Morgen kommt "Tante Hilde" zu Besuch nach Göttingen. Nachstehend meine kleine Hommage für unsere Stadionzeitung an den VfV Borussia 06 Hildesheim, der sich morgen ab 15 Uhr in die Geheimnisse des Fußballs einweihen lässt.
So ist das manchmal mit guten Freunden: Erst zieht man Ewigkeiten gemeinsam ums Eck, dann verliert man sich völlig aus den Augen und erkennt sich kaum wieder, wenn man sich nach Jahren erneut gegenübersteht.
So dürfte es sowohl unserem heutigen Gast VfV Borussia 06 Hildesheim als auch uns vom RSV 05 gehen. Das Pokalspiel vor einigen Wochen mal ausgenommen trafen die heutigen Gegner zuletzt 2002/03 aufeinander.
Und schon damals war es ein Revival-Treffen, denn die Zeiten, als sich VfV und 05 regelmäßig zu Fußballspielen trafen, liegen noch viel weiter zurück. In den wilden 1960er Jahren gab es hitzige Derbys in der Regionalliga Nord, ehe „Tante Hilde“, wie der VfV gerne genannt wurde, ab 1967 auf eine traurige Tournee durch unterklassige Ligen ging.
Nun aber zum heutigen Spiel, in dem sich zwei Klubs gegenüber stehen, denen ihre turbulente Geschichte anzusehen ist. Über den Wandel vom 1. SC zum RSV 05 muss nichts gesagt werden. Aus dem VfV wurde derweil der VfV Borussia 06, und das ist insofern pikant, als es einen Zusammenschluss zweier zwar benachbarter aber nicht gerade befreundeter Vereine bedeutete.
Der VfV datiert aus dem Jahr 1945 und transportiert mit seinem Namen – Verein für Volkssport – die Situation nach dem Krieg. Die Alliierten hatten Arbeitersportler mit der Neuorganisation des Sports beauftragt, und die verwirklichten prompt ihren alten Traum vom klassenlosen „Volkssport“. Als die bürgerlichen Verbände wieder die Regie übernahmen wurde jener überall still und heimlich zu Grabe getragen. Nicht jedoch in Hildesheim. Dass der VfV an seinem Namen festhielt, war dem Umstand zu verdanken, dass er ein Klubsammelsurium war. Rund 15 Vereine lebten im VfV fort – darunter der HSV 07, mit dem 05 in den 1930er Jahren in der Gauliga gespielt hatte. Alte Freunde eben.
Ihre größten Jahre feierten die Rot-Weißen nach dem Aufstieg in die Oberliga Nord 1958. Legendärer Höhepunkt: ein 3:0-Sieg über Uwe Seelers HSV 1961, dem die ewige Hildesheimer Rekordkulisse von 26.000 Zuschauern beiwohnte.
Und Borussia 06? Die Blütezeit der Rot-Gelben von der Lademühle waren die 1930er Jahre. Nach dem Krieg kickten sie noch ein paar Jahre in der 2. Liga (und traf dort 1959/60 auf 05), ehe es tief hinab in den Ligakeller ging.
2003 kam es zur Fusion zum VfV Borussia 06, und so stehen sich die Freunde von einst heute erstmals im neuen Gewand im Kampf um Ligapunkte gegenüber. Aber schon Franz Beckenbauer wusste „Alte Freunde kann niemand trennen“.
Willkommen in Göttingen, Tante Hilde!
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