Tasmania Berlin ist der schlechteste Bundesligist aller Zeiten. Das wissen wir alle. Und die Statistiker unter uns können auch die reinen Zahlen runterbeten. 8 Punkte, 108 Gegentore, ganze 15 eigene Treffer. Eine Saison zum Vergessen eben. Heute vor 45 Jahren nahm das Drama der Tasmania erstmals klare Konturen an - im Heimspiel gegen den 1. FC Köln gab es seinerzeit eine 0:6-Niederlage, die deutlich machte, dass die Mannschaft in der Bundesliga heillos überfordert war. Nachstehend ein Artikel aus meiner Feder aus der Zeitung "Nordsport"
Der schlechteste Bundesligist aller Zeiten ist bekanntlich Tasmania Berlin. Acht Punkte holten die Berliner in der Saison 1965/66. Nach einem guten Start erreichte Tasmanias Absturz am 30. Oktober 1965 mit einem 0:6 daheim gegen Köln seinen ersten Höhepunkt.
Die Bundesligasaison 1965/66 ist ganze zehn Spieltage alt, da droht die erste Mannschaft bereits den Anschluss zu verlieren: Tasmania Berlin, mit einem 2:0-Sieg über den Karlsruher SC so hoffnungsvoll in die Saison gestarteter Aufsteiger, ist nach 1:17-Punkten in Folge auf den letzten Tabellenplatz abgerutscht.
Vor dem Heimauftritt gegen den 1. FC Köln ist Tasmania-Trainer Franz Linken, einst gefürchteter Angreifer der KSV Holstein – dennoch optimistisch. Unter der Woche hatte sein Team im Duisburger Wedaustadion bei der 0:3-Niederlage gegen die Zebras aus Meiderich eine gute Partie abgeliefert. „Selbst sehr ernst zu nehmende Kollegen meinten, der Berliner Bundesligavertreter habe gegen Meiderich sein bisher bestes Spiel gezeigt, er habe den Bundesliga-Rhythmus gefunden“, bestätigte das Fachblatt „Sport-Magazin“.
20.000 Fans strömten am 30. Oktober 1965 ins Berliner Olympiastadion, um sich von der Formsteigerung des lokalen Verlegenheitsbundesligisten zu überzeugen. Noch immer haderte Berlin mit dem Schicksal von Zwangsabsteiger Hertha BSC, der im Sommer 1965 aufgrund von Schwarzen Kassen vom DFB aus der Bundesliga geworfen worden war. Nach einem wochenlangen Tohuwabohu war die Bundesliga schließlich von 16 auf 18 Teilnehmer erweitert worden, woraufhin neben den sportlichen Absteigern Karlsruhe und Schalke auch Berlin im Oberhaus hatte bleiben dürfen. Statt der zwangsabsteigenden Hertha war es mit Tasmania 1900 allerdings der nach Tennis Borussia und dem Spandauer SV Drittplatzierte der abgelaufenen Berliner Zweitligasaison, der fortan erstklassig war. Eine umstrittene Entscheidung, die den Klub aus Berlin-Neukölln völlig überraschend traf. Eilig musste der neue Bundesligist seine Spieler aus dem Urlaub zurückholen und versuchen, sich mit Oldies wie Italienheimkehrer Horst Szymaniak auf Bundesligareife zu trimmen.
Dass Tasmania Erstligaausflug schon bald wieder beendet sein würde, wurde erstmals am 30. Oktober 1965 im Heimspiel gegen den 1. FC Köln deutlich. In der ersten Halbzeit konnten die Blau-Weißen mit dem Deutschen Meister von 1964 noch mithalten. Zwar war Köln durch Thielen schon nach drei Minuten mit 1:0 in Führung gegangen, die Berliner hatten sich jedoch ein optisches Übergewicht erspielen und Kölns Abwehr mächtig unter Druck setzen können. Geißbock-Trainer Georg „Schorsch“ Knöpfle war darüber reichlich erzürnt und stauchte seine Defensive in der Halbzeitpause entsprechend zusammen.
Als Schiedsrichter Gusenberger aus Saarbrücken zur zweiten Halbzeit bat, brach das Unheil über die Berliner hinein. Die zusammengestauchten Kölner zeigten sich nun deutlich engagierter, während bei Tasmania erste Konditionsmängel auftraten. „Genau eine Stunde brauchte Köln, um endlich die erwartete Überlegenheit hervorzukehren. Dann gab es fast nur noch das Stürmen auf ein Tor. Auf breiter Front spielte Köln auf, das 2:0 durch Löhr verschuldete Tasmanias Torwart ganz alleine“, schrieb das „Sport-Magazin“ über den Wendepunkt des Spiels.
Anschließend brachen die Berliner förmlich auseinander. Tasmanias Konditionsprobleme wurde nun offensichtlich, und die Kölner Geißböcke konnten schalten und walten, wie sie wollten. Die Tore fielen wie reife Früchte. 0:3 und 0:4 durch Neumann in der 69. bzw. 72. Minute, 0:5 durch Wolfgang Overath nach 76 Minuten und schließlich 0:6 durch „Hennes“ Löhr in der Schlussminute. Zu diesem Zeitpunkt hatten die meisten der 20.000 Zuschauer das Olympiastadion längst verlassen. Schlimmer noch – Berlin hatte seinen Glauben an Tasmania verloren.
Dabei schrieb man doch erst den elften von 34 Spieltagen! „Wir müssen uns langsam daran gewöhnen, dass wir ein echtes Torwartproblem haben. Wenn gegen uns zwei Tore gefallen sind, kommt bei uns noch eine regelrechte Hilflosigkeit hinzu“, haderte Tasmania-Coach Linken auf der Pressekonferenz, während Ex-Nationalspieler Szymaniak stöhnte: „Wir bekommen Tore, wie sie normalerweise nur Kreisligamannschaften einstecken müssen. Solange solche Tore fallen, ist für uns so oder so einfach nichts drin“.
Der Rest ist bekannt. „Tasmania, der ewige Letzte“ – so wird es wohl auch in 50 Jahren noch heißen, wenn es um die Ewige Tabelle der Fußball-Bundesliga geht. Acht Punkte aus 34 Spielen sammelten die Neuköllner im gesamten Saisonverlauf und halten bis heute sämtliche Negativrekorde der Liga: die wenigsten Tore, die meisten Gegentore, die wenigsten Punkte, die wenigsten Siege, die meisten Niederlagen, die meisten Heimniederlagen, die längste Serie ohne Sieg, die längste Niederlagenserie, die höchste Heimniederlage, das Spiel mit den wenigsten Zuschauern.
Samstag, 30. Oktober 2010
Insolvenzticker: Bonner SC
Ex-Regionalligist Bonner SC hat in der Spielzeit 20010/11 keine erste Mannschaft im Ligaspielbetrieb. Grund: Der Verein erhielt nach Ende der vergangenen Saison weder für die Regionalliga noch für die NRW-Liga eine Lizenz und musste aus der Mittelrheinliga ohne ein Spiel ausgetragen zu haben ausscheiden, weil das Insolvenzverfahrens erst nach Beginn der Saison 2010/11 eröffnet wurde.
Neben der in der Kreisliga B1 spielenden II. Mannschaft des BSC (nach neun Spiel mit sieben Punkten am Tabellende) ist außerdem die A-Jugend des Klubs aktiv und spielt in der Jugend-Bundesliga sogar eine bemerkenswerte Rolle. Nach Hoffnung der Verantwortlichen sollen die Jugendspieler ab 2011/12 den Kern der "neuen" ersten Mannschaft bilden, die in der Landesliga starten soll.
Abgängig davon ist allerdings das Überleben des Klubs. Diesbezüglich konnte auf einer ersten Gläubigerversammlung am 21. Oktober weitestgehend Übereinstimmung erzielt werden, den Verein retten zu wollen. "Neben meiner Person waren etwas mehr als zehn Gläubiger anwesend. Vereinsvertreter waren nicht vor Ort. Die anwesenden Gläubiger nahmen den von mir vorgelegten Insolvenzplan einstimmig an. Mit dem größten Gläubiger, der Berufsgenossenschaft, habe ich bereits vorab Einigung erzielen können. Auch die anderen großen Gläubiger, beispielsweise die Agentur für Arbeit, hatten keine Einwände gegen den Insolvenzplan", wird Insolvenzverwalter Frystazki auf der BSC-Fanhomepage "www.blau-rot.info" zitiert.
Weiter heißt es: "Ich werde in den nächsten Wochen den Insolvenzplan ausarbeiten. Im günstigsten Fall wird noch in diesem Jahr eine zweite Gläubigerversammlung stattfinden, in der dann schon abschließend die Zukunft des Vereins gesichert werden kann. Im Anschluss daran sollten dann auf einer Mitgliederversammlung die Organe des Vereins bestimmt werden."
Nach Angaben von Vizepräsident Bernd Lehmann belaufen sich die Gesamtforderungen auf etwa 700 000 Euro. Sollte sich die Gläubiger mit einem bestimmten Anteil dieser Summe zufrieden geben (üblich sind 15 bis 20 Prozent), könnte der BSC Ende des Jahres schuldenfrei sein. Hans Viol, 15 Jahre lang Präsident und Mäzen des BSC, hat bereits signalisiert, dem Verein ein letztes Mal zu helfen, um die Gläubiger bedienen zu können.
Weitere Informationen können der Homepage des BSC-Fanclub "Rheinpiraten" (www.blau-rot.info) entnommen werden. Dort ist auch ein ausführliches Interview mit Insolvenzverwalter Dr. Christian Frystazki zu sehen. http://www.blau-rot.info/index.php?id=1404
Neben der in der Kreisliga B1 spielenden II. Mannschaft des BSC (nach neun Spiel mit sieben Punkten am Tabellende) ist außerdem die A-Jugend des Klubs aktiv und spielt in der Jugend-Bundesliga sogar eine bemerkenswerte Rolle. Nach Hoffnung der Verantwortlichen sollen die Jugendspieler ab 2011/12 den Kern der "neuen" ersten Mannschaft bilden, die in der Landesliga starten soll.
Abgängig davon ist allerdings das Überleben des Klubs. Diesbezüglich konnte auf einer ersten Gläubigerversammlung am 21. Oktober weitestgehend Übereinstimmung erzielt werden, den Verein retten zu wollen. "Neben meiner Person waren etwas mehr als zehn Gläubiger anwesend. Vereinsvertreter waren nicht vor Ort. Die anwesenden Gläubiger nahmen den von mir vorgelegten Insolvenzplan einstimmig an. Mit dem größten Gläubiger, der Berufsgenossenschaft, habe ich bereits vorab Einigung erzielen können. Auch die anderen großen Gläubiger, beispielsweise die Agentur für Arbeit, hatten keine Einwände gegen den Insolvenzplan", wird Insolvenzverwalter Frystazki auf der BSC-Fanhomepage "www.blau-rot.info" zitiert.
Weiter heißt es: "Ich werde in den nächsten Wochen den Insolvenzplan ausarbeiten. Im günstigsten Fall wird noch in diesem Jahr eine zweite Gläubigerversammlung stattfinden, in der dann schon abschließend die Zukunft des Vereins gesichert werden kann. Im Anschluss daran sollten dann auf einer Mitgliederversammlung die Organe des Vereins bestimmt werden."
Nach Angaben von Vizepräsident Bernd Lehmann belaufen sich die Gesamtforderungen auf etwa 700 000 Euro. Sollte sich die Gläubiger mit einem bestimmten Anteil dieser Summe zufrieden geben (üblich sind 15 bis 20 Prozent), könnte der BSC Ende des Jahres schuldenfrei sein. Hans Viol, 15 Jahre lang Präsident und Mäzen des BSC, hat bereits signalisiert, dem Verein ein letztes Mal zu helfen, um die Gläubiger bedienen zu können.
Weitere Informationen können der Homepage des BSC-Fanclub "Rheinpiraten" (www.blau-rot.info) entnommen werden. Dort ist auch ein ausführliches Interview mit Insolvenzverwalter Dr. Christian Frystazki zu sehen. http://www.blau-rot.info/index.php?id=1404
Freitag, 29. Oktober 2010
Insolvenzticker: Update SpVgg Unterhaching
Update in Sachen Unterhaching. Nach Angaben des "Kicker" hat die Spielvereinigung die fehlenden zwei Mio. Euro aufgetrieben und damit eine Unterdeckung des Etats in der laufenden Saison vermieden.
Wie der Verein am heutigen Freitag in einer Presseerklärung bekannt gab, werden "die Unterlagen für das Nachlizenzierungsverfahren fristgerecht beim DFB eingereicht".
In der von Präsident Engelbert Kupka unterzeichneten Erklärung (http://www.spvgg-unterhaching.de/news/news_detail.php3?news_id=4835) heißt es außerdem, dass man davon ausgehe, aufgrund der neuen Unterlagen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch den DFB bestätigt zu bekommen.
Über den Deal mit dem angeblichen Geldgeber Franco Levis, dem die Hachinger Schieflage zugrunde liegt, wurde nichts bekannt.
Wie der Verein am heutigen Freitag in einer Presseerklärung bekannt gab, werden "die Unterlagen für das Nachlizenzierungsverfahren fristgerecht beim DFB eingereicht".
In der von Präsident Engelbert Kupka unterzeichneten Erklärung (http://www.spvgg-unterhaching.de/news/news_detail.php3?news_id=4835) heißt es außerdem, dass man davon ausgehe, aufgrund der neuen Unterlagen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch den DFB bestätigt zu bekommen.
Über den Deal mit dem angeblichen Geldgeber Franco Levis, dem die Hachinger Schieflage zugrunde liegt, wurde nichts bekannt.
Zur Integrität von Fußballfunktionären
Als kleinen Beitrag zur aktuellen Diskussion über Integrität von Fußballfunktionären in Europa bzw. der Welt ein Artikel aus meiner WM-Enzyklopädie 1930-2014 über die Vergabe der WM 1970 an Mexiko.
Die Vergabe: Hinter den Kulissen...
Die Fußballwelt hatte sich verändert.
Das musste auch FIFA-Präsident Rous einsehen. Der bekanntermaßen auf Fair Play und “alte Werte” setzende, konservative Brite war entsetzt über die Vorgänge im Vorfeld des Vergabekongresses für die WM 1970 während der Olympischen Spiele 1964 in Tokio. Beide Kandidaten - Argentinien und Mexiko - betrieben nämlich exzessiv Werbung in eigener Sache, wobei die diplomatischen Regeln nicht immer eingehalten wurden. Neben farbenfrohen Broschüren mit aussagekräftigen Texten und verlockenden Bildern wurden den Exekutivkomiteemitgliedern in “persönlichen Gesprächen” nämlich auch kleinere Geschenke und Gefälligkeiten als Gegenleistung für ihre Stimme versprochen - “hinter vorgehaltener Hand” natürlich. Die ach so heile Welt der FIFA war endgültig zerstört und plötzlich von komplizierten diplomatischen Vorgängen erfüllt. Präsident Rous, der den schleichenden Veränderungsprozess mit der ihm eigenen Naivität weitestgehend ignoriert hatte, war erschüttert.
Um ähnliche Vorgänge in Zukunft zu vermeiden, setzte er kurzerhand durch, dass in Tokio nicht nur der Gastgeber für 1970 bestimmt, sondern zugleich über die Weltmeisterschaften 1974 und 1978 beraten werden sollte. Als Favorit für 1970 galt Argentinien. Die südamerikanische Fußballhochburg war nach Uruguay (1930), Brasilien (1950) und Chile (1962) einfach “dran”.
Mexiko wurden höchstens Außenseiterchancen eingeräumt. Zwar war das zentralamerikanische Land Ausrichter der Olympischen Spiele von 1968 und hatte zudem an allen WM-Qualifikationsrunden mit Ausnahme von 1938 teilgenommen Argentinien dagegen war mehrfach schmollend ferngeblieben), doch Höhenlage und Infrastrukturprobleme schreckten viele ab. Die im Vorfeld ebenfalls als Kandidaten gehandelten Länder Indonesien und Ägypten hatten im Übrigen keinen Antrag eingereicht.
Den über hundert Delegierten in Tokio wurde am 8. Oktober 1964 ein atemberaubendes Schauspiel geboten, das man getrost als Schmierenkomödie bezeichnen konnte. Mexikos Vertreter hielt eine flammende Rede, pries die Schönheit seines Landes und versprach die “farbenprächtigste Weltmeisterschaft aller Zeiten”. Argentinien hingegen, das sich offenbar nicht damit abfinden konnte, einen Konkurrenten zu haben, wies trotzig auf seine Bedeutung für den Weltfußball hin, erinnerte an die einzigartige Atmosphäre in seinen Stadien und ging ansonsten von einem klaren Sieg aus.
Doch als man zur öffentlich durchgeführten Abstimmung kam, setzte es eine Überraschung: Mexiko erhielt mit 56:32 Stimmen bei sieben Enthaltungen den Zuschlag.
Die Hintergründe wurden rasch deutlich. Zum einen hatten viele Delegierte ihre Probleme mit der seit dem Sturz von Juan Perón (1955) unsicheren politischen und wirtschaftlichen Lage in Argentinien, zum anderen hatte Mexiko eine Trumpfkarte, die unschlagbar war: Den Mediengiganten Televisa, der mit dem Angebot lockte, aus der WM 1970 ein weltweites Medienereignis zu machen, und zudem über einflussreiche Freunde verfügte. Im Grunde genommen war Televisa Mexikos größte Wirtschaftsund Sportmacht. 1961 hatte das von Emilio Azcárraga Vidaurreta angeführte Unternehmen mit dem CF América einen der profiliertesten Klubs Mexikos erworben - und sich damit einen Platz im nationalen Fußballverband geschaffen, der zur direkten Einflussnahme genutzt wurde. “Über Mexikos Fußball oder über Televisa zu sprechen, ist ein und dasselbe”, befand ein Insider später.
Ach ja, über 1974 und 1978 wurde in Tokio ebenfalls beraten. Die WM 1974 sollte Deutschland ausrichten, die von 1978 das Mexiko unterlegene Argentinien.
WM Macher: Guillermo Cañedo
Der Vorsitzende des mexikanischen
Fußballverbandes war einer
der eifrigsten Lobbyisten auf dem
Tokioter Vergabekongress und
wurde nach dem Zuschlag mit der
Führung des OK belohnt. Cañedo spiegelte perfekt
die sich verändernden Vorzeichen in der
FIFA und der WM-Frage wider, denn er war Televisa-
Angestellter - nie zuvor hatte ein Wirtschaftsunternehmen
einen direkteren Einfluss
gehabt! Mexikos Topjournalist Fernández bezeichnete
Cañedo als “geschickten Politiker und
sehr guten Verhandlungspartner. Er war Televisas
Speerspitze auf dem Weg in Mexikos Fußball und
vor allem in die FIFA, wo er bis zum Vizepräsidenten
aufstieg. Er arbeitete nicht für das Wohl
des mexikanischen Fußballs, sondern für das der
TV-Firma, für die er arbeitete.”
Die Vergabe: Hinter den Kulissen...
Die Fußballwelt hatte sich verändert.
Das musste auch FIFA-Präsident Rous einsehen. Der bekanntermaßen auf Fair Play und “alte Werte” setzende, konservative Brite war entsetzt über die Vorgänge im Vorfeld des Vergabekongresses für die WM 1970 während der Olympischen Spiele 1964 in Tokio. Beide Kandidaten - Argentinien und Mexiko - betrieben nämlich exzessiv Werbung in eigener Sache, wobei die diplomatischen Regeln nicht immer eingehalten wurden. Neben farbenfrohen Broschüren mit aussagekräftigen Texten und verlockenden Bildern wurden den Exekutivkomiteemitgliedern in “persönlichen Gesprächen” nämlich auch kleinere Geschenke und Gefälligkeiten als Gegenleistung für ihre Stimme versprochen - “hinter vorgehaltener Hand” natürlich. Die ach so heile Welt der FIFA war endgültig zerstört und plötzlich von komplizierten diplomatischen Vorgängen erfüllt. Präsident Rous, der den schleichenden Veränderungsprozess mit der ihm eigenen Naivität weitestgehend ignoriert hatte, war erschüttert.
Um ähnliche Vorgänge in Zukunft zu vermeiden, setzte er kurzerhand durch, dass in Tokio nicht nur der Gastgeber für 1970 bestimmt, sondern zugleich über die Weltmeisterschaften 1974 und 1978 beraten werden sollte. Als Favorit für 1970 galt Argentinien. Die südamerikanische Fußballhochburg war nach Uruguay (1930), Brasilien (1950) und Chile (1962) einfach “dran”.
Mexiko wurden höchstens Außenseiterchancen eingeräumt. Zwar war das zentralamerikanische Land Ausrichter der Olympischen Spiele von 1968 und hatte zudem an allen WM-Qualifikationsrunden mit Ausnahme von 1938 teilgenommen Argentinien dagegen war mehrfach schmollend ferngeblieben), doch Höhenlage und Infrastrukturprobleme schreckten viele ab. Die im Vorfeld ebenfalls als Kandidaten gehandelten Länder Indonesien und Ägypten hatten im Übrigen keinen Antrag eingereicht.
Den über hundert Delegierten in Tokio wurde am 8. Oktober 1964 ein atemberaubendes Schauspiel geboten, das man getrost als Schmierenkomödie bezeichnen konnte. Mexikos Vertreter hielt eine flammende Rede, pries die Schönheit seines Landes und versprach die “farbenprächtigste Weltmeisterschaft aller Zeiten”. Argentinien hingegen, das sich offenbar nicht damit abfinden konnte, einen Konkurrenten zu haben, wies trotzig auf seine Bedeutung für den Weltfußball hin, erinnerte an die einzigartige Atmosphäre in seinen Stadien und ging ansonsten von einem klaren Sieg aus.
Doch als man zur öffentlich durchgeführten Abstimmung kam, setzte es eine Überraschung: Mexiko erhielt mit 56:32 Stimmen bei sieben Enthaltungen den Zuschlag.
Die Hintergründe wurden rasch deutlich. Zum einen hatten viele Delegierte ihre Probleme mit der seit dem Sturz von Juan Perón (1955) unsicheren politischen und wirtschaftlichen Lage in Argentinien, zum anderen hatte Mexiko eine Trumpfkarte, die unschlagbar war: Den Mediengiganten Televisa, der mit dem Angebot lockte, aus der WM 1970 ein weltweites Medienereignis zu machen, und zudem über einflussreiche Freunde verfügte. Im Grunde genommen war Televisa Mexikos größte Wirtschaftsund Sportmacht. 1961 hatte das von Emilio Azcárraga Vidaurreta angeführte Unternehmen mit dem CF América einen der profiliertesten Klubs Mexikos erworben - und sich damit einen Platz im nationalen Fußballverband geschaffen, der zur direkten Einflussnahme genutzt wurde. “Über Mexikos Fußball oder über Televisa zu sprechen, ist ein und dasselbe”, befand ein Insider später.
