich gar nicht so viel sagen, das kann anderswo nachgelesen werden. Zu meiner Freude ergriffen die Guingampais von Beginn an die Initiative und schnürten Rennes regelrecht in den eigenen Strafraum ein. Mit einer beeindruckenden Präsens und Siegesmentalität dominierte Guingamp die erste Halbzeit nahezu im Alleingang und ging hochverdient mit einer 1:0-Führung in die Pause. Kaum war der Wiederanpfiff ertönt, erhöhte Yatabaré quasi mit dem ersten Spielzug auf 2:0 und schockte die Rennais damit endgültig. Während Guingamp jederzeit Herr der Lage war und mit der 2:0-Führung im Rücken defensiv nichts anbrennen ließ, fiel Rennes absolut nichts ein, und unsere Furcht, dass ein 2:1 das Spiel noch einmal öffnen könnte, war unnötig. Es war ein fast „leicht“ herausgespielter Sieg, und was die Rennes-Fans von der Leistung ihrer Mannschaft hielten zeigten sie am nächsten Tag, als sie ihr Team beim Training zur Rede stellten. Verständlich nach der dritten Finalpleite binnen fünf Jahren und einer Vorstellung, die an einen eingeschüchterten Hasen erinnerte.

Nach dem Schlusspfiff übernahm viel zu schnell die Stadionregie das Kommando und tötete die fröhliche Jubelstimmung mit brutal aufgedrehter Musik und einem straffen Feierkorsett ab. Ich werde es nie verstehen. 40.000 Menschen singen fröhlich und feiern ihren Mannschaft. Niemand muss diese Menschen animieren, der Jubel kommt aus ihnen selbst heraus. Und doch knallt die Stadionregie irgendwelche nichtssagenden Popsongs ins Rund, um „Stimmung“ zu erzeugen. Werden „Ici, c’est Guingamp“ und „Merci Guingamp“-Gesänge vom scheinbar unverzichtbaren „We are the champions“ in ohrenbetäubender Lautstärke abgetötet. Es sind Momente wie dieser, die mich am Fußball verzweifeln lassen und einen Impuls in mir auslösen, damit nichts mehr zu tun haben zu wollen. Der ganze inszenierte Pomp gipfelte in einem mit halbstündiger Verspätung ausgelöstem Feuerwerk, bei dem man den Eindruck hatte, für die Veranstalter war dies der eigentliche Höhepunkt des Abends – und nicht etwa das Spiel. Warum braucht es ein Feuerwerk am Ende eines Fußballspiels?

Als unangenehmer Nebeneffekt ergab es sich zudem, dass unmittelbar nach der letzten Rakete – inzwischen war es weit nach Mitternacht – alle Zuschauer gleichzeitig aus dem Stadion strömten und auf den Abmarschwegen absolut kein Durchkommen mehr war. Da mein letzter Zug ziemlich zeitig fuhr, geriet ich sogar noch einmal tüchtig ins Schwitzen und konnte über die Organisation eigentlich nur den Kopf schütteln – nicht auszudenken, wenn es da zu einer Panik gekommen wäre. Aber dann wären vermutlich „Chaoten“ Schuld gewesen, hätte die hochbewaffnete Polizei „durchgegriffen“…

Dann war er vorbei, dieser 3. Mai 2014, ein Tag, der sich für mich für immer als der Tag zwischen Hölle und Himmel eingebrannt hat. Ein Tag, an dem ich erst in die „Conference“ abstieg und dann den Pokal gewann. Verrückt, was der Fußball so alles mit einem anstellen kann. Nicht zuletzt deshalb wird 2013/14 als eine (hoffentlich) einzigartige Saison in meine Biografie eingehen. Denn neben dem Pokalsieg mit Guingamp und dem Abstieg mit den Rovers steht da auch noch das irrlichternde Dasein von Göttingen 05, jenem Verein, von dem ich mich nach fast 40 Jahren abgewandt habe. Ein zuvor gänzlich undenkbares Szenario, und doch aufgrund der Entwicklung beim neugegründeten I. SC 05 in meinen Augen unvermeidlich.

Nun hoffe ich, dass wenigstens der Super-GAU verhindert wird und Guingamp am 17. Mai im letzten Saisonspiel den Klassenerhalt wird feiern können. Ich werde jedenfalls live dabei sein beim Schlussspiel gegen Olympique Marseille im Stade Vélodrome.

La Coupe est à nous - Rovers till I die!

P.S.: wer etwas mehr über die Hintergründe des Abstiegs der Rovers erfahren möchte - ein Birmingham-City-Fan mit Sympathien für die Pirates hat das in einem Blogbeitrag ganz ausgezeichnet getan! Hinzuzufügen gibt es da eigentlich nur noch, dass das Stadion gemeinsam mit der University of Wstern England (UWE) gebaut und betrieben wird, das finanzielle Risiko als nur zur Hälfte in den Händen des Vereins liegt. Hier geht's zu dem Artikel (auf Englisch): http://nattubes.wordpress.com/2014/05/05/a-horrible-day-for-bristol-rovers/