Pokaltage sind immer schön. Vor 30 Jahren reiste der BSC Brunsbüttel zur Frankfurt Eintracht.Hier eine kleine Erinnerungsreise aus meiner Feder im Sport-Wochenblatt "Nordsport".
Die 1970er und frühen 1980er Jahre waren die Glanzzeiten des BSC Brunsbüttel. Seinerzeit wollte man über die Landesgrenzen hinaustreten und visierte das norddeutsche Fußball-Oberhaus an. 1973 stand der BSC in der Aufstiegsrunde zur Regionalliga Nord (nur ein Sieg, Platz 3) und verpasste 1974 knapp die Qualifikation zur Oberliga Nord.
Es folgte eine turbulente Phase mit dem zwischenzeitlichen Abstieg in die Verbandsliga, ehe mit Wolfgang Tiede ein Mann die Übungsleitung als Spielertrainer übernahm, der den Brunsbüttler Fußballtanker wieder auf Kurs brachte. Abwehrorganisator Tiede, ein Liebhaber dicker Zigarren und guten Whiskeys, führte die Blau-Roten 1977 zurück ins Landesoberhaus und feierte 1981 mit einem 4:2-Finalsieg über den TSV Kappeln den Gewinn des Landespokals. Damit verbunden war der Einzug in den DFB-Pokal, wobei es Glücksgöttin Fortuna nicht sonderlich gut meinte, denn mit Eintracht Frankfurt erhielt man zwar einen attraktiven Bundesligisten zugelost, doch die Reise ging an den Main.
Vergeblich versuchten die Verantwortlichen, die Hessen zu einem Platztausch zu bewegen. 35.000 DM forderte die Eintracht dafür – zuviel für den BSC, der das Risiko scheute. „Mehr als 200 Brunsbüttler werden sich wohl nicht auf den weiten Weg machen“, resümierte die Klubleitung traurig.
Die BSC-Kicker trafen auf einen hochmotivierten Gegner. Drei Tage zuvor waren beim 2:0 der Eintracht über Nürnberg lediglich 18.234 Zuschauer registriert worden, und in Frankfurt „brannte der Baum“: „Alles Lamentieren hilft nichts. Wir müssen weiterhin nicht nur gut sondern weiterhin auch erfolgreich spielen“, forderte Vorstopper „Charly“ Körbel und mahnte gegen die Amateure vollen Einsatz an. „Da müssen wir für unser kritisches Publikum etwas tun und den Jungs aus Brunsbüttel die Bude vollhauen. Mit einem 2:0 wären unsere Zuschauer sicher nicht zufrieden“.
Ganze 2.833 Zahlende ließen sich von Körbels Worten anlocken und füllten das Waldstadion nur zu einem Buchteil. Unter ihnen handgezählte 40 BSC-Anhänger, die per Bus den weiten Weg angetreten hatten. Illusionen machten sie sich nicht. Ein Tor für die eigene Elf wäre schön, hieß es. „Und nicht untergehen“, wie auch Spielertrainer Thiede hoffte. Für Thiede war es ein besonderes Spiel, hatte er doch einst in der Bundeswehrauswahl an der Seite des Frankfurters „Dr. Hammer“ Bernd Nickel gestanden.
Der Außenseiter legte einen rasanten Start hin. In der „Frankfurter Rundschau“ heißt es: „Artig hatten die Schlachtenbummler aus dem Städtchen an der Elbmündung per Transparent den Pokalsieger Eintracht gegrüßt, artig sich ihre Mannschaft selbst vor den leeren Rängen der Gegentribüne verbeugt, doch nach dem Anpfiff war alles etwas anders. Die wenigen Fans des schleswig-holsteinischen Amateur-Zweitligisten inszenierten ein ganz ordentliches Spektakel, und ihre Recken auf dem Rasen ließen die hochbezahlten Profis spüren, dass Respekt und Verzagtheit zwei verschiedene Schuhe sind. Mit einer Attacke der Gäste über ihren Kapitän und Linksaußen Ladiges, der Sziedat einen Beinschuss verpasste und dann den Ball zu Rechtsaußen Rohwedder flankte begann die Partie. Hätte sich Eintracht-Torhüter Pahl nicht mit einer riskanten Parade vor die Füße geworfen, so wäre wohl das Führungstor für den Pokal-David gefallen“.
Während die Brunsbüttler Amateure noch mit ihrem Schicksal haderten, schlug die Eintracht eiskalt zu. Sieben Minuten später versetzte Nachtweih BSC-Keeper Walter Berger und brachte den Favoriten in Führung. Die Tiede-Elf verschanzte sich fortan vor dem eigenen Strafraum und versuchte, die Niederlage in Grenzen zu halten. Und das gelang den aufopferungsvoll kämpfenden Mannen um Rüdiger „Didi“ Böttger. Zwar erhöhten Anthes, Nickel und Pezzey bis zum Seitenwechsel auf 4:0, schraubte Borchers den Spielstand acht Minuten nach Wiederanpfiff gar auf 5:0, doch als Torsten Rohwedder in der 73. Minute eine schöne Flanke von Ladiges per Kopf zum Brunsbüttler Ehrentreffer im Frankfurter Netz unterbrachte, war der Jubel beim BSC groß.
Werner „Beinhart“ Lorant sorgte schließlich per Elfmeter für den Schlusstand von 6:1, der auf Brunsbüttler Seite Zufriedenheit auslöste. „Mir brummt vielleicht der Schädel, die Oberschenkel und die Hände brennen von diesen Geschossen“, strahlte der 31-jährige BSC-Schlussmann Berger und ließ sich von den mitgereisten Fans mit „Berger für Deutschland“ feiern. „Pezzey, Nickel, Borchers und Nachtweih mal aus der Nähe zu sehen, das ist schon ein großes Erlebnis“, schwärmte Berger.
Es war Auftakt einer unvergessenen Saison in der BSC-Fußballhistorie. Beflügelt vom guten Pokalauftritt erreichte der BSC im weiteren Saisonverlauf die Aufstiegsrunde zur Oberliga Nord und träumte erneut von der Drittklassigkeit. Doch als es in den Aufstiegsspielen gegen Hummelsbüttel, Olympia Wilhelmshaven und die SFL Bremerhaven nur zum letzten Platz reichte, endete das Brunsbüttler Fußballhoch und für den BSC begann eine weniger glanzvolle Ära.
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