Ach ja, über 1974 und 1978 wurde in Tokio ebenfalls beraten. Die WM 1974 sollte Deutschland ausrichten, die von 1978 das Mexiko unterlegene Argentinien.
WM Macher: Guillermo Cañedo
Der Vorsitzende des mexikanischen
Fußballverbandes war einer
der eifrigsten Lobbyisten auf dem
Tokioter Vergabekongress und
wurde nach dem Zuschlag mit der
Führung des OK belohnt. Cañedo spiegelte perfekt
die sich verändernden Vorzeichen in der
FIFA und der WM-Frage wider, denn er war Televisa-
Angestellter - nie zuvor hatte ein Wirtschaftsunternehmen
einen direkteren Einfluss
gehabt! Mexikos Topjournalist Fernández bezeichnete
Cañedo als “geschickten Politiker und
sehr guten Verhandlungspartner. Er war Televisas
Speerspitze auf dem Weg in Mexikos Fußball und
vor allem in die FIFA, wo er bis zum Vizepräsidenten
aufstieg. Er arbeitete nicht für das Wohl
des mexikanischen Fußballs, sondern für das der
TV-Firma, für die er arbeitete.”
Dienstag, 26. Oktober 2010
Legendäre Vereine: Victoria Hamburg
Aus aktuellem Anlass das Porträt von Victoria Hamburg aus meinem Buch "Das große Buch der Deutschen Fußballverein", das 2009 im AGON Sportverlag erschienen ist (ISBN: 978-3-89784-362-2, 39,90 Euro).
Good luck, Vicky!
Victoria Hamburg
Hamburg strotzt nur so von Traditionsvereinen und ehemaligen Fußballgrößen. Eine der ersten Adressen, wenn es um Fußballtradition geht, ist der SC Victoria aus dem Stadtteil Hoheluft. 1895 gegründet, zählen die Blau-Gelben auch 2009 noch zu den führenden Vereinen der Stadt. Ihr Stadion, in dem die älteste Tribüne Norddeutschlands steht, diente 2008/09 Regionalligist Altona 93 als Ausweichquartier, während „Vicky“ in der Hamburger Oberliga versuchte, seinen im Vorjahr errungenen Meistertitel zu verteidigen, um selber die Regionalliga zu erreichen. Gemeinsam mit den HSV-Gründerklubs Germania 87 und Hamburg 88 zählte Victoria zur Jahrhundertwende zu den Pionieren des Ballsports in der Hansestadt. Angeführt von DFB-Mitgründer Egon Hugo Kubaseck brachte man eine Vielzahl von Ausnahmefußballern hervor (darunter die frühen Nationalspieler Garrn, Eikhof und Weymar), wurde 1906 erstmals Hamburger Meister und sicherte sich 1907 mit einem 6:1 über Eintracht Braunschweig erstmals die Norddeutsche Meisterschaft. Bis zum Ersten Weltkrieg zählte die im bürgerlichen Lager ansässige Victoria – „die Zitronengelben“ – zu den reichsweiten Spitzenteams und eröffneten 1907 ihr Stadion Hoheluft, das 1911 erstmals Schauplatz eines Länderspiels war. Den Ersten Weltkrieg in einer Gemeinschaft mit Hamburg 88 überstehend, sollte der Klub 1919 eigentlich in die zum HSV führende Fusion einfließen. Er entschied sich jedoch für die Eigenständigkeit. Eine folgenschwere Entscheidung, denn fortan stand die Victoria im immer größer werdenden Schatten des HSV und verlor während der 1920er Jahre trotz renommierter Trainer wie William Townley und Julius Kertesz seine Führungsposition in Hamburg. 1931 heuerte die Vereinsführung mit „Tull“ Harder, Erwin Seeler, Kolzen und Rave vier Ausnahmefußballer an, die jedoch nicht die erhoffte Wende einleiteten. 1933 wurde die stolze Victoria prompt übergangen, als die Gauliga Nordmark eingerichtet wurde, und musste erstmals in der Zweitklassigkeit antreten. Zwar gelang im ersten Jahr die Rückkehr, doch der Klub kam einfach nicht mehr auf die Beine. 1938 feierte man zwar einen epochalen 4:3-Pokalsieg über Schalke 04 und erreichte 1943 erstmals wieder die Endrunde um die „Deutsche“, der Durchbruch blieb jedoch aus. 1947 zählte „Vicky“ zu den Gründungsmitgliedern der Oberliga Nord, aus der man gleich im ersten Jahr abstieg. Zwei weitere Kurzgastspiele im norddeutschen Oberhaus folgten, doch die überregionalen Zeiten der Blau-Gelben waren vorbei. Von 1963-66 mischten sie noch mit mäßigem Erfolg in der Regionalliga Nord mit, ehe es 1966 erstmals in die Drittklassigkeit und 1968 gar in die Viertklassigkeit ging. Mit der Qualifikation zur Amateuroberliga Nord gab es 1974 das letzte Aufbäumen. 1975 erreichte Victoria das Finale um die Deutsche Amateurmeisterschaft (0:3 gegen Bürstadt), 1977 stieg der Klub wieder ins Hamburger Amateurlager ab. Als die Victoria 1994 die Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein verpasste, war sie erstmals nur noch fünftklassig. Seitdem geht es hin und her, pendelt der Traditionsklub zwischen Viert- und Fünftklassigkeit, während das runderneuerte Stadion Hoheluft Regionalligatauglichkeit erhielt. Dass der SC Victoria es eines Tages selber wird nutzen können, um dort um Regionalligapunkte zu kicken, wäre zu wünschen, ist aber nur schwer vorstellbar.
Good luck, Vicky!
Victoria Hamburg
Hamburg strotzt nur so von Traditionsvereinen und ehemaligen Fußballgrößen. Eine der ersten Adressen, wenn es um Fußballtradition geht, ist der SC Victoria aus dem Stadtteil Hoheluft. 1895 gegründet, zählen die Blau-Gelben auch 2009 noch zu den führenden Vereinen der Stadt. Ihr Stadion, in dem die älteste Tribüne Norddeutschlands steht, diente 2008/09 Regionalligist Altona 93 als Ausweichquartier, während „Vicky“ in der Hamburger Oberliga versuchte, seinen im Vorjahr errungenen Meistertitel zu verteidigen, um selber die Regionalliga zu erreichen. Gemeinsam mit den HSV-Gründerklubs Germania 87 und Hamburg 88 zählte Victoria zur Jahrhundertwende zu den Pionieren des Ballsports in der Hansestadt. Angeführt von DFB-Mitgründer Egon Hugo Kubaseck brachte man eine Vielzahl von Ausnahmefußballern hervor (darunter die frühen Nationalspieler Garrn, Eikhof und Weymar), wurde 1906 erstmals Hamburger Meister und sicherte sich 1907 mit einem 6:1 über Eintracht Braunschweig erstmals die Norddeutsche Meisterschaft. Bis zum Ersten Weltkrieg zählte die im bürgerlichen Lager ansässige Victoria – „die Zitronengelben“ – zu den reichsweiten Spitzenteams und eröffneten 1907 ihr Stadion Hoheluft, das 1911 erstmals Schauplatz eines Länderspiels war. Den Ersten Weltkrieg in einer Gemeinschaft mit Hamburg 88 überstehend, sollte der Klub 1919 eigentlich in die zum HSV führende Fusion einfließen. Er entschied sich jedoch für die Eigenständigkeit. Eine folgenschwere Entscheidung, denn fortan stand die Victoria im immer größer werdenden Schatten des HSV und verlor während der 1920er Jahre trotz renommierter Trainer wie William Townley und Julius Kertesz seine Führungsposition in Hamburg. 1931 heuerte die Vereinsführung mit „Tull“ Harder, Erwin Seeler, Kolzen und Rave vier Ausnahmefußballer an, die jedoch nicht die erhoffte Wende einleiteten. 1933 wurde die stolze Victoria prompt übergangen, als die Gauliga Nordmark eingerichtet wurde, und musste erstmals in der Zweitklassigkeit antreten. Zwar gelang im ersten Jahr die Rückkehr, doch der Klub kam einfach nicht mehr auf die Beine. 1938 feierte man zwar einen epochalen 4:3-Pokalsieg über Schalke 04 und erreichte 1943 erstmals wieder die Endrunde um die „Deutsche“, der Durchbruch blieb jedoch aus. 1947 zählte „Vicky“ zu den Gründungsmitgliedern der Oberliga Nord, aus der man gleich im ersten Jahr abstieg. Zwei weitere Kurzgastspiele im norddeutschen Oberhaus folgten, doch die überregionalen Zeiten der Blau-Gelben waren vorbei. Von 1963-66 mischten sie noch mit mäßigem Erfolg in der Regionalliga Nord mit, ehe es 1966 erstmals in die Drittklassigkeit und 1968 gar in die Viertklassigkeit ging. Mit der Qualifikation zur Amateuroberliga Nord gab es 1974 das letzte Aufbäumen. 1975 erreichte Victoria das Finale um die Deutsche Amateurmeisterschaft (0:3 gegen Bürstadt), 1977 stieg der Klub wieder ins Hamburger Amateurlager ab. Als die Victoria 1994 die Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein verpasste, war sie erstmals nur noch fünftklassig. Seitdem geht es hin und her, pendelt der Traditionsklub zwischen Viert- und Fünftklassigkeit, während das runderneuerte Stadion Hoheluft Regionalligatauglichkeit erhielt. Dass der SC Victoria es eines Tages selber wird nutzen können, um dort um Regionalligapunkte zu kicken, wäre zu wünschen, ist aber nur schwer vorstellbar.
Insolvenzticker: Eintracht Kreuznach
Ex-Zweitbundesligist SG Eintracht Kreuznach hat bereits am 19. Oktober 2010 die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt. Dies bestätigte Aufsichtsratssprecher Dieter Schulz gegenüber der "Allgemeinen Zeitung". Die Zahlen hätten sich laut Schulz "nach Einsicht der Unterlagen als schlimmer herausgestellt als die vom früheren Vorstand erklärten".
Offiziell war bislang immer von 22.000 Euro Schulden die Rede. Tatsächlich soll der Schuldenberg aber laut "AZ" im "hohen fünstelligen Bereich" liegen.
Die seit langem angespannte Situation bei dem Traditionsverein aus dem Nahetal eskalierte daraufhin in der vergangenen Woche. Vereinssprecher Oliver Holste, früher selber Spieler und Trainer der SGE hoffte zunächst: „Wir möchten eigentlich, dass der Spielbetrieb wenigstens erst einmal bis zur Winterpause so weiterläuft. Dann wissen wir, ob und in welchem Rahmen wir die Runde zu Ende spielen können. Vorher können wir keinerlei Zusagen machen.“
Unterdessen wurden jedoch in einer Pressemitteilung des SGE-Aufsichtsrates schwere Vorwürfe gegen die Spieler gerichtet, die auf Seiten der Landesligamannschaft der SGE zu Empörung führte. Trainer Krasniqi in der "AZ": „Es ist eine Frechheit, 17-, 18- oder 19-jährigen Jungs als Abzocker hinzustellen, die 80 Prozent der Mannschaft ausmachen und seit Monaten umsonst für den Verein spielen. Wer ist hier charakterlos?“ Kapitän Benedikt Bernd sprach im Namen der Mannschaft von einer „bodenlosen Frechheit“: „Uns wurde immer nur gesagt, was nicht geht, aber nie, was geht. Es gibt junge Spieler, die können sich das nicht mehr leisten.“
Während Trainer Krasniqi daraufhin zurücktrat, lief die Mannschaft am Wochenende zu ihrem Landesligaspiel gegen den SV Nanzdietschweiler nicht auf. Kapitän Bernd erklärte statt dessen gegenüber der "AZ": „Alle Spieler sind mit Herzblut dabei. Viele haben schon letzte Saison ohne Geld für die Eintracht gespielt. Der Neuanfang zu Saisonbeginn hat uns überzeugt. Aber man kann uns jetzt nicht verantwortlich machen für die Misswirtschaft aus den letzten fünf Jahren. Wir spielen geschlossen nicht mehr für die Eintracht.“
Da sich die zweite Mannschaft weitestgehend solidarisch erklärte, droht der Eintracht nun die Abmeldung aus der Landesliga, da gegenwärtig keine spielfähige Mannschaft zur Verfügung steht.
Eintracht Kreuznach spielte in der Saison 1975/76 in der damaligen 2. Bundesliga-Süd und verbrachte anschließend zwölf Jahre in der Oberliga Südwest, ehe der Klub 1988 erstmals in der viertklassigen Verbandsliga verschwand. Von 1993 bis 1995 stürzte er in nur drei Spielzeiten bis in die siebthöchste Liga (Bezirksliga) ab.
2000 gelang nicht zuletzt durch das Engagement des Bad Kreuznacher Hoteliers Gojko Lončar die Rückkehr in die Oberliga, aus der die Eintracht 2008 abermals abstieg. Zuvor hatte sich der nicht unumstrittene Lončar zurückgezogen.
Seit Anfang 2008 sind die finanziellen Probleme des Klubs bekannt. Schon damals konnte die Insolvenz nur durch die Abgabe zahlreicher Stammspieler vermieden werden, woraufhin es zum erwähnten Abstieg in die Verbandasliga kam. Im Laufe der Saison 2008/09 übertrug der Aufsichtsrat dann einem externen Trio aus drei Funktionären, die zuvor bei den Nachbarvereinen SpVgg Ingelheim bzw. Alemannia Waldalgesheim engagiert waren, die Verantwortung. Trotz der Verpflichtung von sieben Spielern konnte der Abstieg aus der Verbandsliga mit nur drei Siegen und 105 Gegentoren jedoch nicht vermieden werden. Erst durch den Verzicht zweier Konkurrenten konnte die Eintracht in der Verbandsliga bleiben.
In einer auf und neben dem Spielfeld turbulenten Saison 2009/10 mussten die Blau-Weißen unter Trainer und Vereinslegende Jürgen Wilhelm, 1975/76 als Spieler im Zweitligajahr dabei, schließlich erneut in die siebtklassige Landesliga absteigen. Wie es nun weitergeht, ist gegenwärtig ungeklärt
http://www.allgemeine-zeitung.de/sport/bad-kreuznach/sg_eintracht_kreuznach/9550359.htm
Offiziell war bislang immer von 22.000 Euro Schulden die Rede. Tatsächlich soll der Schuldenberg aber laut "AZ" im "hohen fünstelligen Bereich" liegen.
Die seit langem angespannte Situation bei dem Traditionsverein aus dem Nahetal eskalierte daraufhin in der vergangenen Woche. Vereinssprecher Oliver Holste, früher selber Spieler und Trainer der SGE hoffte zunächst: „Wir möchten eigentlich, dass der Spielbetrieb wenigstens erst einmal bis zur Winterpause so weiterläuft. Dann wissen wir, ob und in welchem Rahmen wir die Runde zu Ende spielen können. Vorher können wir keinerlei Zusagen machen.“
Unterdessen wurden jedoch in einer Pressemitteilung des SGE-Aufsichtsrates schwere Vorwürfe gegen die Spieler gerichtet, die auf Seiten der Landesligamannschaft der SGE zu Empörung führte. Trainer Krasniqi in der "AZ": „Es ist eine Frechheit, 17-, 18- oder 19-jährigen Jungs als Abzocker hinzustellen, die 80 Prozent der Mannschaft ausmachen und seit Monaten umsonst für den Verein spielen. Wer ist hier charakterlos?“ Kapitän Benedikt Bernd sprach im Namen der Mannschaft von einer „bodenlosen Frechheit“: „Uns wurde immer nur gesagt, was nicht geht, aber nie, was geht. Es gibt junge Spieler, die können sich das nicht mehr leisten.“
Während Trainer Krasniqi daraufhin zurücktrat, lief die Mannschaft am Wochenende zu ihrem Landesligaspiel gegen den SV Nanzdietschweiler nicht auf. Kapitän Bernd erklärte statt dessen gegenüber der "AZ": „Alle Spieler sind mit Herzblut dabei. Viele haben schon letzte Saison ohne Geld für die Eintracht gespielt. Der Neuanfang zu Saisonbeginn hat uns überzeugt. Aber man kann uns jetzt nicht verantwortlich machen für die Misswirtschaft aus den letzten fünf Jahren. Wir spielen geschlossen nicht mehr für die Eintracht.“
Da sich die zweite Mannschaft weitestgehend solidarisch erklärte, droht der Eintracht nun die Abmeldung aus der Landesliga, da gegenwärtig keine spielfähige Mannschaft zur Verfügung steht.
Eintracht Kreuznach spielte in der Saison 1975/76 in der damaligen 2. Bundesliga-Süd und verbrachte anschließend zwölf Jahre in der Oberliga Südwest, ehe der Klub 1988 erstmals in der viertklassigen Verbandsliga verschwand. Von 1993 bis 1995 stürzte er in nur drei Spielzeiten bis in die siebthöchste Liga (Bezirksliga) ab.
2000 gelang nicht zuletzt durch das Engagement des Bad Kreuznacher Hoteliers Gojko Lončar die Rückkehr in die Oberliga, aus der die Eintracht 2008 abermals abstieg. Zuvor hatte sich der nicht unumstrittene Lončar zurückgezogen.
Seit Anfang 2008 sind die finanziellen Probleme des Klubs bekannt. Schon damals konnte die Insolvenz nur durch die Abgabe zahlreicher Stammspieler vermieden werden, woraufhin es zum erwähnten Abstieg in die Verbandasliga kam. Im Laufe der Saison 2008/09 übertrug der Aufsichtsrat dann einem externen Trio aus drei Funktionären, die zuvor bei den Nachbarvereinen SpVgg Ingelheim bzw. Alemannia Waldalgesheim engagiert waren, die Verantwortung. Trotz der Verpflichtung von sieben Spielern konnte der Abstieg aus der Verbandsliga mit nur drei Siegen und 105 Gegentoren jedoch nicht vermieden werden. Erst durch den Verzicht zweier Konkurrenten konnte die Eintracht in der Verbandsliga bleiben.
In einer auf und neben dem Spielfeld turbulenten Saison 2009/10 mussten die Blau-Weißen unter Trainer und Vereinslegende Jürgen Wilhelm, 1975/76 als Spieler im Zweitligajahr dabei, schließlich erneut in die siebtklassige Landesliga absteigen. Wie es nun weitergeht, ist gegenwärtig ungeklärt
http://www.allgemeine-zeitung.de/sport/bad-kreuznach/sg_eintracht_kreuznach/9550359.htm
Montag, 25. Oktober 2010
Massenpanik in Kenia - wer sind Gor Mahia und AFC Leopolds?
Bei einem Spiel in der ersten Fußball-Liga von Kenia sind am Samstagabend bei einer Massenpanik sieben Menschen ums Leben gekommen. Das Unglück ereignete sich, als Zuschauer ohne Tickets während der ersten Halbzeit versuchten, das Nyayo Stadium zu stürmen.
Bei dem Spiel handelte es sich um das Duell der beiden beliebtesten Vereine des Landes, Gor Mahia und AFC Leopolds. Gor gewann die ungeachtet der Vorfälle fortgesetzte Partie durch einen verwandelten Elfmeter in der 87. Minute mit 1:0. Die Rivalität zwischen Gor und Leopolds beruht auf einer sensiblen Mixtur aus politischen, religiösen, ethnischen und sozialen Gründen. Nachstehend ein entsprechender Auszug aus dem Kenia-Artikel meiner Fußballweltenzyklopädie sowie die Porträts der beiden Vereine aus dem Buch.
"Die ethnischen Konstellationen sind auch mitverantwortlich für die ausbleibenden Erfolge Kenias im Fußball. Die beiden beliebtesten Klubs des Landes AFC Leopards und Gor Mahia werden den Volksgruppen der Luhya bzw. der Luo zugeordnet, und weil ihr Duell jahrzehntelang eine überragende Stellung einnahm, manifestierte sich unter den anderen Ethnien der Glaube, im Fußball nicht talentiert genug zu sein. Dadurch wurde Fußball in Kenia zu einer von Luhyas und Luos beherrschten Disziplin, während andere Ethnien für Erfolge in der Leichtathletik und dem Boxen sorgen." (Auszug aus dem Kapitel Kenia der Fußballweltenzyklopädie Amerika, Afrika und Ozeanien)
Gor Mahia Nairobi National wie international Kenias erfolgreichster Verein. Zwölf Landesmeisterschaften werden überragt vom Gewinn des kontinentalen Pokalsiegerwettbewerbes 1987, als sich die Grün-Weißen im Finale gegen Espérance Tunis durchsetzten. Es war der bislang einzige kontinentale Erfolg eines ostafrikanischen Klubs. Gor Mahia entstand 1968 durch den Zusammenschluss von Luo United (Meister 1964) und Luo Sports Club (ehemals Luo Stars). Unter den Gründern war der populäre Unabhängigkeitskämpfer Tom Mboya. Gor Mahia gilt als Klub der Luo-Volksgruppe. »Gor« stand ursprünglich für einen berühmten Medizinmann aus der Luo-Mythologie, während »Mahia« in der Luo-Sprache für »Wunder« steht. Seit dem Verbot ethnischer Namen (1980) steht »GOR« offiziell für »Gulf Olympia Rangers«. Schon im ersten Jahr ihres Bestehens sicherte sich »Mighty Gor« erstmals die Landesmeisterschaft und drang 1979 im afrikanischen Pokalsiegerwettbewerb bis ins Finale vor (0:2 und 0:6 gegen Canon Yaoundé). In den 1980er Jahren zählten die von Kapitän Peter Bassanga angeführten Grün-Weißen zu den stärksten Teams des Kontinents. Nachdem unter Leu Julians die Nachwuchsarbeit intensiviert worden war, gelang Gor Mahia 1987 mit dem Gewinn des Pokals der afrikanischen Pokalsieger der größte Erfolg. Nach der Meisterschaft 1995 geriet der Klub in eine Krise und vermied 2002 den Abstieg unter umstrittenen Umständen am grünen Tisch. 2008 kehrte Gor Mahia mit dem Gewinn des Landespokals nach zehn Jahren auf Afrikas Fußballbühnen zurück.
AFC Leopards Nairobi Gemeinsam mit dem Lokalrivalen Gor Mahia die lange Zeit prägende Kraft des kenianischen Klubfußballs. Angaben des Vereins zufolge beläuft sich die Zahl der Anhänger auf etwa sechs Millionen Die Blau-Weißen wurden 1964 durch den Zusammenschluss der Erstligisten Marama, Samia United und Bunyore sowie mehrerer Kleinvereine als Abaluhya FC gegründet und sind der Verein der Luhya-Volksgruppe. Nach dem Verbot ethnischer Namen nahm man am 16. November 1980 den Namen All Footballers Club (AFC) Leopards an. Die »Ingwe« (Luhya-Begriff für »Leopard«) errangen neben zwölf Landesmeisterschaften auch fünfmal den CECAFA-Cup. 1968 scheiterte die von Nationalverteidiger Jonathan Niva angeführte Elf im Landesmeisterwettbewerb erst im Halbfinale an Etoile Filante aus Togo. 1974 und 1990 erreichten die Blau-Weißen, deren Galionsfigur über viele Jahre Joe Masiga war, jeweils das Viertelfinale des Wettbewerbs. Nach der Millenniumswende gerieten die Leoparden in die Turbulenzen des nationalen Fußballs. Nachdem sie 2007 aufgrund eines internen Konflikts gar nicht um Punkte gekickt hatten, verbrachten sie die Saison 2008 in der Zweitklassigkeit.
Bei dem Spiel handelte es sich um das Duell der beiden beliebtesten Vereine des Landes, Gor Mahia und AFC Leopolds. Gor gewann die ungeachtet der Vorfälle fortgesetzte Partie durch einen verwandelten Elfmeter in der 87. Minute mit 1:0. Die Rivalität zwischen Gor und Leopolds beruht auf einer sensiblen Mixtur aus politischen, religiösen, ethnischen und sozialen Gründen. Nachstehend ein entsprechender Auszug aus dem Kenia-Artikel meiner Fußballweltenzyklopädie sowie die Porträts der beiden Vereine aus dem Buch.
"Die ethnischen Konstellationen sind auch mitverantwortlich für die ausbleibenden Erfolge Kenias im Fußball. Die beiden beliebtesten Klubs des Landes AFC Leopards und Gor Mahia werden den Volksgruppen der Luhya bzw. der Luo zugeordnet, und weil ihr Duell jahrzehntelang eine überragende Stellung einnahm, manifestierte sich unter den anderen Ethnien der Glaube, im Fußball nicht talentiert genug zu sein. Dadurch wurde Fußball in Kenia zu einer von Luhyas und Luos beherrschten Disziplin, während andere Ethnien für Erfolge in der Leichtathletik und dem Boxen sorgen." (Auszug aus dem Kapitel Kenia der Fußballweltenzyklopädie Amerika, Afrika und Ozeanien)
Gor Mahia Nairobi National wie international Kenias erfolgreichster Verein. Zwölf Landesmeisterschaften werden überragt vom Gewinn des kontinentalen Pokalsiegerwettbewerbes 1987, als sich die Grün-Weißen im Finale gegen Espérance Tunis durchsetzten. Es war der bislang einzige kontinentale Erfolg eines ostafrikanischen Klubs. Gor Mahia entstand 1968 durch den Zusammenschluss von Luo United (Meister 1964) und Luo Sports Club (ehemals Luo Stars). Unter den Gründern war der populäre Unabhängigkeitskämpfer Tom Mboya. Gor Mahia gilt als Klub der Luo-Volksgruppe. »Gor« stand ursprünglich für einen berühmten Medizinmann aus der Luo-Mythologie, während »Mahia« in der Luo-Sprache für »Wunder« steht. Seit dem Verbot ethnischer Namen (1980) steht »GOR« offiziell für »Gulf Olympia Rangers«. Schon im ersten Jahr ihres Bestehens sicherte sich »Mighty Gor« erstmals die Landesmeisterschaft und drang 1979 im afrikanischen Pokalsiegerwettbewerb bis ins Finale vor (0:2 und 0:6 gegen Canon Yaoundé). In den 1980er Jahren zählten die von Kapitän Peter Bassanga angeführten Grün-Weißen zu den stärksten Teams des Kontinents. Nachdem unter Leu Julians die Nachwuchsarbeit intensiviert worden war, gelang Gor Mahia 1987 mit dem Gewinn des Pokals der afrikanischen Pokalsieger der größte Erfolg. Nach der Meisterschaft 1995 geriet der Klub in eine Krise und vermied 2002 den Abstieg unter umstrittenen Umständen am grünen Tisch. 2008 kehrte Gor Mahia mit dem Gewinn des Landespokals nach zehn Jahren auf Afrikas Fußballbühnen zurück.
AFC Leopards Nairobi Gemeinsam mit dem Lokalrivalen Gor Mahia die lange Zeit prägende Kraft des kenianischen Klubfußballs. Angaben des Vereins zufolge beläuft sich die Zahl der Anhänger auf etwa sechs Millionen Die Blau-Weißen wurden 1964 durch den Zusammenschluss der Erstligisten Marama, Samia United und Bunyore sowie mehrerer Kleinvereine als Abaluhya FC gegründet und sind der Verein der Luhya-Volksgruppe. Nach dem Verbot ethnischer Namen nahm man am 16. November 1980 den Namen All Footballers Club (AFC) Leopards an. Die »Ingwe« (Luhya-Begriff für »Leopard«) errangen neben zwölf Landesmeisterschaften auch fünfmal den CECAFA-Cup. 1968 scheiterte die von Nationalverteidiger Jonathan Niva angeführte Elf im Landesmeisterwettbewerb erst im Halbfinale an Etoile Filante aus Togo. 1974 und 1990 erreichten die Blau-Weißen, deren Galionsfigur über viele Jahre Joe Masiga war, jeweils das Viertelfinale des Wettbewerbs. Nach der Millenniumswende gerieten die Leoparden in die Turbulenzen des nationalen Fußballs. Nachdem sie 2007 aufgrund eines internen Konflikts gar nicht um Punkte gekickt hatten, verbrachten sie die Saison 2008 in der Zweitklassigkeit.
Sonntag, 24. Oktober 2010
Insolvenzticker: SSV Ulm 1846
Regionalligist SSV Ulm 1846 plagen erneut finanzielle Sorgen. Die Ulmer "Spatzen" hatten zur Millenniumswende mit einem bis in die Bundesliga führenden Aufschwung Furore gemacht und waren anschließend binnen zwei Jahren aus sportlichen bzw. finanziellen Gründen bis in die Verbandsliga Württemberg abgestürzt. 2002 gelang ihnen die Rückkehr in die Oberliga Baden-Württenberg, 2008 die Qualifikation zur Regionalliga Süd.
Nun hat die 2009 als "SSV Ulm 1846 Fussball" aus dem Hauptverein herausgelöste Fußballabteilung ein akutes Liquiditätsproblem. "Es ist fünf vor zwölf. Die laufende Saison ist nicht durchfinanziert. Wir haben keinerlei Rücklagen. Die momentanen Löcher können wir nicht alleine stopfen. Ohne Unterstützung von außen kommen wir auf keinen grünen Zweig", bekannte SSV-Präsident René Mick Ende der Woche gegenüber der "Südwest Presse".
Auf der Vereinshomepage heißt es zur Begründung: "Die anhaltend geringen Zuschauerzahlen und das geringe Interesse von weiteren Sponsoren haben ein großes finanzielles Loch in die Kasse des Vereins gerissen. In einer Pressekonferenz am Donnerstag hat Präsident René Mick und Andreas Schweickert, Verantwortlich für das Marketing und Sponsorensuche bei den 'Spatzen' klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass unter diesen Voraussetzungen ein Spielbetrieb in der Regionalliga nicht mehr länger zu finanzieren ist. Sollte in den nächsten 2-3 Wochen kein klares Signal von der Bevölkerung und der Wirtschaft in Ulm für höherklassigen Fußball in Ulm kommen, wird dass das Ende des lizenzierten Fußballs beim SSV Ulm 1846 sein."
Nach Aussage von Präsident Mick kalkulierte der SSV in der Saison 2010/11 mit "1.800 Zuschauern im Schnitt, bisher sind 1.100 pro Spiel gekommen. Wenn es so bleibt, fehlen uns am Saisonende 150.000 Euro.“ Gemeinsam mit Andreas Schweickert, dem Geschäftsführer der für den SSV 46 tätigen Marketingagentur Saltico, stellte Mick daraufhin die Frage, ob in Ulm "höherklassiger Fußball überhaupt gewünscht" und rief zu einer "Abstimmung mit den Füßen auf": „Wir brauchen Unterstützung von außen, sonst kommen wir nicht auf den richtigen Weg“.
Mit einem Fünf-Punkte-soll nun versucht werden, die Wirtschaft in der wirtschaftsstarken Region Ulm, weitere Sponsoren sowie die Zuschauer zu aktivieren. Die "Südwest Presse" fasste die Aktivitäten wie folgt zusammen:
1. Es soll eine Beteiligungs-GmbH gegründet werden, an der Firmen Anteile erwerben. "Wir bräuchten an die zehn Firmen und deren Netzwerke", so Schweickert.
2. Eingeführt wird ein Patenschaftsmodell. 1846 Euro soll die Patenschaft für einen erwachsenen Spieler pro Jahr kosten, für einen Jugendspieler die Hälfte (923 Euro).
3. Angeboten wird eine lebenslange Mitgliedschaft beim SSV 46 Fußball für 1846 Euro. "Nach 19 Jahren hätte sich diese Zahlung amortisiert", rechnet Schweickert vor.
4. Neu sind 18,46-Euro-Gutscheine. In diesem Betrag sind der Eintritt zu einem Regionalliga-Spiel, ein Fan-Artikel, eine Stadionwurst und ein Bier enthalten. "Mit so einem Gutschein können beispielsweise Firmeninhaber ihren Mitarbeitern eine Freude machen", stellt sich Schweickert vor.
5. Laut Mick wird noch überlegt, kleinere Anleihen (ab 100 Euro) auf den Markt zu bringen, die verzinst werden sollen.
P.S.: Vielen Dank und Grüße für den Hinweis nach München!
Nun hat die 2009 als "SSV Ulm 1846 Fussball" aus dem Hauptverein herausgelöste Fußballabteilung ein akutes Liquiditätsproblem. "Es ist fünf vor zwölf. Die laufende Saison ist nicht durchfinanziert. Wir haben keinerlei Rücklagen. Die momentanen Löcher können wir nicht alleine stopfen. Ohne Unterstützung von außen kommen wir auf keinen grünen Zweig", bekannte SSV-Präsident René Mick Ende der Woche gegenüber der "Südwest Presse".
Auf der Vereinshomepage heißt es zur Begründung: "Die anhaltend geringen Zuschauerzahlen und das geringe Interesse von weiteren Sponsoren haben ein großes finanzielles Loch in die Kasse des Vereins gerissen. In einer Pressekonferenz am Donnerstag hat Präsident René Mick und Andreas Schweickert, Verantwortlich für das Marketing und Sponsorensuche bei den 'Spatzen' klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass unter diesen Voraussetzungen ein Spielbetrieb in der Regionalliga nicht mehr länger zu finanzieren ist. Sollte in den nächsten 2-3 Wochen kein klares Signal von der Bevölkerung und der Wirtschaft in Ulm für höherklassigen Fußball in Ulm kommen, wird dass das Ende des lizenzierten Fußballs beim SSV Ulm 1846 sein."
Nach Aussage von Präsident Mick kalkulierte der SSV in der Saison 2010/11 mit "1.800 Zuschauern im Schnitt, bisher sind 1.100 pro Spiel gekommen. Wenn es so bleibt, fehlen uns am Saisonende 150.000 Euro.“ Gemeinsam mit Andreas Schweickert, dem Geschäftsführer der für den SSV 46 tätigen Marketingagentur Saltico, stellte Mick daraufhin die Frage, ob in Ulm "höherklassiger Fußball überhaupt gewünscht" und rief zu einer "Abstimmung mit den Füßen auf": „Wir brauchen Unterstützung von außen, sonst kommen wir nicht auf den richtigen Weg“.
Mit einem Fünf-Punkte-soll nun versucht werden, die Wirtschaft in der wirtschaftsstarken Region Ulm, weitere Sponsoren sowie die Zuschauer zu aktivieren. Die "Südwest Presse" fasste die Aktivitäten wie folgt zusammen:
1. Es soll eine Beteiligungs-GmbH gegründet werden, an der Firmen Anteile erwerben. "Wir bräuchten an die zehn Firmen und deren Netzwerke", so Schweickert.
2. Eingeführt wird ein Patenschaftsmodell. 1846 Euro soll die Patenschaft für einen erwachsenen Spieler pro Jahr kosten, für einen Jugendspieler die Hälfte (923 Euro).
3. Angeboten wird eine lebenslange Mitgliedschaft beim SSV 46 Fußball für 1846 Euro. "Nach 19 Jahren hätte sich diese Zahlung amortisiert", rechnet Schweickert vor.
4. Neu sind 18,46-Euro-Gutscheine. In diesem Betrag sind der Eintritt zu einem Regionalliga-Spiel, ein Fan-Artikel, eine Stadionwurst und ein Bier enthalten. "Mit so einem Gutschein können beispielsweise Firmeninhaber ihren Mitarbeitern eine Freude machen", stellt sich Schweickert vor.
5. Laut Mick wird noch überlegt, kleinere Anleihen (ab 100 Euro) auf den Markt zu bringen, die verzinst werden sollen.
P.S.: Vielen Dank und Grüße für den Hinweis nach München!
Samstag, 23. Oktober 2010
Insolvenzticker: Trauriger deutscher Amateurfußball
Ich habe heute mal ein wenig über Insolvenzen und drohenden Insolvenzen im hochklassigen Amateurfußball geforscht. Das (vorläufige) Ergebnis war erschreckend: GFC Düren, TSG Thannhausen, FC Gera 03, ganz aktuell Eintracht Kreuznach, der SSV Ulm 1846 - die Reihe der Klubs, der seit Ende der Saison 2009/10 in Gefahr geraten sind bzw. bereits Insolvenz angemeldet haben, scheint schier unendlich lang zu sein. Preußen Hameln hat sich bereits im September völlig aus dem laufenden Spielbetrieb zurückziehen müssen, und wie (bzw. ob) es beim Bonner SC weitergeht, ist gegenwärtig offen.
Ich werde die Geschichten nun prüfen und in den nächsten Tagen in diesem Blog nach und nach veröffentlichen.
Offensichtlich ist jedoch, dass der leistungsorientierte Amateurfußball in Deutschland aktuell zusammenbricht. Das ist sicherlich einerseits der häufig gewagten bzw. fahrlässigen Politik bei den betroffenen Vereinen zuzuschreiben, stellt aber zweifelsohne auch ein Strukturproblem dar. Und in dem Zusammenhang dürfte dann auch die Frage, ob der DFB-Beschluss, die Regionalligen auf fünf Staffeln auszuweiten hilfreich ist, eine Rolle spielen.
Nun noch ein Hinweis in eigener Sache: Wer etwas von drohenden Insolvenzen in seinem eigenen regionalen Umfeld mitbekommt, den bitte ich um einen kurzen Hinweis, damit ich darüber im Insolvenzticker informieren kann. Wenn wir die Pleite von Klubs schon nicht verhindern können, sollte wenigstens der Informationsfluss gewährleistet sein. Und überregional gibt es ja nicht allzu viele Stellen, die sich um das Schicksal von Vereinen wie Eintracht Bad Kreuznach oder Preußen Hameln kümmern. Zugleich weiß ich aber, dass da draußen in der großen weiten Fußballwelt eine Menge Leute sind, die genau darüber etwas erfahren möchten.
Ich werde die Geschichten nun prüfen und in den nächsten Tagen in diesem Blog nach und nach veröffentlichen.
Offensichtlich ist jedoch, dass der leistungsorientierte Amateurfußball in Deutschland aktuell zusammenbricht. Das ist sicherlich einerseits der häufig gewagten bzw. fahrlässigen Politik bei den betroffenen Vereinen zuzuschreiben, stellt aber zweifelsohne auch ein Strukturproblem dar. Und in dem Zusammenhang dürfte dann auch die Frage, ob der DFB-Beschluss, die Regionalligen auf fünf Staffeln auszuweiten hilfreich ist, eine Rolle spielen.
Nun noch ein Hinweis in eigener Sache: Wer etwas von drohenden Insolvenzen in seinem eigenen regionalen Umfeld mitbekommt, den bitte ich um einen kurzen Hinweis, damit ich darüber im Insolvenzticker informieren kann. Wenn wir die Pleite von Klubs schon nicht verhindern können, sollte wenigstens der Informationsfluss gewährleistet sein. Und überregional gibt es ja nicht allzu viele Stellen, die sich um das Schicksal von Vereinen wie Eintracht Bad Kreuznach oder Preußen Hameln kümmern. Zugleich weiß ich aber, dass da draußen in der großen weiten Fußballwelt eine Menge Leute sind, die genau darüber etwas erfahren möchten.
Neues Buch da: Glaube, Liebe, Schalke
Der Winter kommt, die Tage werden kürzer, und die Winterpause rückt auch näher. Für alle positiv königsblau Verrückten hätte ich da ein neues Werk aus meiner Schreibwerkstatt anzubieten: "Glaube, Liebe, Schalke. Die komplette Geschichte des FC Schalke 04".
Just aus der Druckerei gekommen, wird das 464-Seiten-Buch in der kommenden Woche im Handel sein. Es ist von der ersten bis zur letzten Seiten vollfarbig, enthält die Aufstellungen von fast allen Pflichtspielen seit Gründung und ist üppig bebildert.
Untergliedert ist es Saison für Saison, das heißt, es gibt zu jeder Spielzeit einen längeren Text über den Saisonverlauf, die entsprechende Statistik sowie ein Spielerporträt. Ab der Bundesliga haben wir zu jedem Jahr ein Foto des Mannschaftskaders.
Dazu kommen Sonderthemen zu allerlei Dingen wie "Schalke im Dritten Reich", alte Rivalen wie Horst-Emscher und Eintracht Gelsenkirchen oder "Königsblaues Liedgut".
Zum Inhalt sag ich als Autor jetzt nur soviel, dass ich unendlich viel Spaß hatte. Schalke war, ist und bleibt ein ganz eigenes Stück deutsche Fußballgeschichte und -gegenwart. Eine Faszination, die, das wusste ich vorher schon und weiß ich nun umso mehr, völlig zurecht das Label "Mythos" trägt.
Das gute Stück kostet 39,90 Euro und ist im Verlag Die Werkstatt erschienen. ISBN: 978-3-89533-747-5
Weitere Informationen sowie ein "Blick ins Buch" unter:
http://www.werkstatt-verlag.de/?q=node/326
Just aus der Druckerei gekommen, wird das 464-Seiten-Buch in der kommenden Woche im Handel sein. Es ist von der ersten bis zur letzten Seiten vollfarbig, enthält die Aufstellungen von fast allen Pflichtspielen seit Gründung und ist üppig bebildert.
Untergliedert ist es Saison für Saison, das heißt, es gibt zu jeder Spielzeit einen längeren Text über den Saisonverlauf, die entsprechende Statistik sowie ein Spielerporträt. Ab der Bundesliga haben wir zu jedem Jahr ein Foto des Mannschaftskaders.
Dazu kommen Sonderthemen zu allerlei Dingen wie "Schalke im Dritten Reich", alte Rivalen wie Horst-Emscher und Eintracht Gelsenkirchen oder "Königsblaues Liedgut".
Zum Inhalt sag ich als Autor jetzt nur soviel, dass ich unendlich viel Spaß hatte. Schalke war, ist und bleibt ein ganz eigenes Stück deutsche Fußballgeschichte und -gegenwart. Eine Faszination, die, das wusste ich vorher schon und weiß ich nun umso mehr, völlig zurecht das Label "Mythos" trägt.
Das gute Stück kostet 39,90 Euro und ist im Verlag Die Werkstatt erschienen. ISBN: 978-3-89533-747-5
Weitere Informationen sowie ein "Blick ins Buch" unter:
http://www.werkstatt-verlag.de/?q=node/326
Freitag, 22. Oktober 2010
Buchbesprechung: Booted and Suited
Hooliganliteratur, in der sich gealterte Schlägertypen an ihren früheren „Taten“ beweihräuchern, ist nicht so mein Ding. Ich habe halt nie zur „schlagenden Fraktion“ gehört und konnte auch nie die „Faszination“ greifen, die von Massenschlägereien ausgehen soll.
Chris Browns Buch „Booted and Suited” ist mir auch nur in die Finger gefallen, weil der Autor ein „Gashead“ ist – also Fan „meiner“ Bristol Rovers.
In Browns Buch geht es um Gewalt. Um viel Gewalt, und häufig sind die Bilder, die der Autor aufzeigt, erschütternd und abstoßend. Aber Browns Buch behandelt weit mehr als nur das Thema Fußballgewalt. „The real story of the 1970s – it ain’t no boogie wonderland“ heißt es im Untertitel des Buches. Der 1956 geborene Brown ist ein Zeitzeuge der 1970er, die in England eine Dekade der permanenten Veränderung war. Somit geht es in seiner Erzählung auch nicht nur um Fußball, sondern ganz viel um Musik und Subkulturen.
Brown gehört zu der Generation, die zwischen den Mods und den Punks groß wurde und in einem sich dramatisch verändernden Großbritannien auf der Suche nach der eigenen Identität war. Dabei geht es nahezu ständig um die Auslotung der eigenen Grenzen. „Aggro“ spielt eine zentrale Rolle in der Sozialisation des im rauen Norden der Hafen- und Industriestadt Bristol aufgewachsenen Brown. Aus Fußballsicht gehört Brown zu der Generation VOR den gefürchteten „Firms“ wie West Hams ICF und Chelseas Headhunters. Seine Geschichte ist exemplarisch für die britische Alltagsgeschichte von den Mods bis zur National Front, vom stockkonservativen Nachkriegsengland bis zur „eisernen Lady“ Maggie Thatcher.
Für sein Buch hat er sich nicht nur auf eigene Erinnerungen verlassen, sondern stieg auch in die Archive ab. So rekonstruierte er die Frühgeschichte der Mods und Rocker im Bristol der 1960er Jahre und schuf damit die Grundlage für seine eigene Geschichte, die im Sommer 1969 einsetzt, als Brown zum Mod wurde und anschließend zu den ersten in Bristol zählte, die sich „Skinheads“ nannten. Damals war ein „Skin“ im Übrigen alles andere als ein Fascho. „West Indies were working-class people like us“, schreibt er, und kämpfte Seite an Seite mit gebürtigen Jamaikanern in Fußballstadien und Konzertsälen.
Browns Alltag bestand aus Musik, Gewalt und Exzessen. Die Konflikte waren vielfältig. Mods bzw. Skins gegen Rocker, alle gegen die Polizei und im Fußball gegen den verhassten Lokalrivalen Bristol City, gegen die Gegner aus Wales („sheep-shagger“) und gegen alle anderen. Was das Buch an dieser Stelle besonders macht, ist die Rolle, die die Bristol Rovers seinerzeit spielten. Ein verhältnismäßig kleiner Klub, der zu Browns aktiven Zeiten von der dritten in die zweite Liga aufsteigt, der aber in seiner Bedeutung nicht annähernd an Größen wie Leeds United, Chelsea oder West Ham heranreichte. Und doch: „The Tote End. It might not have been the Kop or the Shed, but it did for me during the 70s”, schreibt er über die Rovers-Kurve “Tote End” im Eastville-Stadium. Inzwischen vollends zum Skinhead geworden, prügelte er sich binnen kurzem an die Spitze der Rovers-Fans, die seinerzeit landesweit zu den gefürchtetsten Fangruppen im britischen Profifußball gehörten. Nicht allzu viele Köpfe, aber die, die da sind, sind zu allem bereit.
Browns Berichte von den Schlachtfeldern sind keine überzogenen Heldenstorys sondern geprägt von kritischer Selbstreflexion, nüchterner Erzählung und dem einen oder anderem Bedauern. Mitunter sind sie sogar lustig – wie die Geschichte in Swansea, als sich die Rovers-Fans mit den Heimsupportern erst eine wüste Schlacht lieferten und beide Seiten anschließend im Krankenhaus gemeinsam Lieder sangen. Auch die Geschichten von Skinheads, die sich im Fußballstadion plötzlich als „Gegner“ gegenüberstehen und nicht wissen, was sie nun machen sollen, haben bei aller Brutalität etwas amüsantes.
Wesentlicher spannender indes ist es, Browns persönliches Entwicklungsprozess zu verfolgen. Er wird vom Mod zum Skin, vom Skin zum Soul-Anhänger, lässt sich von Alice Cooper, Slade und Clockwork Orange beeinflussen, bleibt der schwarzen Musik über Funk und Disco treu und wird schließlich zum Punker. Damit endet seine Geschichte allmählich, denn längst kein Teen mehr fühlt sich Brown allmählich „alt“ und nimmt Abschied von den Jugendkulturen. Seine letzte Station ist spektakulär. Aus der Punkbewegung, die Brown zu recht als die „last generation of great British rebels“ bezeichnet, lässt er sich von der faschistischen National Front rekrutieren und wird zum prügelnden Faschisten. Überzeugung ist allerdings nur bedingt dabei. Brown ist stolzer Brite – das war er schon als Mod, als Skin, als Punk und immer als Fußballfan. Doch Brown liebt auch schwarze Musik wie Ska, Reggae, Soul und Funk. Er ist kein Rassist, und so glühend er das „England rules“ verteidigt, so unmöglich ist es ihm, Schwarze nur aufgrund ihrer Hautfarbe zu hassen. Bei einem NF-Treffen in London wendet er sich ab, und damit endet seine Geschichte.
„It ain’t no boogie wonderland“ – wahrhaftig. Lesen!
☺☺☺☺☺
Chris Brown
„Booted and Suited“
John Blake Publisihing
ISBN: 978-1-84454-746-3
£7,99 (zu beziehen u.a. über Amazon, dort 9,99 Euro)
Chris Browns Buch „Booted and Suited” ist mir auch nur in die Finger gefallen, weil der Autor ein „Gashead“ ist – also Fan „meiner“ Bristol Rovers.
In Browns Buch geht es um Gewalt. Um viel Gewalt, und häufig sind die Bilder, die der Autor aufzeigt, erschütternd und abstoßend. Aber Browns Buch behandelt weit mehr als nur das Thema Fußballgewalt. „The real story of the 1970s – it ain’t no boogie wonderland“ heißt es im Untertitel des Buches. Der 1956 geborene Brown ist ein Zeitzeuge der 1970er, die in England eine Dekade der permanenten Veränderung war. Somit geht es in seiner Erzählung auch nicht nur um Fußball, sondern ganz viel um Musik und Subkulturen.
Brown gehört zu der Generation, die zwischen den Mods und den Punks groß wurde und in einem sich dramatisch verändernden Großbritannien auf der Suche nach der eigenen Identität war. Dabei geht es nahezu ständig um die Auslotung der eigenen Grenzen. „Aggro“ spielt eine zentrale Rolle in der Sozialisation des im rauen Norden der Hafen- und Industriestadt Bristol aufgewachsenen Brown. Aus Fußballsicht gehört Brown zu der Generation VOR den gefürchteten „Firms“ wie West Hams ICF und Chelseas Headhunters. Seine Geschichte ist exemplarisch für die britische Alltagsgeschichte von den Mods bis zur National Front, vom stockkonservativen Nachkriegsengland bis zur „eisernen Lady“ Maggie Thatcher.
Für sein Buch hat er sich nicht nur auf eigene Erinnerungen verlassen, sondern stieg auch in die Archive ab. So rekonstruierte er die Frühgeschichte der Mods und Rocker im Bristol der 1960er Jahre und schuf damit die Grundlage für seine eigene Geschichte, die im Sommer 1969 einsetzt, als Brown zum Mod wurde und anschließend zu den ersten in Bristol zählte, die sich „Skinheads“ nannten. Damals war ein „Skin“ im Übrigen alles andere als ein Fascho. „West Indies were working-class people like us“, schreibt er, und kämpfte Seite an Seite mit gebürtigen Jamaikanern in Fußballstadien und Konzertsälen.
Browns Alltag bestand aus Musik, Gewalt und Exzessen. Die Konflikte waren vielfältig. Mods bzw. Skins gegen Rocker, alle gegen die Polizei und im Fußball gegen den verhassten Lokalrivalen Bristol City, gegen die Gegner aus Wales („sheep-shagger“) und gegen alle anderen. Was das Buch an dieser Stelle besonders macht, ist die Rolle, die die Bristol Rovers seinerzeit spielten. Ein verhältnismäßig kleiner Klub, der zu Browns aktiven Zeiten von der dritten in die zweite Liga aufsteigt, der aber in seiner Bedeutung nicht annähernd an Größen wie Leeds United, Chelsea oder West Ham heranreichte. Und doch: „The Tote End. It might not have been the Kop or the Shed, but it did for me during the 70s”, schreibt er über die Rovers-Kurve “Tote End” im Eastville-Stadium. Inzwischen vollends zum Skinhead geworden, prügelte er sich binnen kurzem an die Spitze der Rovers-Fans, die seinerzeit landesweit zu den gefürchtetsten Fangruppen im britischen Profifußball gehörten. Nicht allzu viele Köpfe, aber die, die da sind, sind zu allem bereit.
Browns Berichte von den Schlachtfeldern sind keine überzogenen Heldenstorys sondern geprägt von kritischer Selbstreflexion, nüchterner Erzählung und dem einen oder anderem Bedauern. Mitunter sind sie sogar lustig – wie die Geschichte in Swansea, als sich die Rovers-Fans mit den Heimsupportern erst eine wüste Schlacht lieferten und beide Seiten anschließend im Krankenhaus gemeinsam Lieder sangen. Auch die Geschichten von Skinheads, die sich im Fußballstadion plötzlich als „Gegner“ gegenüberstehen und nicht wissen, was sie nun machen sollen, haben bei aller Brutalität etwas amüsantes.
Wesentlicher spannender indes ist es, Browns persönliches Entwicklungsprozess zu verfolgen. Er wird vom Mod zum Skin, vom Skin zum Soul-Anhänger, lässt sich von Alice Cooper, Slade und Clockwork Orange beeinflussen, bleibt der schwarzen Musik über Funk und Disco treu und wird schließlich zum Punker. Damit endet seine Geschichte allmählich, denn längst kein Teen mehr fühlt sich Brown allmählich „alt“ und nimmt Abschied von den Jugendkulturen. Seine letzte Station ist spektakulär. Aus der Punkbewegung, die Brown zu recht als die „last generation of great British rebels“ bezeichnet, lässt er sich von der faschistischen National Front rekrutieren und wird zum prügelnden Faschisten. Überzeugung ist allerdings nur bedingt dabei. Brown ist stolzer Brite – das war er schon als Mod, als Skin, als Punk und immer als Fußballfan. Doch Brown liebt auch schwarze Musik wie Ska, Reggae, Soul und Funk. Er ist kein Rassist, und so glühend er das „England rules“ verteidigt, so unmöglich ist es ihm, Schwarze nur aufgrund ihrer Hautfarbe zu hassen. Bei einem NF-Treffen in London wendet er sich ab, und damit endet seine Geschichte.
„It ain’t no boogie wonderland“ – wahrhaftig. Lesen!
☺☺☺☺☺
Chris Brown
„Booted and Suited“
John Blake Publisihing
ISBN: 978-1-84454-746-3
£7,99 (zu beziehen u.a. über Amazon, dort 9,99 Euro)
Mittwoch, 20. Oktober 2010
Insolvenzticker: Viktoria Köln
Schon etwas länger her (geschah während meines Urlaubs), doch umso trauriger: Viktoria Köln, früherer Zweitligist und einer der traditionsreichsten Vereine in Köln, hat seine Mannschaft aus dem Spielbetrieb der Saison 2010/11 zurückgezogen und nimmt in der laufenden Spielzeit nicht am Seniorenspielbetrieb teil!
Zu den Hintergründen. Anfang 2010 meldete der SCB Viktoria Köln, entstanden durch eine ganze Reihe von Fusionen, deren letzte der Zusammenschluss von SC Brück und SC Viktoria Köln war (man nannte sich zunächst SCB Preußen Köln, in Erinnerung an Preußen Dellbrück) ein Insolvenzverfahren an. Trotz enger Zusammenarbeit mit dem aufstrebenden Nachbarklub Germania Windeck bzw. dessen Förderer bahnte sich keine gute Lösung an.
Vor Beginn der Saison 2010/11 wurde daher beschlossen, den insolventen Verein aufzulösen und sämtliche Spieler in den neu gegründeten FC Viktoria 04 Köln zu überführen. Der sollte auch den Startplatz in der Landesliga übernehmen, wohin der SCB Viktoria in der Saison 2009/10 abgestiegen war.
Der Fußball-Verband Mittelrhein sah in dem FC Viktoria jedoch eine Neugründung und ordnete entsprechend einen Neustart in der untersten Spielklasse an. Zuvor hatte der Verband eine Umfrage bei anderen Vereinen durchgeführt, die zum Ergebnis geführt hatte, keine Sonderregelung für die neue Viktoria zuzulassen.
Daraufhin zum Neustart in der Kreisliga D verbannt, verließen unmittelbar vor dem ersten Landesliga-Saisonspiel gegen die Sportfreunde Troisdorf sämtliche Spieler den Verein, der daraufhin gar keine Seniorenmannschaft für die Spielzeit 2010/11 meldete.
In einer Pressemitteilung der Höhenberger von Ende August 2010 wird von einem „Tiefpunkt“ in der 100-Jährigen Vereinsgeschichte gesprochen: „Der FC Viktoria Köln nimmt in diesem Jahr nicht am Seniorenspielbetrieb des Fußball-Verbandes Mittelrhein teil. Der Traditionsverein von der rechten Rheinseite scheiterte heute vor dem Landgericht Köln mit dem Antrag auf eine einstweilige Verfügung und darf demnach am Sonntag nicht den Spielbetrieb in der Fußball-Landesliga aufnehmen. Nachdem der Fußball-Verband Mittelrhein dem neugegründeten FC Viktoria Köln das Startrecht in der Landesliga verwehrt hatte, lehnte das Landgericht Köln heute den Antrag auf einstweilige Verfügung ab.“
Von der Möglichkeit als FC Viktoria einen kompletten Neustart in der Kreisliga D zu starten, nehmen die Höhenberger zu jenem Zeitpunkt Abstand.
Inzwischen konnten die Jugendmannschaften des SCB Viktoria auf den FC Viktoria übertragen werden, womit zumindest die "Einheit" des Vereins gewahrt blieb. Auf seiner Sitzung am 14.Oktober 2010 stellte der Aufsichtsrat des Vereins daraufhin weitere Weichen für die Zukunft des FC Viktoria 04 Köln und konnte mit Unterstützung einiger Sponsoren einen tragfähigen Etat für die Jugendmannschaften aufstellen. „Ich freue mich, dass wir die Erfahrung vieler bisheriger Viktoria-Mitarbeiter auch weiter für den FC Viktoria Köln nutzen können und somit ein operativer Bruch zwischen SCB und FC vermieden werden konnte“, wird Vereinspräsident Tobias Kollmann auf der Website des Vereins zitiert.
Für die Saison 2011/12 will man in Köln-Höhenberg auch wieder eine Seniorenmannschaft ins Rennen schicken. Doch bis man die Viktoria wieder "oben" sehen wird, werden wohl viele Jahre vergehen. Wenn man sie überhaupt wiedersehen wird...
Glückauf, Viktoria!
http://www.viktoria1904.de/
Zu den Hintergründen. Anfang 2010 meldete der SCB Viktoria Köln, entstanden durch eine ganze Reihe von Fusionen, deren letzte der Zusammenschluss von SC Brück und SC Viktoria Köln war (man nannte sich zunächst SCB Preußen Köln, in Erinnerung an Preußen Dellbrück) ein Insolvenzverfahren an. Trotz enger Zusammenarbeit mit dem aufstrebenden Nachbarklub Germania Windeck bzw. dessen Förderer bahnte sich keine gute Lösung an.
Vor Beginn der Saison 2010/11 wurde daher beschlossen, den insolventen Verein aufzulösen und sämtliche Spieler in den neu gegründeten FC Viktoria 04 Köln zu überführen. Der sollte auch den Startplatz in der Landesliga übernehmen, wohin der SCB Viktoria in der Saison 2009/10 abgestiegen war.
Der Fußball-Verband Mittelrhein sah in dem FC Viktoria jedoch eine Neugründung und ordnete entsprechend einen Neustart in der untersten Spielklasse an. Zuvor hatte der Verband eine Umfrage bei anderen Vereinen durchgeführt, die zum Ergebnis geführt hatte, keine Sonderregelung für die neue Viktoria zuzulassen.
Daraufhin zum Neustart in der Kreisliga D verbannt, verließen unmittelbar vor dem ersten Landesliga-Saisonspiel gegen die Sportfreunde Troisdorf sämtliche Spieler den Verein, der daraufhin gar keine Seniorenmannschaft für die Spielzeit 2010/11 meldete.
In einer Pressemitteilung der Höhenberger von Ende August 2010 wird von einem „Tiefpunkt“ in der 100-Jährigen Vereinsgeschichte gesprochen: „Der FC Viktoria Köln nimmt in diesem Jahr nicht am Seniorenspielbetrieb des Fußball-Verbandes Mittelrhein teil. Der Traditionsverein von der rechten Rheinseite scheiterte heute vor dem Landgericht Köln mit dem Antrag auf eine einstweilige Verfügung und darf demnach am Sonntag nicht den Spielbetrieb in der Fußball-Landesliga aufnehmen. Nachdem der Fußball-Verband Mittelrhein dem neugegründeten FC Viktoria Köln das Startrecht in der Landesliga verwehrt hatte, lehnte das Landgericht Köln heute den Antrag auf einstweilige Verfügung ab.“
Von der Möglichkeit als FC Viktoria einen kompletten Neustart in der Kreisliga D zu starten, nehmen die Höhenberger zu jenem Zeitpunkt Abstand.
Inzwischen konnten die Jugendmannschaften des SCB Viktoria auf den FC Viktoria übertragen werden, womit zumindest die "Einheit" des Vereins gewahrt blieb. Auf seiner Sitzung am 14.Oktober 2010 stellte der Aufsichtsrat des Vereins daraufhin weitere Weichen für die Zukunft des FC Viktoria 04 Köln und konnte mit Unterstützung einiger Sponsoren einen tragfähigen Etat für die Jugendmannschaften aufstellen. „Ich freue mich, dass wir die Erfahrung vieler bisheriger Viktoria-Mitarbeiter auch weiter für den FC Viktoria Köln nutzen können und somit ein operativer Bruch zwischen SCB und FC vermieden werden konnte“, wird Vereinspräsident Tobias Kollmann auf der Website des Vereins zitiert.
Für die Saison 2011/12 will man in Köln-Höhenberg auch wieder eine Seniorenmannschaft ins Rennen schicken. Doch bis man die Viktoria wieder "oben" sehen wird, werden wohl viele Jahre vergehen. Wenn man sie überhaupt wiedersehen wird...
Glückauf, Viktoria!
http://www.viktoria1904.de/
Dienstag, 19. Oktober 2010
Ein Weltmeister, viele Waffen und ein kleines Land
Heute mal eine alte Schmonzette aus den wilden Tagen des albanischen Fußball, die ich vor längerer Zeit für meine damalige Kolumne in den 11 Freunde schrieb.
Albanien ist kein Traum-Reiseziel. Gut, ein paar antike Säulen gibt es zu bestaunen, und an der gesamten Küstenlinie stehen Bunker, mit denen Ex-Staatschef Enver Hoxha sein drangsaliertes Land einst vor Eindringlingen schützen wollte. Dass in jenen heute vornehmlich die ärmsten der Armen wohnen, wirft ein bezeichnendes Licht auf das "Land der Skipetaren".
Große Reichtümer gab es in Albaniens Fußball nie zu verdienen- nicht umsonst kickten Recken wie Altin Rrakli, Ilir Shulku oder Altin Lala in bundesdeutschen Gefilden. Doch für einen kurzen Moment rollte der berühmte "Rubel" auch zwischen Shkoder und Gjirokaster, ertrank Albanien im fremdfinanzierten Fußballrausch. Man schrieb die Spielzeit 1996/97, als die wirtschaftliche Öffnung des Balkanlandes in seinem Spitzenfußball ankam. Wie so häufig, lockte dies krude Zeitgenossen an, die sich im Rampenlicht des Fußballs sonnen wollte. Einer von ihnen war Pellumb Xhefarri, ein 30-jähriger Geschäftsmann, der gemeinsam mit Vater Rrapush die "Fondacioni Xhefarri" gegründet hatte. Dabei handelte es sich um ein Geldhaus, das Kleinsparern mit abstrusen Versprechungen von bis zu 100% Zinsen das Geld aus der Tasche lockte. Ein zunächst extrem erfolgreiches Unternehmen. "Ich verdiene mehr als 3.000 Dollar pro Stunde. Meine Villa hat elf Zimmer und vier Küchen", prahlte der Neureiche schon nach wenigen Monaten stolz.
Xhefarri junior hatte aber noch ein weiteres Hobby: Fußball-Erstligist SK Lushnja. Einst unter dem schönen Namen "Traktori" auflaufend handelte es sich dabei um einen biederen Provinzklub ohne jegliche Ambitionen. Bis Xhefarri kam. Der verkündete vollmundig: "In fünf Jahren wollen wir zu den besten acht Klubs Europas zählen". Helfen sollten dabei namhafte Kicker. "Okocha hat mir versprochen zu kommen, und ich denke außerdem an Edmundo, der in Brasilien Probleme hat."
Auch für die Trainingsleitung hatte sich der Jungmillionär einen illustren Kandidaten ausgesucht: Mario Kempes, Argentiniens WM-Held von 1978. "Ich war arbeitslos und wartete auf Angebote, als mir ein Vermittler von Lushnja erzählte", erklärte der zuvor in Indonesien tätige Argentinier. Schlappe 3.000 Mark pro Monat gab es für Kempes in Albanien zu verdienen - eine Summe, für die ein gewöhnlicher Albaner immerhin zwei Jahre arbeiten musste. Zudem lockten weitere 50.000 Mark für den Fall, dass er den SK Lushnja zu Meisterschaft oder Pokalsieg führen sollte. Im Januar 1997 trat Mario Kempes seinen Dienst im Roza Haxhiu-Stadion zu Lushnja an.
Keine drei Wochen später war der Traum geplatzt - so wie der von tausenden albanischer Kleinsparer. Das vielfach kopierte Zinskonstrukt war landesweit zusammengebrochen und hatte ein armes Volk noch ärmer gemacht. Und wütender. Erbost hatten die Geprellten Kasernen und Polizeistationen gestürmt, wo sie sich bewaffneten und auf die Suche nach den Verantwortlichen begaben. Auch in Lushnja ging es drunter und drüber. Der geplante Rückrundenauftakt gegen Apolonia Fier musste abgesagt werden, und Vereinsboß Xhefarri flog vor dem Volkszorn. Mit ihm ging das Geld - und Kempes. Der hatte sich wohlweislich in Rom niedergelassen und war nur zu Training und Spiel nach Albanien gekommen. "Ich wusste von den Vorgängen nichts", gab sich der Ex-WM-Star unschuldig und verkündete "Mein Koffer sind immer gepackt".
Das waren auch die vieler Albaner, denen Finanzhaie wie Xhefarri ihre lächerlichen Ersparnisse geraubt hatten und die nun vollends mittellos dastanden.
Albanien ist kein Traum-Reiseziel. Gut, ein paar antike Säulen gibt es zu bestaunen, und an der gesamten Küstenlinie stehen Bunker, mit denen Ex-Staatschef Enver Hoxha sein drangsaliertes Land einst vor Eindringlingen schützen wollte. Dass in jenen heute vornehmlich die ärmsten der Armen wohnen, wirft ein bezeichnendes Licht auf das "Land der Skipetaren".
Große Reichtümer gab es in Albaniens Fußball nie zu verdienen- nicht umsonst kickten Recken wie Altin Rrakli, Ilir Shulku oder Altin Lala in bundesdeutschen Gefilden. Doch für einen kurzen Moment rollte der berühmte "Rubel" auch zwischen Shkoder und Gjirokaster, ertrank Albanien im fremdfinanzierten Fußballrausch. Man schrieb die Spielzeit 1996/97, als die wirtschaftliche Öffnung des Balkanlandes in seinem Spitzenfußball ankam. Wie so häufig, lockte dies krude Zeitgenossen an, die sich im Rampenlicht des Fußballs sonnen wollte. Einer von ihnen war Pellumb Xhefarri, ein 30-jähriger Geschäftsmann, der gemeinsam mit Vater Rrapush die "Fondacioni Xhefarri" gegründet hatte. Dabei handelte es sich um ein Geldhaus, das Kleinsparern mit abstrusen Versprechungen von bis zu 100% Zinsen das Geld aus der Tasche lockte. Ein zunächst extrem erfolgreiches Unternehmen. "Ich verdiene mehr als 3.000 Dollar pro Stunde. Meine Villa hat elf Zimmer und vier Küchen", prahlte der Neureiche schon nach wenigen Monaten stolz.
Xhefarri junior hatte aber noch ein weiteres Hobby: Fußball-Erstligist SK Lushnja. Einst unter dem schönen Namen "Traktori" auflaufend handelte es sich dabei um einen biederen Provinzklub ohne jegliche Ambitionen. Bis Xhefarri kam. Der verkündete vollmundig: "In fünf Jahren wollen wir zu den besten acht Klubs Europas zählen". Helfen sollten dabei namhafte Kicker. "Okocha hat mir versprochen zu kommen, und ich denke außerdem an Edmundo, der in Brasilien Probleme hat."
Auch für die Trainingsleitung hatte sich der Jungmillionär einen illustren Kandidaten ausgesucht: Mario Kempes, Argentiniens WM-Held von 1978. "Ich war arbeitslos und wartete auf Angebote, als mir ein Vermittler von Lushnja erzählte", erklärte der zuvor in Indonesien tätige Argentinier. Schlappe 3.000 Mark pro Monat gab es für Kempes in Albanien zu verdienen - eine Summe, für die ein gewöhnlicher Albaner immerhin zwei Jahre arbeiten musste. Zudem lockten weitere 50.000 Mark für den Fall, dass er den SK Lushnja zu Meisterschaft oder Pokalsieg führen sollte. Im Januar 1997 trat Mario Kempes seinen Dienst im Roza Haxhiu-Stadion zu Lushnja an.
Keine drei Wochen später war der Traum geplatzt - so wie der von tausenden albanischer Kleinsparer. Das vielfach kopierte Zinskonstrukt war landesweit zusammengebrochen und hatte ein armes Volk noch ärmer gemacht. Und wütender. Erbost hatten die Geprellten Kasernen und Polizeistationen gestürmt, wo sie sich bewaffneten und auf die Suche nach den Verantwortlichen begaben. Auch in Lushnja ging es drunter und drüber. Der geplante Rückrundenauftakt gegen Apolonia Fier musste abgesagt werden, und Vereinsboß Xhefarri flog vor dem Volkszorn. Mit ihm ging das Geld - und Kempes. Der hatte sich wohlweislich in Rom niedergelassen und war nur zu Training und Spiel nach Albanien gekommen. "Ich wusste von den Vorgängen nichts", gab sich der Ex-WM-Star unschuldig und verkündete "Mein Koffer sind immer gepackt".
Das waren auch die vieler Albaner, denen Finanzhaie wie Xhefarri ihre lächerlichen Ersparnisse geraubt hatten und die nun vollends mittellos dastanden.
Montag, 18. Oktober 2010
Insolvenzticker: SpVgg Unterhaching
Drittligist SpVgg Unterhaching droht nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" eine prekäre finanzielle Situation, wenn sich ein gerade erst bekannt gewordener, aber schon vor drei Monaten vereinbarter Deal mit einem Investor als "Fake" erweisen sollte.
Am vergangenen Freitag veröffentlichte der Klub eine Pressemitteilung, in der es hieß: „Die SpVgg Unterhaching hat mit Franco Levis als Vertreter einer Investorengruppe Sponsoren- und Zuwendungsverträge abgeschlossen." Dies geschah offenbar bereits im Juli, wobei es um Millionenbeträgen geht. Die Investorengruppe soll den bisherigen Hachinger Hauptsponsor "Generali" ersetzen, dessen Vertrag 2011 ausläuft. Im Vertrauen auf das bald fließende Geld hatte die SpVgg zu Saisonbeginn in neue Spieler investiert.
Nun stellte sich heraus, dass der neue Investor bislang noch keinen Cent bezahlt hat und die SpVgg ihn inzwischen "letztmalig" aufgefordert hat, ausstehende Zahlungen auf ein Treuhandkonto zu überweisen.
Anderenfalls befürchtet der Verein „insolvenzrechtliche Konsequenzen“ - übersetzt: ein drohendes Insolvenzverfahren. SpVgg-Präsident Engelbert Kupka meinte gegenüber der "Abendzeitung": „Ich gehe davon aus, dass er kein Betrüger ist.“
Über den vermeintlichen Investor Franco Levis weiß die "Abendzeitung" zu berichten: "Franco Levis ist eigenen Angaben nach Generaldirektor der Depro Group, einer Anlagegesellschaft mit Sitz in Wien. Laut Homepage gibt es noch Büros in Italien und Tschechen, angegeben sind dort aber nur Telefon- und Faxnummern sowie Dependancen in Kiew (Ukraine) und Nikosia (Zypern), zu denen es keinerlei Kontaktmöglichkeiten gibt. Auf seinem Xing-Profil wirbt Levis so für sich: 'Ich biete große Erfahrung als Führungskraft, hervorragendes Netzwerk in verschiedenen Ländern, hohe Anpassunsfähigkeit gegenüber Menschen und Kulturen, verschiedene Sprachen!'"
Unter der Woche war Unterhachings Manager Erich Meidert mit den Worten „Ich mache mir ernsthafte Sorgen um den Verein und ich bete zum lieben Gott, dass ich nicht recht habe" von seinem Amt zurückgetreten.
Levis' Anwalt hat inzwischen verlauten lassen, sein Mandant würde Anfang dieser Woche Stellung beziehen. In einer Pressemitteilung der SpVgg Unterhaching hieß es unterdessen: "Herr Levis bestätigt hiermit nochmal ausdrücklich und nachhaltig, dass diese Verträge von der von ihm vertretenten Investorengruppe erfüllt werden".
Der "SZ" zufolge hatte Levis zuvor bereits mit Drittligist Jahn Regensburg Kontakt aufgenommen und jenem einen Fünf-Mio-Deal angeboten. Nach intensiver Prüfung habe man sich in Regensburg jedoch dagegen entschieden.
In Unterhaching fürchten nun nicht wenige, die SpVgg könne einem Betrüger aufgesessen sein. Mit möglicherweise fatalen Konsequenzen.
Weiter Infos:
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen/spvgg-unterhaching-ganz-im-vertrauen-1.1012671
http://www.abendzeitung.de/sport/lokalsport/220504
Am vergangenen Freitag veröffentlichte der Klub eine Pressemitteilung, in der es hieß: „Die SpVgg Unterhaching hat mit Franco Levis als Vertreter einer Investorengruppe Sponsoren- und Zuwendungsverträge abgeschlossen." Dies geschah offenbar bereits im Juli, wobei es um Millionenbeträgen geht. Die Investorengruppe soll den bisherigen Hachinger Hauptsponsor "Generali" ersetzen, dessen Vertrag 2011 ausläuft. Im Vertrauen auf das bald fließende Geld hatte die SpVgg zu Saisonbeginn in neue Spieler investiert.
Nun stellte sich heraus, dass der neue Investor bislang noch keinen Cent bezahlt hat und die SpVgg ihn inzwischen "letztmalig" aufgefordert hat, ausstehende Zahlungen auf ein Treuhandkonto zu überweisen.
Anderenfalls befürchtet der Verein „insolvenzrechtliche Konsequenzen“ - übersetzt: ein drohendes Insolvenzverfahren. SpVgg-Präsident Engelbert Kupka meinte gegenüber der "Abendzeitung": „Ich gehe davon aus, dass er kein Betrüger ist.“
Über den vermeintlichen Investor Franco Levis weiß die "Abendzeitung" zu berichten: "Franco Levis ist eigenen Angaben nach Generaldirektor der Depro Group, einer Anlagegesellschaft mit Sitz in Wien. Laut Homepage gibt es noch Büros in Italien und Tschechen, angegeben sind dort aber nur Telefon- und Faxnummern sowie Dependancen in Kiew (Ukraine) und Nikosia (Zypern), zu denen es keinerlei Kontaktmöglichkeiten gibt. Auf seinem Xing-Profil wirbt Levis so für sich: 'Ich biete große Erfahrung als Führungskraft, hervorragendes Netzwerk in verschiedenen Ländern, hohe Anpassunsfähigkeit gegenüber Menschen und Kulturen, verschiedene Sprachen!'"
Unter der Woche war Unterhachings Manager Erich Meidert mit den Worten „Ich mache mir ernsthafte Sorgen um den Verein und ich bete zum lieben Gott, dass ich nicht recht habe" von seinem Amt zurückgetreten.
Levis' Anwalt hat inzwischen verlauten lassen, sein Mandant würde Anfang dieser Woche Stellung beziehen. In einer Pressemitteilung der SpVgg Unterhaching hieß es unterdessen: "Herr Levis bestätigt hiermit nochmal ausdrücklich und nachhaltig, dass diese Verträge von der von ihm vertretenten Investorengruppe erfüllt werden".
Der "SZ" zufolge hatte Levis zuvor bereits mit Drittligist Jahn Regensburg Kontakt aufgenommen und jenem einen Fünf-Mio-Deal angeboten. Nach intensiver Prüfung habe man sich in Regensburg jedoch dagegen entschieden.
In Unterhaching fürchten nun nicht wenige, die SpVgg könne einem Betrüger aufgesessen sein. Mit möglicherweise fatalen Konsequenzen.
Weiter Infos:
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen/spvgg-unterhaching-ganz-im-vertrauen-1.1012671
http://www.abendzeitung.de/sport/lokalsport/220504
Sonntag, 17. Oktober 2010
Auswärtsspiel: VfB Oldenburg
Göttingen 05 und der VfB Oldenburg pflegen seit vielen Jahren eine Fanfreundschaft, die auf beiden Seiten diverse Höhen und Tiefen überstanden hat. An diesem Wochenende nun gastierte der VfB im benachbarten Northeim, und weil die Spielplanmacher mal mitgedacht haben (;-)), spielte gestern 05 und heute der VfB. Ergo: Gestern gab es ne Menge blau-weiße Farbtupfer an der Benzstraße, und heute mischte sich im Northeimer Gustav-Wegner-Stadion Schwarz-Gelb unter das Oldenburger Blau-Weiß. Zwischendrin wurde gepartyt.
Obwohl es sportlich (noch) nicht so richtig läuft, hatten unsere Freunde einen ordentlichen Mob am Start, der die Northeimer Sonntagsruhe doch erheblich störte. Und auch Beamtengehälter wurden in höheren Dimensionen ausgelobt, um die "gefürchtete" Fanschar aus Oldenburg/Göttingen in "geordneten" Bahnen zu halten. Sportlich war es sowohl für 05 als auch für den VfB ein schönes Wochenende, das um ein Haar mit einem Gleichstand geendet hätte, der wahrlich sensationell gewesen wäre. Sowohl 05 als auch der VfB führten zur Halbzeit jeweils 2:0, doch während der VfB in Northeim beim 5:1 mit dem Toreschießen aufhörte, legte 05 gegen den Helmstedter SV noch zwei drauf und gewann gleich mit 7:1.
Schöne Sache insgesamt, und auf beiden Seiten herrscht große Zuversicht, dass sich unsere beiden leidgeprüften Vereine vielleicht auch eines Tages mal wieder in einem Ligaspiel gegenüber stehen werden.
Der Oldenburger Mob in Northeim
Obwohl es sportlich (noch) nicht so richtig läuft, hatten unsere Freunde einen ordentlichen Mob am Start, der die Northeimer Sonntagsruhe doch erheblich störte. Und auch Beamtengehälter wurden in höheren Dimensionen ausgelobt, um die "gefürchtete" Fanschar aus Oldenburg/Göttingen in "geordneten" Bahnen zu halten. Sportlich war es sowohl für 05 als auch für den VfB ein schönes Wochenende, das um ein Haar mit einem Gleichstand geendet hätte, der wahrlich sensationell gewesen wäre. Sowohl 05 als auch der VfB führten zur Halbzeit jeweils 2:0, doch während der VfB in Northeim beim 5:1 mit dem Toreschießen aufhörte, legte 05 gegen den Helmstedter SV noch zwei drauf und gewann gleich mit 7:1.
Schöne Sache insgesamt, und auf beiden Seiten herrscht große Zuversicht, dass sich unsere beiden leidgeprüften Vereine vielleicht auch eines Tages mal wieder in einem Ligaspiel gegenüber stehen werden.
Der Oldenburger Mob in Northeim
Samstag, 16. Oktober 2010
Insolvenzticker: Dundee FC
Kurzer (und leider dramatischer) update in Sachen Dundee FC. Nach dem zweiten Insolvenzverfahren binnen sieben Jahren scheint die Hoffnung, den Klub erneut retten zu können, nicht allzu groß zu sein.
Insolvenzverwalter Bryan Jackson erklärte gegenüber der schottischen "Sun", "die Zeit sei knapp" und dass der Klub "nicht zu retten sei", wenn nicht schnellstens Unterstützung gefunden würde. Jackson: "Ich habe in den letzten Wochen keine größere Summe von Unterstützern bekommen, und ich kann nicht erkennen, dass sich das ändern könnte". Der Verwalter sprach von einer 50:50-Chance. Zugleich hat Jackson gegenüber der schottischen Fußball-Liga zugesagt, dass Dundee bis Weihnachten im Spielbetrieb bleiben würde.
Zu den Hintergründen der Dundee-Krise und insgesamt der schwierigen Situation im schottischen Fußball ein ausgezeichneter Artikel auf "twohundredpercent":
http://www.twohundredpercent.net/?p=9485
und bei BBC gibt es einen kleinen Video zu sehen (aber Achtung, der schottische Akzent ist eine echte Herausforderung!)
http://news.bbc.co.uk/sport2/hi/football/teams/d/dundee/9085810.stm
Insolvenzverwalter Bryan Jackson erklärte gegenüber der schottischen "Sun", "die Zeit sei knapp" und dass der Klub "nicht zu retten sei", wenn nicht schnellstens Unterstützung gefunden würde. Jackson: "Ich habe in den letzten Wochen keine größere Summe von Unterstützern bekommen, und ich kann nicht erkennen, dass sich das ändern könnte". Der Verwalter sprach von einer 50:50-Chance. Zugleich hat Jackson gegenüber der schottischen Fußball-Liga zugesagt, dass Dundee bis Weihnachten im Spielbetrieb bleiben würde.
Zu den Hintergründen der Dundee-Krise und insgesamt der schwierigen Situation im schottischen Fußball ein ausgezeichneter Artikel auf "twohundredpercent":
http://www.twohundredpercent.net/?p=9485
und bei BBC gibt es einen kleinen Video zu sehen (aber Achtung, der schottische Akzent ist eine echte Herausforderung!)
http://news.bbc.co.uk/sport2/hi/football/teams/d/dundee/9085810.stm
Buchverkauf
Die Liste mit den Fußballbüchern, Zeitungen und Stadionprogrammen, die ich zum Verkauf anbiete, steht jetzt online unter:
http://www.hardy-gruene.de/buchverkauf.htm
(leider bietet dieser Blog bei der Darstellung von Links nur minderwertige Möglichkeiten, deshalb Link bei Interesse bitte rauskopieren)
Zwar ist die Liste in den letzten Wochen schon beträchtlich geschrumpft, es sind aber immer noch ein paar interessante Sachen dabei. Und wer schon immer mal alte Fußballzeitungen aus dem Iran (aus der Schah-Zeit!), Griechenland oder Israel lesen wollte, wird auch fündig.
http://www.hardy-gruene.de/buchverkauf.htm
(leider bietet dieser Blog bei der Darstellung von Links nur minderwertige Möglichkeiten, deshalb Link bei Interesse bitte rauskopieren)
Zwar ist die Liste in den letzten Wochen schon beträchtlich geschrumpft, es sind aber immer noch ein paar interessante Sachen dabei. Und wer schon immer mal alte Fußballzeitungen aus dem Iran (aus der Schah-Zeit!), Griechenland oder Israel lesen wollte, wird auch fündig.
Alle Tassen im Schrank? Folge 5
Jeder hat seine Macke(n). Ich mache da keine Ausnahme. Besucher fragen mich manchmal, ob ich noch alle Tassen im Schrank habe, wenn sie in meine Küche kommen. Habe ich nicht, denn für meine Tassen gibt es keinen Schrank: es sind weit mehr als 250 und sie sehen alle anders aus. Einzige Gemeinsamkeit: Sie handeln vom Fußball. Zumeist sind es Klubtassen aus aller Welt, aber auch ein paar Themenschüsseln sind dabei.
Mein Motto lautet ja bekanntlich "support your local football-team", und insofern war ich nie wirklich gefährdet, Fan des FC Bayern München zu werden. Ich hatte (und habe) ja Göttingen 05. Was will man da mehr?
Nun trägt es sich aber zu, dass unter meinen Gästen regelmäßig Anhänger des Rekordmeisters sind. Offensichtlich ist meine Quote repräsentativ für den Anteil Bayern-Fans unter den Fußball-Anhängern. Und weil in einem Bayern-Fan nicht zwangsläufig auch ein Depp steckt (das verteilt sich egalitär auf alle Vereine. Es gibt auch Deppen, die 05-Fans sind!), freue ich mich bisweilen auf den einen oder anderen Bayern-Fan-Besuch.
Soviel der Vorrede. Nun zur Sache. Gerne erfreue ich meine Gäste bei der Kaffee-/Tee-Bewirtung mit dem Becher "ihres" Klubs. Das klappt nicht immer, aber bei rund 250 Gefässen ist die Wahrscheinlichkeit schon gegeben (@ Jörg: solltest Du jemals kommen, bring bitte einen Stahl-Becher mit, sonst gibt es keinen Kaffee!). Zugleich habe ich eigentlich die Vorgabe, "eine Tasse von Verein xy kommt mir nicht ins Haus". So würde ich mir keinen Becher von Bristol C*** hinstellen, wobei die Wahrscheinlichkeit, einen Anhänger dieses Vereins hier begrüßen zu können, ohnehin eher gering ist. Auch die Bayern würden eigentlich auf dem Index stehen, wenn nicht... s.o.
Ich habe einen, wie ich finde, sehr schönen Kompromiss gefunden. In dem recht umfangreichen Angebot des FC-Bayern-Merchandising-Unternehmens befindet sich auch eine Tasse, die die Emotionen einer eher jüngeren Klientel anspricht. Protagonist der Tasse ist ein Geschöpf, das ich als Bär ausmache und das meines Wissens den Namen "Berni" trägt (Bayern-Enzyklopädisten mögen mich hier korrigieren). In zwei Szenen wird "Berni" als Fußballspieler dargestellt - zum einen treibt er das Leder lächelnd über das Feld, zum anderen befördert er mit einer Ballpumpe Luft in das Spielgerät. Sehr interessant übrigens, dass der Hauptsponsor des Vereins auf Bernis Trikot wundersam zu lesen ist. So werden die Kleinen gleich damit erzogen.
Die Berni-Bayern-Tase gibt mir die Gelegenheit, meinen Besuch vereinsmäßig angemessen zu betreuen und dennoch mein Gesicht zu wahren, während das meines Besuches beim Anblick der Tasse bisweilen etwas außer Kontrolle gerät. Aber damit muss der gemeine Bayern-Fan nun mal leben: nicht immer ernst genommen zu werden! Wir anderen dürfen dafür regelmäßig leiden.
Mein Motto lautet ja bekanntlich "support your local football-team", und insofern war ich nie wirklich gefährdet, Fan des FC Bayern München zu werden. Ich hatte (und habe) ja Göttingen 05. Was will man da mehr?
Nun trägt es sich aber zu, dass unter meinen Gästen regelmäßig Anhänger des Rekordmeisters sind. Offensichtlich ist meine Quote repräsentativ für den Anteil Bayern-Fans unter den Fußball-Anhängern. Und weil in einem Bayern-Fan nicht zwangsläufig auch ein Depp steckt (das verteilt sich egalitär auf alle Vereine. Es gibt auch Deppen, die 05-Fans sind!), freue ich mich bisweilen auf den einen oder anderen Bayern-Fan-Besuch.
Soviel der Vorrede. Nun zur Sache. Gerne erfreue ich meine Gäste bei der Kaffee-/Tee-Bewirtung mit dem Becher "ihres" Klubs. Das klappt nicht immer, aber bei rund 250 Gefässen ist die Wahrscheinlichkeit schon gegeben (@ Jörg: solltest Du jemals kommen, bring bitte einen Stahl-Becher mit, sonst gibt es keinen Kaffee!). Zugleich habe ich eigentlich die Vorgabe, "eine Tasse von Verein xy kommt mir nicht ins Haus". So würde ich mir keinen Becher von Bristol C*** hinstellen, wobei die Wahrscheinlichkeit, einen Anhänger dieses Vereins hier begrüßen zu können, ohnehin eher gering ist. Auch die Bayern würden eigentlich auf dem Index stehen, wenn nicht... s.o.
Ich habe einen, wie ich finde, sehr schönen Kompromiss gefunden. In dem recht umfangreichen Angebot des FC-Bayern-Merchandising-Unternehmens befindet sich auch eine Tasse, die die Emotionen einer eher jüngeren Klientel anspricht. Protagonist der Tasse ist ein Geschöpf, das ich als Bär ausmache und das meines Wissens den Namen "Berni" trägt (Bayern-Enzyklopädisten mögen mich hier korrigieren). In zwei Szenen wird "Berni" als Fußballspieler dargestellt - zum einen treibt er das Leder lächelnd über das Feld, zum anderen befördert er mit einer Ballpumpe Luft in das Spielgerät. Sehr interessant übrigens, dass der Hauptsponsor des Vereins auf Bernis Trikot wundersam zu lesen ist. So werden die Kleinen gleich damit erzogen.
Die Berni-Bayern-Tase gibt mir die Gelegenheit, meinen Besuch vereinsmäßig angemessen zu betreuen und dennoch mein Gesicht zu wahren, während das meines Besuches beim Anblick der Tasse bisweilen etwas außer Kontrolle gerät. Aber damit muss der gemeine Bayern-Fan nun mal leben: nicht immer ernst genommen zu werden! Wir anderen dürfen dafür regelmäßig leiden.
Freitag, 15. Oktober 2010
Insolvenzticker: 1. FC Kleve
Nur wenige Wochen nach dem Start der Saison 2010/11 überschlagen sich schon wieder die Dinge in Sachen Insolvenz. Nach Rot-Weiss Ahlen steht in Nordrhein-Westfalen mit dem 1. FC Kleve der nächste Klub vor der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.
Wie das Fachblatt "Reviersport" in ihrer gestrigen Ausgabe berichtet, fehlen dem NRW-Ligisten (5. Liga) 1,2 Mio. Euro, um seinen Verpflichtungen in der laufenden Saison nachzukommen.
Kleves Finanzdilemma liegt im Neubau des Stadion begründet, der 3,4 Mio. Euro verschlungen hat. Während die Stadt für 1,4 Mio. Euro aufkommt, trägt der 1. FC die restlichen zwei Mio. Euro. Davon sind 574.000 Euro bislang noch unbezahlt, weshalb die Stadt Kleve mit einem Scheitern des gesamten Finanzierungsprojektes droht. Stadtkämmerer Willibrord Haas wird von "Reviersport" mit den Worten: „Wir haben den Zuwendungsbescheid mit Auflagen verbunden. Diese betreffen die wirtschaftliche Situation des FC“, zitiert.
Der Verein versucht gegenwärtig, von der Volksbank Kleve einen entsprechenden Kredit zu bekommen, der mit dem Erbbaurecht für 50 Jahre abgesichert werden soll. Sollte der Klub dann in Insolvenz gehen, könnte die Bank über das Stadiongelände verfügen. Allerdings muss der Stadtrat der Übertragung des Erbbaurechts zustimme, wobei nicht sicher ist, ob dies geschieht.
Lukas Verlages, Verwaltungsratmitglied des 1. FC Kleve, macht von der Frage des Erbbaurechtes die Zukunft des Klubs abhängig: „Wenn wir dieses überschrieben bekommen, ist der Verein nachhaltig gesund aufgestellt“.
Hintergründe zu der Entwicklung in Kleve liefert die RP auf Ihrer Homepage (http://www.rp-online.de/niederrheinnord/kleve/nachrichten/kleve/1-FC-weiter-auf-Intensivstation_aid_912754.html)
Wie das Fachblatt "Reviersport" in ihrer gestrigen Ausgabe berichtet, fehlen dem NRW-Ligisten (5. Liga) 1,2 Mio. Euro, um seinen Verpflichtungen in der laufenden Saison nachzukommen.
Kleves Finanzdilemma liegt im Neubau des Stadion begründet, der 3,4 Mio. Euro verschlungen hat. Während die Stadt für 1,4 Mio. Euro aufkommt, trägt der 1. FC die restlichen zwei Mio. Euro. Davon sind 574.000 Euro bislang noch unbezahlt, weshalb die Stadt Kleve mit einem Scheitern des gesamten Finanzierungsprojektes droht. Stadtkämmerer Willibrord Haas wird von "Reviersport" mit den Worten: „Wir haben den Zuwendungsbescheid mit Auflagen verbunden. Diese betreffen die wirtschaftliche Situation des FC“, zitiert.
Der Verein versucht gegenwärtig, von der Volksbank Kleve einen entsprechenden Kredit zu bekommen, der mit dem Erbbaurecht für 50 Jahre abgesichert werden soll. Sollte der Klub dann in Insolvenz gehen, könnte die Bank über das Stadiongelände verfügen. Allerdings muss der Stadtrat der Übertragung des Erbbaurechts zustimme, wobei nicht sicher ist, ob dies geschieht.
Lukas Verlages, Verwaltungsratmitglied des 1. FC Kleve, macht von der Frage des Erbbaurechtes die Zukunft des Klubs abhängig: „Wenn wir dieses überschrieben bekommen, ist der Verein nachhaltig gesund aufgestellt“.
Hintergründe zu der Entwicklung in Kleve liefert die RP auf Ihrer Homepage (http://www.rp-online.de/niederrheinnord/kleve/nachrichten/kleve/1-FC-weiter-auf-Intensivstation_aid_912754.html)
Insolvenzticker: Dundee FC
Während England um den FC Liverpool zittert, ist in Schottland klammheimlich ein weiterer Traditionsverein in ein Insolvenzverfahren getreten: Der Dundee FC.
Dem protestantischen Klub der Stadt (Lokalrivale Dundee United ist im katholischen Lager verankert) droht nun das Aus, wenn nicht innerhalb von vier Wochen eine Lösung für die Finanzprobleme gefunden wird. Den Klub drückt eine Schuldenlast in Höhe von rund 2 Mio. Pfund, darunter eine dringende Forderung des Finanzamtes in Höhe von 365.000 Pfund.
Am heutigen Freitag wird bekanntgegeben, welche Spieler sofort gehen müssen, um die angestrebten 80.000 Pfund an Gehältern zu sparen.
Unterdessen hat Investor Calum Melville 200.000 Pfund auf ein Treuhandkonto eingezahlt, um den laufenden Spielbetrieb fortsetzen zu können. Schätzungen zufolge brauchen die "Dark Blue" weitere 200.000 Pfund, um die Saison 2010/11 zu Ende spielen zu können.
Die Unterstützung durch Fans und Wirtschaft in Dundee fällt nach Aussage der BBC zufriedenstellend aus, und der Optimismus im Dens Park, den Klub retten zu können, ist groß.
Dundee wurde 1962 unter Bob Shankley, dem Bruder von Bill Shankley, zum einzigen Mal schottischer Landesmeister. Ein Jahr später erreichte der Klub das Halbfinale im Europapokal der Landesmeister, wobei er sich u.a. mit 8:1 gegen den 1. FC Köln durchsetzte.
Die finanziellen Schwierigkeiten begannen 2003, nachdem Dundee zuvor mit der Verpflichtung des argentinischen Nationalstürmers Claudio Caniggia Furore gemacht hatte. Nach dem Verkauf sämtlicher Leistungsträger stiegen die seinerzeit mit 23 Mio. Pfund verschuldeten "Dees" 2004/05 aus der höchsten Spielklasse ab. Erst Mitte 2006 konnte nach dem Verkauf des Stadions Dens Park finanzielle Entwarnung gegeben werden.
Anschließend versuche man mit massiven Investitionen die Rückkehr in die 1. Liga, was aber alljährlich aufs Neue fehl schlug.
Dem protestantischen Klub der Stadt (Lokalrivale Dundee United ist im katholischen Lager verankert) droht nun das Aus, wenn nicht innerhalb von vier Wochen eine Lösung für die Finanzprobleme gefunden wird. Den Klub drückt eine Schuldenlast in Höhe von rund 2 Mio. Pfund, darunter eine dringende Forderung des Finanzamtes in Höhe von 365.000 Pfund.
Am heutigen Freitag wird bekanntgegeben, welche Spieler sofort gehen müssen, um die angestrebten 80.000 Pfund an Gehältern zu sparen.
Unterdessen hat Investor Calum Melville 200.000 Pfund auf ein Treuhandkonto eingezahlt, um den laufenden Spielbetrieb fortsetzen zu können. Schätzungen zufolge brauchen die "Dark Blue" weitere 200.000 Pfund, um die Saison 2010/11 zu Ende spielen zu können.
Die Unterstützung durch Fans und Wirtschaft in Dundee fällt nach Aussage der BBC zufriedenstellend aus, und der Optimismus im Dens Park, den Klub retten zu können, ist groß.
Dundee wurde 1962 unter Bob Shankley, dem Bruder von Bill Shankley, zum einzigen Mal schottischer Landesmeister. Ein Jahr später erreichte der Klub das Halbfinale im Europapokal der Landesmeister, wobei er sich u.a. mit 8:1 gegen den 1. FC Köln durchsetzte.
Die finanziellen Schwierigkeiten begannen 2003, nachdem Dundee zuvor mit der Verpflichtung des argentinischen Nationalstürmers Claudio Caniggia Furore gemacht hatte. Nach dem Verkauf sämtlicher Leistungsträger stiegen die seinerzeit mit 23 Mio. Pfund verschuldeten "Dees" 2004/05 aus der höchsten Spielklasse ab. Erst Mitte 2006 konnte nach dem Verkauf des Stadions Dens Park finanzielle Entwarnung gegeben werden.
Anschließend versuche man mit massiven Investitionen die Rückkehr in die 1. Liga, was aber alljährlich aufs Neue fehl schlug.
Donnerstag, 14. Oktober 2010
Insolvenzticker: Rot-Weiss Ahlen
Rot-Weiss Ahlen hat am heutigen Donnerstag einen Insolvenzantrag gestellt. Vorläufiger Insolvenzverwalter ist der Rechtsanwalt Michael Mönig aus Münster.
Die Stadt Ahlen hatte das Sanierungskonzept des Vereins, der das Wersestadion für rund 2,2 Mio. an die Stadt veräußern wollte, wie erwartet abgelehnt. Vertreter aller fünf Fraktionen waren Stadtkämmerer Klaus Muermanns gefolgt, der den Kauf des Stadions auch aufgrund der schwierigen finanziellen Lage der Stadt Ahlen nicht empfohlen hatte.
Nach Aussage von Aufsichtsratchef Bernd Mehring seien zwar die "nächsten Spiele nicht gefährdet", doch es gibt Befürchtungen, dass der Klub aus dem laufenden Spielbetrieb ausscheiden wird.
Die Stadt Ahlen hatte das Sanierungskonzept des Vereins, der das Wersestadion für rund 2,2 Mio. an die Stadt veräußern wollte, wie erwartet abgelehnt. Vertreter aller fünf Fraktionen waren Stadtkämmerer Klaus Muermanns gefolgt, der den Kauf des Stadions auch aufgrund der schwierigen finanziellen Lage der Stadt Ahlen nicht empfohlen hatte.
Nach Aussage von Aufsichtsratchef Bernd Mehring seien zwar die "nächsten Spiele nicht gefährdet", doch es gibt Befürchtungen, dass der Klub aus dem laufenden Spielbetrieb ausscheiden wird.
K.o. eines Schiedsrichters
Heute vor 30 Jahren, am 14. Oktober 1980, schrieb Schiedsrichter Max Klauser aus Vaterstetten unfreiwillig Bundesligageschichte: Klauser wurde beim Spiel zwischen dem karlsruher SC und Borussia Mönchengladbach von einem Querschläger des Bielefelder Verteidigers Ulrich Büscher getroffen und ging als erster Schiedsrichter in der Bundesligahistorie k.o.
Schiedsrichter sind bekanntlich dann am besten, wenn man sich nicht an sie erinnert. Wenn sie sozusagen „unsichtbar“ bleiben, und das Spiel mit souveräner Hand aber ohne viel Aufsehen souverän über die Bühne bringen. Dass gelingt freilich nicht immer, und in der Bundesligageschichte gibt es einen ganzen Reigen kurioser Vorfälle um Schiedsrichter, deren Auftritte mehr Wirbel als gewünscht verursachten. Berühmtestes Beispiel dürfte Wolf-Dieter Ahlenfelder sein, der am 8. November 1975 bei der Begegnung Werder Bremen gegen Hannover 96 schon nach 30 Minuten zur Halbzeit pfiff. Dass der damals 31-Jährige in seinem sechsten Bundesligaspiel ein wenig über den Durst getrunken hatte, kommentierte er bissig mit: „Wir sind doch Männer. Da sind doch wohl zum Mittagessen ein Bier und ein Malteser erlaubt. Betrunken war ich jedenfalls nicht“.
Wie ein Betrunkener zu Boden ging derweil fünf Jahre später sein stocknüchterner Schiedsrichterkollege Max Klauser, den beim Spiel zwischen dem Karlsruher SC und Arminia Bielefeld ein Querschläger frontal am Kopf erwischte. Es war der erste K.O. in der Bundesligageschichte.
69 Minuten hatte die Partie im Karlsruher Wildparkstadion im sportlichen Duell zweier Neulinge gestanden, die sich nichts geschenkt hatten. 1:1 stand es, als der eingewechselte Bielefelder Ulrich Büscher auf der linken Seite von einer Horde Karlsruher umringt und eingekreist wurde. Nicht wissend, wohin mit dem Leder, drosch Büscher es mit voller Wucht aus der Gefahrenzone. Dummerweise befand sich Schiedsrichter Max Klauser aus Vaterstetten dabei mitten in der Flugbahn. „Ich stand etwa sieben Meter entfernt und wollte gerade ein Stück nach hinten ausweichen, um Büscher nicht in die Quere zu kommen“, erinnerte sich der Unparteiische später gegenüber dem Magazin „11 Freunde“: Aber der erwischte den Ball nicht richtig und produzierte einen fulminanten Querschläger. Der Ball raste auf mich zu wie ein Komet, ich hatte keine Chance mehr: Er traf mich mit voller Wucht am Kopf, seitlich an der Schläfe - ein klassischer Knock-out. Ich kippte nach hinten um und war sofort bewusstlos. Erst später im Fernsehen sah ich, dass ich, beide Arme steif nach vorn ausgestreckt, in einer Abpfiff-Geste eingefroren war. Und das, obwohl ich gar keine Zeit mehr gehabt hatte, mir etwas dergleichen zu überlegen.“
Ein erschreckendes Bild, das auch im Zeitalter der noch verhältnismäßig unaufgeregten Bundesligaberichterstattung à la „Sportschau“ Entsetzen auslöste. Wahlweise zeichnete man Bilder von einem „gefällten Baum“ oder einem, der „umfällt wie ein Zinnsoldat“, während den Beteiligten der Schrecken im Gesicht stand. Zumal sich Klauser zunächst nicht rührte und regungslos auf dem Spielfeld liegen blieb. „Ich dachte, er hat einen Schädelbruch. Ich sah nur noch das Weiße in seinen Augen“, bekannte Ulrich Büscher, von dem das Geschoss gekommen war. Erst nach einigen Sekunden erlangte der Unparteiische sein Bewusstsein wieder. „Mir wurde aufgeholfen, und ich sagte sofort, beinahe mechanisch: ‚Es geht schon wieder, es geht schon wieder!’ Ich wollte unbedingt weiter pfeifen - man ist ja schließlich pflichtbewusst! Aber die medizinischen Hilfskräfte ließen mich nicht.“
Zu Recht, denn während Linienrichter Dölfel die Spielführung übernahm, wurde Klauser in die Kabine geführt, wo er erneut ohnmächtig wurde. „Vom Transport in die Universitätsklinik bekam ich schon nichts mehr mit. Die behandelnden Ärzte befürchteten zunächst einen Schädelbruch, am Ende war es aber nur eine Gehirnerschütterung. Zwei Tage musste ich trotzdem dort bleiben und wurde an allerlei Kanülen und Schläuche angeschlossen“, erinnerte sich der Unparteiische.
Kaum genesen, wurde Klauser zum Medienstar. Im „Aktuellen Sportstudio“ wurde die Szene noch einmal genüsslich analysiert, und da es Klauser inzwischen deutlich besser ging, durfte auch schon wieder gelacht werde. Der Unparteiische aus Vaterstetten kämpfte dabei auch in eigener Sache, „denn nur weil ich in der Sendung einen recht guten Eindruck gemacht hatte, ließ mich der DFB 14 Tage später das große Derby zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln pfeifen. In diesem Spiel habe ich mich wieder ganz normal gefühlt und auch überhaupt keine Angst vorm Ball gehabt.“
Ein Nachspiel hatte die Geschichte dann aber doch, denn zwei Wochen später trudelte bei Unglücksrabe Büscher ein Schreiben von Klausers Krankenkasse ein, die von dem Bielefelder Abwehrspieler 60.000 DM Behandlungskosten einforderte. Büscher, der sich längst bei Klauser entschuldigt hatte, schrieb daraufhin einen wütenden Brief an den nichtsahnenden Schiedsrichter, der wiederum aus allen Wolken fiel und sich sofort mit seiner Kasse in Verbindung setze. Mit gutem Ende, denn „das Verfahren wurde eingestellt, es war keine Absicht“.
Schiedsrichter sind bekanntlich dann am besten, wenn man sich nicht an sie erinnert. Wenn sie sozusagen „unsichtbar“ bleiben, und das Spiel mit souveräner Hand aber ohne viel Aufsehen souverän über die Bühne bringen. Dass gelingt freilich nicht immer, und in der Bundesligageschichte gibt es einen ganzen Reigen kurioser Vorfälle um Schiedsrichter, deren Auftritte mehr Wirbel als gewünscht verursachten. Berühmtestes Beispiel dürfte Wolf-Dieter Ahlenfelder sein, der am 8. November 1975 bei der Begegnung Werder Bremen gegen Hannover 96 schon nach 30 Minuten zur Halbzeit pfiff. Dass der damals 31-Jährige in seinem sechsten Bundesligaspiel ein wenig über den Durst getrunken hatte, kommentierte er bissig mit: „Wir sind doch Männer. Da sind doch wohl zum Mittagessen ein Bier und ein Malteser erlaubt. Betrunken war ich jedenfalls nicht“.
Wie ein Betrunkener zu Boden ging derweil fünf Jahre später sein stocknüchterner Schiedsrichterkollege Max Klauser, den beim Spiel zwischen dem Karlsruher SC und Arminia Bielefeld ein Querschläger frontal am Kopf erwischte. Es war der erste K.O. in der Bundesligageschichte.
69 Minuten hatte die Partie im Karlsruher Wildparkstadion im sportlichen Duell zweier Neulinge gestanden, die sich nichts geschenkt hatten. 1:1 stand es, als der eingewechselte Bielefelder Ulrich Büscher auf der linken Seite von einer Horde Karlsruher umringt und eingekreist wurde. Nicht wissend, wohin mit dem Leder, drosch Büscher es mit voller Wucht aus der Gefahrenzone. Dummerweise befand sich Schiedsrichter Max Klauser aus Vaterstetten dabei mitten in der Flugbahn. „Ich stand etwa sieben Meter entfernt und wollte gerade ein Stück nach hinten ausweichen, um Büscher nicht in die Quere zu kommen“, erinnerte sich der Unparteiische später gegenüber dem Magazin „11 Freunde“: Aber der erwischte den Ball nicht richtig und produzierte einen fulminanten Querschläger. Der Ball raste auf mich zu wie ein Komet, ich hatte keine Chance mehr: Er traf mich mit voller Wucht am Kopf, seitlich an der Schläfe - ein klassischer Knock-out. Ich kippte nach hinten um und war sofort bewusstlos. Erst später im Fernsehen sah ich, dass ich, beide Arme steif nach vorn ausgestreckt, in einer Abpfiff-Geste eingefroren war. Und das, obwohl ich gar keine Zeit mehr gehabt hatte, mir etwas dergleichen zu überlegen.“
Ein erschreckendes Bild, das auch im Zeitalter der noch verhältnismäßig unaufgeregten Bundesligaberichterstattung à la „Sportschau“ Entsetzen auslöste. Wahlweise zeichnete man Bilder von einem „gefällten Baum“ oder einem, der „umfällt wie ein Zinnsoldat“, während den Beteiligten der Schrecken im Gesicht stand. Zumal sich Klauser zunächst nicht rührte und regungslos auf dem Spielfeld liegen blieb. „Ich dachte, er hat einen Schädelbruch. Ich sah nur noch das Weiße in seinen Augen“, bekannte Ulrich Büscher, von dem das Geschoss gekommen war. Erst nach einigen Sekunden erlangte der Unparteiische sein Bewusstsein wieder. „Mir wurde aufgeholfen, und ich sagte sofort, beinahe mechanisch: ‚Es geht schon wieder, es geht schon wieder!’ Ich wollte unbedingt weiter pfeifen - man ist ja schließlich pflichtbewusst! Aber die medizinischen Hilfskräfte ließen mich nicht.“
Zu Recht, denn während Linienrichter Dölfel die Spielführung übernahm, wurde Klauser in die Kabine geführt, wo er erneut ohnmächtig wurde. „Vom Transport in die Universitätsklinik bekam ich schon nichts mehr mit. Die behandelnden Ärzte befürchteten zunächst einen Schädelbruch, am Ende war es aber nur eine Gehirnerschütterung. Zwei Tage musste ich trotzdem dort bleiben und wurde an allerlei Kanülen und Schläuche angeschlossen“, erinnerte sich der Unparteiische.
Kaum genesen, wurde Klauser zum Medienstar. Im „Aktuellen Sportstudio“ wurde die Szene noch einmal genüsslich analysiert, und da es Klauser inzwischen deutlich besser ging, durfte auch schon wieder gelacht werde. Der Unparteiische aus Vaterstetten kämpfte dabei auch in eigener Sache, „denn nur weil ich in der Sendung einen recht guten Eindruck gemacht hatte, ließ mich der DFB 14 Tage später das große Derby zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln pfeifen. In diesem Spiel habe ich mich wieder ganz normal gefühlt und auch überhaupt keine Angst vorm Ball gehabt.“
Ein Nachspiel hatte die Geschichte dann aber doch, denn zwei Wochen später trudelte bei Unglücksrabe Büscher ein Schreiben von Klausers Krankenkasse ein, die von dem Bielefelder Abwehrspieler 60.000 DM Behandlungskosten einforderte. Büscher, der sich längst bei Klauser entschuldigt hatte, schrieb daraufhin einen wütenden Brief an den nichtsahnenden Schiedsrichter, der wiederum aus allen Wolken fiel und sich sofort mit seiner Kasse in Verbindung setze. Mit gutem Ende, denn „das Verfahren wurde eingestellt, es war keine Absicht“.
Dienstag, 12. Oktober 2010
Insolvenzticker: Rot-Weiss Ahlen und Türkiyemspor Berlin
Die Saison 2010/11 nimmt langsam Fahrt auf - das gilt nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich. Mit Rot-Weiss Ahlen und Türkiyemspor Berlin standen diesbezüglich in den letzten Tagen zwei Klubs im Brennpunkt. Während sich die Lage bei den Berlinern inzwischen wieder etwas beruhigt hat, ist Ahlen weiterhin akut vom Aus bedroht.
Der einst von dem Kosmetikvertreiber Helmut Spikker ("LR") mit Macht nach oben gepuschte Verein aus der ehemaligen Bergbaustadt im südlichen Münsterland steht gegenwärtig vor dem finanziellen Kollaps. Im letzten Jahr aus der 2. Bundesliga abgestiegen, hat man in Ahlen in der laufenden Drittligasaison unter Trainer Arie van Lent einen hoffnungsvollen Neuaufbau gestartet.
Nach Angaben der "Westfälischen Nachrichten" droht RWA nun aber sogar der Rückzug aus dem Profifußball. Der hoch verschuldete Klub will sich über den Verkauf des Wersestadions an die Stadt Ahlen sanieren. Angedacht ist eine Kaufsumme von 2,2 Mio. Euro, wobei RWA im Gegenzug bereit wäre, in den kommenden 20 Jahren jährlich 100.000 Euro an Zinsen und Tilgung an die Stadt zu überweisen.
Die Stadtväter stehen der Idee ablehnend gegenüber, da die Kassen der 54.000-Einwohnergemeinde ebenfalls leer sind. Auf einer Sitzung am vergangenen Montag wurde das Konzept daher abgelehnt. „Bei allen Beschlüssen, die wir treffen, wählen wir immer die sparsamste Variante“, wird Ahlens Bürgermeister Benedikt Ruhmöller von der "Ahlener Zeitung" zitiert.
Die Klubführung berät nun über andere Möglichkeiten und ist auf der Suche nach einem Investor, der sich gegenwärtig jedoch nicht abzeichnet.
In Berlin hing das Schicksal des Viertligisten Türkiyemspor bis zum späten Sonntagabend ebenfalls am seidenen Faden. Sieben ehemalige Vorstandsmitglieder forderten unverzüglich die Rückzahlung von insgesamt 300.000 Euro. "Wenn die Forderungen bestehen bleiben, müssen wir am Montag Insolvenz anmelden", warnte Süreyya Inal, die Vorsitzende des Aufsichtsrates, daraufhin. Inal hatte drei Wochen zuvor nach dem Rücktritt des Türkiyemvorstandes einen Kassensturz gemacht und dabei festgestellt, dass der Klub mit insgesamt 639.360 Euro verschuldet und akut von der Insolvenz bedroht ist.
Am Wochenende gelang es jedoch, den ehemaligen Vorständlern weitgehend Verzichtserklärungen abzuringen und damit die Grundlage für die Sanierung zu legen. Erstes Opfer der umgehend eingeleiteten Sparmaßnahmen wurde Trainer Taskin Aksoy, von dem sich der Klub trennte. Das Training des abgeschlagenen Tabellenletzten der Regionalliga Nord leitet nun Ex-Co-Trainer Kenan Arayici. Zudem soll eine Forderung des Finanzamtes in Höhe von 150.000 Euro in kleinen Raten getilgt werden.
Der einst von dem Kosmetikvertreiber Helmut Spikker ("LR") mit Macht nach oben gepuschte Verein aus der ehemaligen Bergbaustadt im südlichen Münsterland steht gegenwärtig vor dem finanziellen Kollaps. Im letzten Jahr aus der 2. Bundesliga abgestiegen, hat man in Ahlen in der laufenden Drittligasaison unter Trainer Arie van Lent einen hoffnungsvollen Neuaufbau gestartet.
Nach Angaben der "Westfälischen Nachrichten" droht RWA nun aber sogar der Rückzug aus dem Profifußball. Der hoch verschuldete Klub will sich über den Verkauf des Wersestadions an die Stadt Ahlen sanieren. Angedacht ist eine Kaufsumme von 2,2 Mio. Euro, wobei RWA im Gegenzug bereit wäre, in den kommenden 20 Jahren jährlich 100.000 Euro an Zinsen und Tilgung an die Stadt zu überweisen.
Die Stadtväter stehen der Idee ablehnend gegenüber, da die Kassen der 54.000-Einwohnergemeinde ebenfalls leer sind. Auf einer Sitzung am vergangenen Montag wurde das Konzept daher abgelehnt. „Bei allen Beschlüssen, die wir treffen, wählen wir immer die sparsamste Variante“, wird Ahlens Bürgermeister Benedikt Ruhmöller von der "Ahlener Zeitung" zitiert.
Die Klubführung berät nun über andere Möglichkeiten und ist auf der Suche nach einem Investor, der sich gegenwärtig jedoch nicht abzeichnet.
In Berlin hing das Schicksal des Viertligisten Türkiyemspor bis zum späten Sonntagabend ebenfalls am seidenen Faden. Sieben ehemalige Vorstandsmitglieder forderten unverzüglich die Rückzahlung von insgesamt 300.000 Euro. "Wenn die Forderungen bestehen bleiben, müssen wir am Montag Insolvenz anmelden", warnte Süreyya Inal, die Vorsitzende des Aufsichtsrates, daraufhin. Inal hatte drei Wochen zuvor nach dem Rücktritt des Türkiyemvorstandes einen Kassensturz gemacht und dabei festgestellt, dass der Klub mit insgesamt 639.360 Euro verschuldet und akut von der Insolvenz bedroht ist.
Am Wochenende gelang es jedoch, den ehemaligen Vorständlern weitgehend Verzichtserklärungen abzuringen und damit die Grundlage für die Sanierung zu legen. Erstes Opfer der umgehend eingeleiteten Sparmaßnahmen wurde Trainer Taskin Aksoy, von dem sich der Klub trennte. Das Training des abgeschlagenen Tabellenletzten der Regionalliga Nord leitet nun Ex-Co-Trainer Kenan Arayici. Zudem soll eine Forderung des Finanzamtes in Höhe von 150.000 Euro in kleinen Raten getilgt werden.
Fußball in Kasachstan
Erstmals trifft die deutsche Nationalmannschaft heute auf die Auswahl von Kasachstan. Ein unbekanntest Land, dessen Fußballgeschichte lange Zeit vom Sowjetbanner geprägt war. Seit dem Wechsel vom asiatischen AFC zur europäischen UEFA befindet sich das Land in einem umfassenden Aufbruch. Nachstehend ein Auszug aus dem Kapitel Kasachstan aus dem ersten Band meiner Fußballweltenzyklopädie.
Kasachstan befindet sich im Aufbruch. Das ist durchaus wörtlich zu verstehen, denn kürzlich wurde sogar die Hauptstadt des zentralasiatischen Landes von Almaty (früher Alma-Ata) nahe der chinesischen Grenze rund 1.300 Kilometer weiter nördlich nach Astana verlegt. Dort überwiegt momentan zwar noch die Steppe, doch mit modernsten Hilfsmitteln und dem Know-how tüchtiger Architekten wird eine Stadt aus dem Boden gestampft, die 2030 Millionenmetropole und, nach den Hoffnungen der Kasachen, wirtschaftlich auf EU-Niveau sein soll.
■ WECHSEL ZU EUROPA Europa ist auch im Fußball Kasachstans Orientierungspunkt, nachdem sich die ehemalige Sowjetrepublik zunächst dem asiatischen Kontinentalverband zugewandt hatte. Doch man war nicht glücklich gewesen mit Gegnern wie Pakistan und den Vereinigten Arabischen Emiraten, die nicht geeignet schienen, Kasachstan fußballerisch voranzubringen. Und so nutzte man die rund zehn Prozent auf dem europäischen Kontinent liegende kasachische Landmasse, um 2000 einen Aufnahmeantrag an die UEFA zu stellen, den nach einer Umfrage der nationalen Sportzeitung »Prosport« 99 % aller kasachischen Fußballer unterstützten.
2002 wurde dem Kontinentwechsel stattgegeben, und das Rennen um einen Platz bei der WM 2006 nahm Kasachstan bereits in Europa auf. Dass das sportliche Leistungsniveau auf dem alten Kontinent tatsächlich höher als in Asien liegt, wurde deutlich, als es in zwölf Spielen lediglich einen Zähler zu bejubeln gab (0:0 in Georgien) und man sich selbst Albanien zweimal geschlagen geben musste. Im Rahmen der Qualifikation zur EM 2008 deutete die Elf um Rusian Baltijew beim 0:0 in Belgien und vor allem beim sensationellen 2:1 über Serbien dann jedoch ihr Potenzial an.
■ ZWANGSUMSIEDLUNG UND ATOMVERSUCHE Als das Land der Kasachen (»freie Krieger«) 1991 nach Jahrhunderten unter russischer Herrschaft in die Unabhängigkeit entlassen wurde, stand es vor gewaltigen Aufgaben. Mehr als sechzig Jahre rücksichtsloser sowjetischer Ausbeutungspolitik hatten eine zutiefst verwirrte Nation hinterlassen. Unter dem Sowjetstern waren die kasachischen Nomadenvölker zwangsweise sesshaft gemacht worden, während die Massenansiedlung von kollektivierungsunwilligen Ukrainern und Russen, ungeliebten Wolgadeutschen sowie Koreanern das ethnische Gefüge komplett verändert hatte. Geheime Atomversuche in Semipalatinsk sowie die systematische Zerstörung des Aralsees hinterließen zudem ein schwieriges ökologisches Erbe.
Politisch kamen die Kasachen nach dem Ende des UdSSR vom Regen in die Traufe. Eine von Ex-KP-Sekretär Nursultan Abischuly Nasarbajew angeführte Politikerclique übernahm die Führung über das ölreiche Land, das seitdem weder Demokratie noch Pressefreiheit kennengelernt hat. Nasarbajew war es auch, der 1995 verfügte, die Hauptstadt in den Norden zu verlegen. Er will damit den Einfluss südkasachischer Clans eindämmen und einer drohenden Abspaltung des überwiegend von Russen bewohnten Norden vorbeugen. So wurde die Provinzstadt Akmola (»Weißes Grab«), die früher Akmolinks bzw. Zelinograd hieß, als Astana zur neuen Hauptstadt und zum allgegenwärtigen Symbol des »neuen Kasachstan«.
■ KAIRAT BEWIES STÄRKE Das betrifft nicht zuletzt den Sport, wo 2007 beispielsweise der »Astana«-Profirennstall von Dopingsünder Alexander Winokurow (Dritter der Tour de France 2003) den Namen der neuen Hauptstadt trug. Im Fußball steht Astana für »Zukunft«: 2006 wurde Hauptstadtklub FK Astana zum dritten Mal binnen sechs Jahren Landesmeister. Dass der Klub vom Niederländer Arno Pijpers betreut wird, dessen Hauptberuf der des Nationaltrainers ist, signalisiert seine enorme Bedeutung.
Fußball kam 1913 nach Kasachstan, als der russische Kaufmann Nikolai Kuprijanow das Spiel in Semipalatinsk einführte. Über das spätere Atomzentrum hinaus fand Fußball zunächst kaum Verbreitung. Erst als die Sowjetunion in den späten 1920er Jahren im Zuge der massiven Industrialisierung systematisch mit einem von den großen Sportorganisationen Dinamo, Lokomotiv, Spartak etc. dominierten Vereinsnetz überzogen wurde, änderte sich das. 1926 wurde Kasachstan zudem durch die Turkestan-Sibirische Eisenbahn verkehrstechnisch erstmals an Russland angeschlossen.
Zwei Jahre später nahm eine kasachische Regionalauswahl an der Spartakiade in Kasan teil, und nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Klubs der Region in den sowjetischen Spielbetrieb integriert. 1960 erreichte mit Kairat Alma-Ata erstmals ein kasachischer Klub die Oberliga, in der man mit Spielern wie Oleg Dolmatow, Semirdzhan Baischakow und Ewgeni Jarowenko insgesamt 24 Jahre mitmischen konnte.
■ ZUNÄCHST IN ASIEN DABEI Nach der Unabhängigkeit wies Kasachstan eine Offerte der UEFA zurück und schloss sich der asiatischen Konföderation an, weil man sich dort sportlich bessere Möglichkeiten ausrechnete. Alsdann stand man vor der Aufgabe, landesweite Strukturen aufzubauen.
Nach einigen Anlaufschwierigkeiten setzte Kasachstan Mitte der 1990er Jahre verstärkt auf Jugendförderung und verbuchte allmählich Fortschritte. Die Nationalelf debütierte im Juni 1996 mit einem 1:0-Sieg über Katar in der Asienmeisterschaft und drang bei der Qualifikation zur WM 1998 auf Anhieb in die Zwischenrunde vor. Ein Jahr später vermochte sich die von Vladimir Fomichew trainierte Juniorenauswahl sogar für die WM in Nigeria zu qualifizieren, während Yelimaz Semipalatinsk 1996 in der asiatischen Champions League ein bemerkenswertes 3:0 über Piroozi Teheran erreichte. 2001 konnte Irtysh Pavlodar im selben Wettbewerb sogar bis ins Halbfinale vordringen, wo man gegen Jubilo Iwata aus Japan erst in der Verlängerung durch »golden goal« verlor.
Zur selben Zeit machte sich jedoch zunehmend Unzufriedenheit über die Voraussetzungen in Asien breit. Als Rachat Alijew 2000 die Verbandsführung übernahm, setzten sich die Europafürsprecher durch, und Kasachstan richtete seinen Fußball-Blick fortan gen Westen. Als problematisch erwies sich dabei der Mangel moderner Vereinsstrukturen. Nach der 2003 erfolgten Aufnahme in die UEFA konnten zunächst lediglich Kairat Almaty und Aktobe Lento an UEFA-Wettbewerben teilnehmen. So durfte der vierfache Landesmeister Irtysh Pavlodar 2005 nicht im UEFA-Cup starten, weil er keine Steuern für seine Spieler abgeführt hatte.
Nach und nach entwickeln sich die Strukturen jedoch. In Astana entsteht derzeit ein modernes Großstadion, das künftig die Zentrale des kasachischen Fußballs darstellen soll, das kasachische Fernsehen berichtet verstärkt vom europäischen Fußball, und in der von Legionären dominierten Nationalliga dürfen seit 2006 nur noch fünf Nichtkasachen eingesetzt werden. Dass 2007 gleich drei kasachische Vertreter auf der europäischen Ebene brillierten, bestätigte diesen guten Eindruck.
Kasachstan befindet sich im Aufbruch. Das ist durchaus wörtlich zu verstehen, denn kürzlich wurde sogar die Hauptstadt des zentralasiatischen Landes von Almaty (früher Alma-Ata) nahe der chinesischen Grenze rund 1.300 Kilometer weiter nördlich nach Astana verlegt. Dort überwiegt momentan zwar noch die Steppe, doch mit modernsten Hilfsmitteln und dem Know-how tüchtiger Architekten wird eine Stadt aus dem Boden gestampft, die 2030 Millionenmetropole und, nach den Hoffnungen der Kasachen, wirtschaftlich auf EU-Niveau sein soll.
■ WECHSEL ZU EUROPA Europa ist auch im Fußball Kasachstans Orientierungspunkt, nachdem sich die ehemalige Sowjetrepublik zunächst dem asiatischen Kontinentalverband zugewandt hatte. Doch man war nicht glücklich gewesen mit Gegnern wie Pakistan und den Vereinigten Arabischen Emiraten, die nicht geeignet schienen, Kasachstan fußballerisch voranzubringen. Und so nutzte man die rund zehn Prozent auf dem europäischen Kontinent liegende kasachische Landmasse, um 2000 einen Aufnahmeantrag an die UEFA zu stellen, den nach einer Umfrage der nationalen Sportzeitung »Prosport« 99 % aller kasachischen Fußballer unterstützten.
2002 wurde dem Kontinentwechsel stattgegeben, und das Rennen um einen Platz bei der WM 2006 nahm Kasachstan bereits in Europa auf. Dass das sportliche Leistungsniveau auf dem alten Kontinent tatsächlich höher als in Asien liegt, wurde deutlich, als es in zwölf Spielen lediglich einen Zähler zu bejubeln gab (0:0 in Georgien) und man sich selbst Albanien zweimal geschlagen geben musste. Im Rahmen der Qualifikation zur EM 2008 deutete die Elf um Rusian Baltijew beim 0:0 in Belgien und vor allem beim sensationellen 2:1 über Serbien dann jedoch ihr Potenzial an.
■ ZWANGSUMSIEDLUNG UND ATOMVERSUCHE Als das Land der Kasachen (»freie Krieger«) 1991 nach Jahrhunderten unter russischer Herrschaft in die Unabhängigkeit entlassen wurde, stand es vor gewaltigen Aufgaben. Mehr als sechzig Jahre rücksichtsloser sowjetischer Ausbeutungspolitik hatten eine zutiefst verwirrte Nation hinterlassen. Unter dem Sowjetstern waren die kasachischen Nomadenvölker zwangsweise sesshaft gemacht worden, während die Massenansiedlung von kollektivierungsunwilligen Ukrainern und Russen, ungeliebten Wolgadeutschen sowie Koreanern das ethnische Gefüge komplett verändert hatte. Geheime Atomversuche in Semipalatinsk sowie die systematische Zerstörung des Aralsees hinterließen zudem ein schwieriges ökologisches Erbe.
Politisch kamen die Kasachen nach dem Ende des UdSSR vom Regen in die Traufe. Eine von Ex-KP-Sekretär Nursultan Abischuly Nasarbajew angeführte Politikerclique übernahm die Führung über das ölreiche Land, das seitdem weder Demokratie noch Pressefreiheit kennengelernt hat. Nasarbajew war es auch, der 1995 verfügte, die Hauptstadt in den Norden zu verlegen. Er will damit den Einfluss südkasachischer Clans eindämmen und einer drohenden Abspaltung des überwiegend von Russen bewohnten Norden vorbeugen. So wurde die Provinzstadt Akmola (»Weißes Grab«), die früher Akmolinks bzw. Zelinograd hieß, als Astana zur neuen Hauptstadt und zum allgegenwärtigen Symbol des »neuen Kasachstan«.
■ KAIRAT BEWIES STÄRKE Das betrifft nicht zuletzt den Sport, wo 2007 beispielsweise der »Astana«-Profirennstall von Dopingsünder Alexander Winokurow (Dritter der Tour de France 2003) den Namen der neuen Hauptstadt trug. Im Fußball steht Astana für »Zukunft«: 2006 wurde Hauptstadtklub FK Astana zum dritten Mal binnen sechs Jahren Landesmeister. Dass der Klub vom Niederländer Arno Pijpers betreut wird, dessen Hauptberuf der des Nationaltrainers ist, signalisiert seine enorme Bedeutung.
Fußball kam 1913 nach Kasachstan, als der russische Kaufmann Nikolai Kuprijanow das Spiel in Semipalatinsk einführte. Über das spätere Atomzentrum hinaus fand Fußball zunächst kaum Verbreitung. Erst als die Sowjetunion in den späten 1920er Jahren im Zuge der massiven Industrialisierung systematisch mit einem von den großen Sportorganisationen Dinamo, Lokomotiv, Spartak etc. dominierten Vereinsnetz überzogen wurde, änderte sich das. 1926 wurde Kasachstan zudem durch die Turkestan-Sibirische Eisenbahn verkehrstechnisch erstmals an Russland angeschlossen.
Zwei Jahre später nahm eine kasachische Regionalauswahl an der Spartakiade in Kasan teil, und nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Klubs der Region in den sowjetischen Spielbetrieb integriert. 1960 erreichte mit Kairat Alma-Ata erstmals ein kasachischer Klub die Oberliga, in der man mit Spielern wie Oleg Dolmatow, Semirdzhan Baischakow und Ewgeni Jarowenko insgesamt 24 Jahre mitmischen konnte.
■ ZUNÄCHST IN ASIEN DABEI Nach der Unabhängigkeit wies Kasachstan eine Offerte der UEFA zurück und schloss sich der asiatischen Konföderation an, weil man sich dort sportlich bessere Möglichkeiten ausrechnete. Alsdann stand man vor der Aufgabe, landesweite Strukturen aufzubauen.
Nach einigen Anlaufschwierigkeiten setzte Kasachstan Mitte der 1990er Jahre verstärkt auf Jugendförderung und verbuchte allmählich Fortschritte. Die Nationalelf debütierte im Juni 1996 mit einem 1:0-Sieg über Katar in der Asienmeisterschaft und drang bei der Qualifikation zur WM 1998 auf Anhieb in die Zwischenrunde vor. Ein Jahr später vermochte sich die von Vladimir Fomichew trainierte Juniorenauswahl sogar für die WM in Nigeria zu qualifizieren, während Yelimaz Semipalatinsk 1996 in der asiatischen Champions League ein bemerkenswertes 3:0 über Piroozi Teheran erreichte. 2001 konnte Irtysh Pavlodar im selben Wettbewerb sogar bis ins Halbfinale vordringen, wo man gegen Jubilo Iwata aus Japan erst in der Verlängerung durch »golden goal« verlor.
Zur selben Zeit machte sich jedoch zunehmend Unzufriedenheit über die Voraussetzungen in Asien breit. Als Rachat Alijew 2000 die Verbandsführung übernahm, setzten sich die Europafürsprecher durch, und Kasachstan richtete seinen Fußball-Blick fortan gen Westen. Als problematisch erwies sich dabei der Mangel moderner Vereinsstrukturen. Nach der 2003 erfolgten Aufnahme in die UEFA konnten zunächst lediglich Kairat Almaty und Aktobe Lento an UEFA-Wettbewerben teilnehmen. So durfte der vierfache Landesmeister Irtysh Pavlodar 2005 nicht im UEFA-Cup starten, weil er keine Steuern für seine Spieler abgeführt hatte.
Nach und nach entwickeln sich die Strukturen jedoch. In Astana entsteht derzeit ein modernes Großstadion, das künftig die Zentrale des kasachischen Fußballs darstellen soll, das kasachische Fernsehen berichtet verstärkt vom europäischen Fußball, und in der von Legionären dominierten Nationalliga dürfen seit 2006 nur noch fünf Nichtkasachen eingesetzt werden. Dass 2007 gleich drei kasachische Vertreter auf der europäischen Ebene brillierten, bestätigte diesen guten Eindruck.
Montag, 11. Oktober 2010
Neuauflage Fußball-WM-Enzyklopädie erschienen
Für einen Buchautoren ist der Herbst immer eine wunderschöne Zeit. Gmeinsam mit den Blättern fallen da auch die Bücher. Die aktualisierte Neuauflage des Eintracht-Braunschweig-Buches "Ein roter Löwe auf der Brust" ist schon seit einigen Wochen erhältlich, und seit Donnerstag ist nun auch die Neuauflage der WM-Enzyklopädie im Handel.
Das Buch ist nicht nur das dickste, das ich jemals geschrieben habe (und ich habe ja einige umfangreiche Bücher gamacht....), sondern auch das populärste. Erstmals kam es 2002 heraus und ist inzwischen in seiner vierten überarbeiteten und aktualisierten Auflage. In der frischesten Auflage ist natürlich auch die WM 2010 enthalten. Dazu kommt ein Ausblick auf 2014 (diesbezüglich werden wir sicher noch etwas zittrigen Spass haben) und ein Spielerlexikon auf dem neuesten Stand. Das Länderlexikon musste ich leider auslagern. Zum einen gibt es ja inzwischen die zweibändige Fußballweltenzyklopädie aus meiner Feder, zum anderen wäre die WM-Enzyklopädie schlicht und einfach zu dick geworden.
Das war schon in der letzten Ausgabe ein Thema, denn vom reinen Gewicht her war das Buch ein ganz schön "dicker Schinken". Die nunmehrige Neuauflage arbeitet mit etwas leichterem Papier, so dass das Buch zwar immer noch genauso umfangreich, aber deutlich leichter händelbar ist.
Noch immer ist es die einzige Komplettgeschichte über alle Fußball-Weltmeisterschaften seit 1930. Es ist ein Buch, zu dem ich regelmäßig Lesermeldungen bekomme, und dass diese nahezu ausschließlich positiv ausfallen, freut mich sehr und macht mich stolz.
Und damit viel Spass und Freude mit der Neuauflage!
Hardy Grüne. Fußball-WM-Enzyklopädie 1930-2014. AGON Sportverlag, Kassel. ISBN: 978-3897843806. 49,90 Euro
Das Buch ist nicht nur das dickste, das ich jemals geschrieben habe (und ich habe ja einige umfangreiche Bücher gamacht....), sondern auch das populärste. Erstmals kam es 2002 heraus und ist inzwischen in seiner vierten überarbeiteten und aktualisierten Auflage. In der frischesten Auflage ist natürlich auch die WM 2010 enthalten. Dazu kommt ein Ausblick auf 2014 (diesbezüglich werden wir sicher noch etwas zittrigen Spass haben) und ein Spielerlexikon auf dem neuesten Stand. Das Länderlexikon musste ich leider auslagern. Zum einen gibt es ja inzwischen die zweibändige Fußballweltenzyklopädie aus meiner Feder, zum anderen wäre die WM-Enzyklopädie schlicht und einfach zu dick geworden.
Das war schon in der letzten Ausgabe ein Thema, denn vom reinen Gewicht her war das Buch ein ganz schön "dicker Schinken". Die nunmehrige Neuauflage arbeitet mit etwas leichterem Papier, so dass das Buch zwar immer noch genauso umfangreich, aber deutlich leichter händelbar ist.
Noch immer ist es die einzige Komplettgeschichte über alle Fußball-Weltmeisterschaften seit 1930. Es ist ein Buch, zu dem ich regelmäßig Lesermeldungen bekomme, und dass diese nahezu ausschließlich positiv ausfallen, freut mich sehr und macht mich stolz.
Und damit viel Spass und Freude mit der Neuauflage!
Hardy Grüne. Fußball-WM-Enzyklopädie 1930-2014. AGON Sportverlag, Kassel. ISBN: 978-3897843806. 49,90 Euro
Mittwoch, 6. Oktober 2010
Buchmesse Frankfurt
Bin am Donnerstag, 7. Oktober 2010 auf der Buchmesse in Frankfurt und werde sowohl beim Verlag Die Werkstatt als auch beim Agon Sportverlag am Stand sein. Vielleicht verirrt sich ja der eine oder die andere in die heiligen Hallen.
Dienstag, 5. Oktober 2010
Traditionsklubs: Stade Reims
Aus der Serie "Vergessene Traditionsklub" des Berliner Fachblattes "Fuwo" nachstehend mein Beitrag über Stade Reims
Stade Reims
Tiefer abgestürzt ist keiner der ehemaligen Spitzenklubs in Europa: Stade Reims, 1956 und 1959 jeweils im Endspiel um den Europapokal der Landesmeister (heute Champions League) gegen das königliche Real Madrid unterlegen, musste in den 1990er Jahren bisweilen in der sechsten Liga auflaufen und hauchte gleich zweimal sein Leben aus.
Umso erfreulicher, dass den Rot-Weißen aus der Champagnerhochburg im Nordosten Frankreichs 2010 die Rückkehr in die 2. Liga gelang. Und Anlass für die inzwischen wieder üppige Fangemeinde des Traditionsklubs, optimistischer in die Zukunft zu schauen, zumal man mit seinem modernisierten Stade Auguste Delaune durchaus von höheren Zielen träumen darf.
Die erfolgreichste Epoche der “Rouge et Blanc“ (Rot-Weißen) trägt in Frankreich das Label „le grand Reims“ und spielte sich nach dem Zweiten Weltkrieg ab. 1931 aus einer seit 20 Jahren bestehenden Betriebsmannschaft der berühmte Sektkellerei Pommery & Greno gegründet, war der Klub schon vor dem Krieg systematisch in ein Spitzenteam verwandelt worden. Auf wen der Erfolg zurückging, war klar ersichtlich, denn das damalige Klubwappen krönte eine Sektflasche. Federführend waren mit Victor Canard und Henri Germain zwei Funktionäre mit Visionen und Beziehungen. Vor allem Germain kam eine Schlüsselrolle in der Erfolgsstory der Rêmois zu. Der ehemalige Rugbyspieler arbeitete für Champagnerhersteller Pommery & Greno, zog nebenbei im regionalen Fußballverband als Funktionär erfolgreich Strippen und schuf in Reims professionelle Verhältnisse.
Nach dem Krieg kam der Erfolgsexpress allmählich in Fahrt. 1949 holte die Elf um die Sinibaldi-Brüder Pierre und Paul sowie die Nationalspieler Jonquet und Marche erstmals die Landesmeisterschaft und ein Jahr später auch den Pokal nach Reims. Als Klubchef Germain 1951 den erst 31-jährigen Nationalstürmer Albert Batteux überredete, den Posten des scheidenden Trainers Henri Roessler zu übernehmen, nahm der Aufschwung an Tempo zu. „Monsieur Albert“, wie Batteux bald landesweit genannt wurde, kreierte einen attraktiven Offensivstil, der bis heute das Label „Champagner-Fußball“ trägt.
Zudem hatte Batteux einen vorzüglichen Riecher für Fußballtalente. 1951 lockte er den polnischstämmigen Raymond Kopa vom SCO Angers in die Champagne, mit dem Stade Reims 1953 erneut Meister wurde und zudem den seinerzeit populären Latin Cup gewann. Nachdem Reims 1955 abermals Landesmeister geworden war, übernahm Erfolgstrainer Batteux in Personalunion auch den Job des französischen Nationaltrainers, womit das Herz des französischen Fußballs vollends in der Kleinstadt im Herzen der Champagne schlug.
Mit dem im selben Jahr eingeführten Europapokal der Landesmeister hatte der Klub längst ein neues Ziel: Stade Reims wollte König von Europa werden. Und schon im ersten Jahr gelang den Rêmois über Aarhus, Vörös Lobogo Budapest und Hibernian Edinburgh der Einzug ins Finale, das nach neunzig packenden Minuten jedoch mit einem 4:3-Sieg für Real Madrid und dem anschließenden Wechsel von Superstar Kopa zu den Königlichen endete.
Kopas Verlust, eigentlich nicht zu verschmerzen, konnte Batteux sofort durch einen aus Nizza gekommenen Franzosen marokkanischer Herkunft ersetzen: Just Fontaine. Nachdem in den Folgejahren mit Jean Vincent, Roger Piantoni und Dominique Colonna drei weitere Ausnahmefußballer ins Stade Auguste Delaune gekommen waren, feierte man 1958 zum vierten Mal die Landesmeisterschaft und damit die Rückkehr in den Europapokal der Landesmeister.
Die Batteux-Elf um den hoch geschätzten Zentralverteidiger Robert Jonquet war nun auf dem Gipfel ihres Könnens angekommen. Als Frankreich im selben Sommer bei der WM in Schweden mit erfrischendem Offensivfußball Dritter wurde, standen gleich sechs Rêmois im Kader der Equipe Tricolore - darunter der mit 13 Treffern ewige WM-Torschützenkönig Just Fontaine. Insgesamt stellte Stade Reims seinerzeit in nur 19 Jahren 25 Nationalspieler mit 372 Länderspielen.
Über den nordirischen Ards FC, Finnlands Meister HPS Helsinki, Standard Lüttich aus Belgien sowie die Young Boys aus Bern drangen die Rot-Weißen 1958/59 abermals ins Finale des europäischen Landesmeisterwettbewerb vor. Doch vor 75.000 Zuschauern im Stuttgarter Neckarstadion hatten die Franzosen Pech. Erneut war Real Madrid der Gegner (diesmal mit dem Ex-Rêmois Kopa), und erneut hatten die seinerzeit fast unschlagbaren Königlichen die Nase vor.
Anschließend neigte sich die Ära von „le grand Reims“ allmählich ihrem Ende zu. Zunächst konnte der Klub 1959 mit finanzieller Unterstützung eines französischen Fruchtsafthersteller aber noch Raymond Kopa aus Madrid zurückholen, mit dem er 1960 und 1962 zwei weitere Male Landesmeister wurde. Zwischenzeitlich endete allerdings Just Fontaines Karriere 1961 durch einen komplizierten Beinbruch, ehe 1963 der Vertrag von Erfolgscoach Batteux nicht verlängert wurde. Ein fataler Fehler, denn während Batteux in Saint-Etienne eine neue Erfolgself aufbaute, stürzte Stade Reims unter seinem Nachfolger Camille Cottin völlig ab.
Nachdem sämtliche Leistungsträger den Verein verlassen hatten, landete der Klub 1964 sogar in der 2. Liga und wurde zur Fahrstuhlmannschaft. 1966 hörte mit Präsident Henri Germain auch der letzte Vertreter der Erfolgsära auf. Mitte der 1970er Jahre gab es noch einmal ein kurzes Aufbäumen. 1973/74 stellte Stade Reims mit dem Argentinier Carlos Bianchi den Torschützenkönig der Nationalliga (30 Treffer), 1975/76 beendete man die Saison auf einem fünften Platz und 1977 gelang der Einzug ins Pokalfinale, das jedoch mit 1:2 gegen AS St. Etienne verloren ging.
Inzwischen plagten den Klub schwere finanzielle Sorgen, die ihn 1978 zwangen, Insolvenz anzumelden. Die nicht erstligataugliche Notelf verabschiedete sich daraufhin 1979 mit nur drei Saisonsiegen zum letzten Mal aus der 1. Liga. Verlassen von Fans und Sponsoren, taumelte Stade Reims einer ungewissen Zukunft entgegen. 1986 und 1987 drangen die Rot-Weißen im Pokal jeweils bis ins Halbfinale vor, wobei am 2. Juni 1987 beim 1:5 gegen Olympique Marseille mit 27.774 Zuschauern sogar noch ein Vereinsrekord registriert wurde. Doch im Januar 1991 kam das Aus, wurde der mit über 50 Millionen Franc verschuldete Traditionsklub zunächst in die 3. Liga zwangsversetzt und im Oktober 1991 schließlich liquidiert.
Der Nachfolgeverein Stade de Reims Champagner FC hielt nicht einmal eine Saison durch, ehe auch er am 11. Mai 1992 Insolvenz anmeldete und Stade Reims endgültig Geschichte wurde. Durchschnittlich 982 Zuschauer hatten der letzten Saison des Klubs beigewohnt.
Im Juli desselben Jahres entstand mit Stade de Reims Champagne ein neuer Verein, der den Spielbetrieb in der sechsten Liga aufnahm. Nach drei Aufstiegen binnen fünf Jahren kehrten die Rêmois schließlich 1999 zur großen Freude der französischen Fußballöffentlichkeit in die 3. Liga zurück. Hinter dem Erfolg stand Brillengrossist Alain Afflelou, der zwischenzeitlich nicht nur sämtliche 1992 beim Vereins-Aus verkauften Pokale und Wimpel aus glorreichen Tagen zurückgekauft hatte, sondern den Klub finanziell auf solide Füße gestellt und ihm 1999 zudem den Traditionsnamen Stade de Reims zurückgegeben hatte.
Längst war Stade Reims zu einem landesweit beliebten Liebling aufgestiegen, und als den Rouge et Blanc 2002 der Aufstieg in die 2. Liga gelang, war die Freude in Frankreich groß. 2002/03 noch sportlich gescheitert, etablierten sich die Rêmois ab 2004 im zweiten Anlauf in der zweithöchsten Spielklasse. Parallel dazu wurde der Umbau des maroden Stade Auguste Delaune vorangetrieben, während 2007 im Ligapokal der Einzug ins Halbfinale gelang und in Reims zarte Erstligaträume erwachten.
Doch als der Stadionumbau 2009 abgeschlossen wurde, stand man in Reims abermals vor sportlichen Trümmern. Nach einer katastrophalen Hinrunde hatte der zur Winterpause verpflichtete Trainer Luis Fernandez mit seinem Team in der Rückrunde 2008/09 zwar aus 18 Spielen 27 Punkte geholt, die aber nicht mehr zum Klassenerhalt reichten. Inzwischen dürfen die seit ihrem sofortigen Wiederaufstieg vom früheren Guingamp- und Mönchengladbach-Verteidiger Hubert Fournier trainierten Rêmois erneut auf eine Etablierung im Profilager hoffen.
Klub, Fans und Region wäre es zu wünschen. Stade Reims ist ungeachtet seiner turbulenten jüngeren Vergangenheit ein stolzer Klub, dessen Aura greifbar ist und dessen Tradition ihn zu einem besonderen Verein macht. Zu einem Verein, dem auch die Erstklassigkeit gut zu Gesicht stehen würde. Zumal Reims dazu inzwischen zweifelsohne alle Voraussetzungen liefert: Das Stadion ist hübsch und wäre mit kleineren Ausbaumaßnahmen erstligatauglich, die Attraktivität des Klubs ist hoch und der Ruhm sowie Legende.
Stade Reims
Tiefer abgestürzt ist keiner der ehemaligen Spitzenklubs in Europa: Stade Reims, 1956 und 1959 jeweils im Endspiel um den Europapokal der Landesmeister (heute Champions League) gegen das königliche Real Madrid unterlegen, musste in den 1990er Jahren bisweilen in der sechsten Liga auflaufen und hauchte gleich zweimal sein Leben aus.
Umso erfreulicher, dass den Rot-Weißen aus der Champagnerhochburg im Nordosten Frankreichs 2010 die Rückkehr in die 2. Liga gelang. Und Anlass für die inzwischen wieder üppige Fangemeinde des Traditionsklubs, optimistischer in die Zukunft zu schauen, zumal man mit seinem modernisierten Stade Auguste Delaune durchaus von höheren Zielen träumen darf.
Die erfolgreichste Epoche der “Rouge et Blanc“ (Rot-Weißen) trägt in Frankreich das Label „le grand Reims“ und spielte sich nach dem Zweiten Weltkrieg ab. 1931 aus einer seit 20 Jahren bestehenden Betriebsmannschaft der berühmte Sektkellerei Pommery & Greno gegründet, war der Klub schon vor dem Krieg systematisch in ein Spitzenteam verwandelt worden. Auf wen der Erfolg zurückging, war klar ersichtlich, denn das damalige Klubwappen krönte eine Sektflasche. Federführend waren mit Victor Canard und Henri Germain zwei Funktionäre mit Visionen und Beziehungen. Vor allem Germain kam eine Schlüsselrolle in der Erfolgsstory der Rêmois zu. Der ehemalige Rugbyspieler arbeitete für Champagnerhersteller Pommery & Greno, zog nebenbei im regionalen Fußballverband als Funktionär erfolgreich Strippen und schuf in Reims professionelle Verhältnisse.
Nach dem Krieg kam der Erfolgsexpress allmählich in Fahrt. 1949 holte die Elf um die Sinibaldi-Brüder Pierre und Paul sowie die Nationalspieler Jonquet und Marche erstmals die Landesmeisterschaft und ein Jahr später auch den Pokal nach Reims. Als Klubchef Germain 1951 den erst 31-jährigen Nationalstürmer Albert Batteux überredete, den Posten des scheidenden Trainers Henri Roessler zu übernehmen, nahm der Aufschwung an Tempo zu. „Monsieur Albert“, wie Batteux bald landesweit genannt wurde, kreierte einen attraktiven Offensivstil, der bis heute das Label „Champagner-Fußball“ trägt.
Zudem hatte Batteux einen vorzüglichen Riecher für Fußballtalente. 1951 lockte er den polnischstämmigen Raymond Kopa vom SCO Angers in die Champagne, mit dem Stade Reims 1953 erneut Meister wurde und zudem den seinerzeit populären Latin Cup gewann. Nachdem Reims 1955 abermals Landesmeister geworden war, übernahm Erfolgstrainer Batteux in Personalunion auch den Job des französischen Nationaltrainers, womit das Herz des französischen Fußballs vollends in der Kleinstadt im Herzen der Champagne schlug.
Mit dem im selben Jahr eingeführten Europapokal der Landesmeister hatte der Klub längst ein neues Ziel: Stade Reims wollte König von Europa werden. Und schon im ersten Jahr gelang den Rêmois über Aarhus, Vörös Lobogo Budapest und Hibernian Edinburgh der Einzug ins Finale, das nach neunzig packenden Minuten jedoch mit einem 4:3-Sieg für Real Madrid und dem anschließenden Wechsel von Superstar Kopa zu den Königlichen endete.
Kopas Verlust, eigentlich nicht zu verschmerzen, konnte Batteux sofort durch einen aus Nizza gekommenen Franzosen marokkanischer Herkunft ersetzen: Just Fontaine. Nachdem in den Folgejahren mit Jean Vincent, Roger Piantoni und Dominique Colonna drei weitere Ausnahmefußballer ins Stade Auguste Delaune gekommen waren, feierte man 1958 zum vierten Mal die Landesmeisterschaft und damit die Rückkehr in den Europapokal der Landesmeister.
Die Batteux-Elf um den hoch geschätzten Zentralverteidiger Robert Jonquet war nun auf dem Gipfel ihres Könnens angekommen. Als Frankreich im selben Sommer bei der WM in Schweden mit erfrischendem Offensivfußball Dritter wurde, standen gleich sechs Rêmois im Kader der Equipe Tricolore - darunter der mit 13 Treffern ewige WM-Torschützenkönig Just Fontaine. Insgesamt stellte Stade Reims seinerzeit in nur 19 Jahren 25 Nationalspieler mit 372 Länderspielen.
Über den nordirischen Ards FC, Finnlands Meister HPS Helsinki, Standard Lüttich aus Belgien sowie die Young Boys aus Bern drangen die Rot-Weißen 1958/59 abermals ins Finale des europäischen Landesmeisterwettbewerb vor. Doch vor 75.000 Zuschauern im Stuttgarter Neckarstadion hatten die Franzosen Pech. Erneut war Real Madrid der Gegner (diesmal mit dem Ex-Rêmois Kopa), und erneut hatten die seinerzeit fast unschlagbaren Königlichen die Nase vor.
Anschließend neigte sich die Ära von „le grand Reims“ allmählich ihrem Ende zu. Zunächst konnte der Klub 1959 mit finanzieller Unterstützung eines französischen Fruchtsafthersteller aber noch Raymond Kopa aus Madrid zurückholen, mit dem er 1960 und 1962 zwei weitere Male Landesmeister wurde. Zwischenzeitlich endete allerdings Just Fontaines Karriere 1961 durch einen komplizierten Beinbruch, ehe 1963 der Vertrag von Erfolgscoach Batteux nicht verlängert wurde. Ein fataler Fehler, denn während Batteux in Saint-Etienne eine neue Erfolgself aufbaute, stürzte Stade Reims unter seinem Nachfolger Camille Cottin völlig ab.
Nachdem sämtliche Leistungsträger den Verein verlassen hatten, landete der Klub 1964 sogar in der 2. Liga und wurde zur Fahrstuhlmannschaft. 1966 hörte mit Präsident Henri Germain auch der letzte Vertreter der Erfolgsära auf. Mitte der 1970er Jahre gab es noch einmal ein kurzes Aufbäumen. 1973/74 stellte Stade Reims mit dem Argentinier Carlos Bianchi den Torschützenkönig der Nationalliga (30 Treffer), 1975/76 beendete man die Saison auf einem fünften Platz und 1977 gelang der Einzug ins Pokalfinale, das jedoch mit 1:2 gegen AS St. Etienne verloren ging.
Inzwischen plagten den Klub schwere finanzielle Sorgen, die ihn 1978 zwangen, Insolvenz anzumelden. Die nicht erstligataugliche Notelf verabschiedete sich daraufhin 1979 mit nur drei Saisonsiegen zum letzten Mal aus der 1. Liga. Verlassen von Fans und Sponsoren, taumelte Stade Reims einer ungewissen Zukunft entgegen. 1986 und 1987 drangen die Rot-Weißen im Pokal jeweils bis ins Halbfinale vor, wobei am 2. Juni 1987 beim 1:5 gegen Olympique Marseille mit 27.774 Zuschauern sogar noch ein Vereinsrekord registriert wurde. Doch im Januar 1991 kam das Aus, wurde der mit über 50 Millionen Franc verschuldete Traditionsklub zunächst in die 3. Liga zwangsversetzt und im Oktober 1991 schließlich liquidiert.
Der Nachfolgeverein Stade de Reims Champagner FC hielt nicht einmal eine Saison durch, ehe auch er am 11. Mai 1992 Insolvenz anmeldete und Stade Reims endgültig Geschichte wurde. Durchschnittlich 982 Zuschauer hatten der letzten Saison des Klubs beigewohnt.
Im Juli desselben Jahres entstand mit Stade de Reims Champagne ein neuer Verein, der den Spielbetrieb in der sechsten Liga aufnahm. Nach drei Aufstiegen binnen fünf Jahren kehrten die Rêmois schließlich 1999 zur großen Freude der französischen Fußballöffentlichkeit in die 3. Liga zurück. Hinter dem Erfolg stand Brillengrossist Alain Afflelou, der zwischenzeitlich nicht nur sämtliche 1992 beim Vereins-Aus verkauften Pokale und Wimpel aus glorreichen Tagen zurückgekauft hatte, sondern den Klub finanziell auf solide Füße gestellt und ihm 1999 zudem den Traditionsnamen Stade de Reims zurückgegeben hatte.
Längst war Stade Reims zu einem landesweit beliebten Liebling aufgestiegen, und als den Rouge et Blanc 2002 der Aufstieg in die 2. Liga gelang, war die Freude in Frankreich groß. 2002/03 noch sportlich gescheitert, etablierten sich die Rêmois ab 2004 im zweiten Anlauf in der zweithöchsten Spielklasse. Parallel dazu wurde der Umbau des maroden Stade Auguste Delaune vorangetrieben, während 2007 im Ligapokal der Einzug ins Halbfinale gelang und in Reims zarte Erstligaträume erwachten.
Doch als der Stadionumbau 2009 abgeschlossen wurde, stand man in Reims abermals vor sportlichen Trümmern. Nach einer katastrophalen Hinrunde hatte der zur Winterpause verpflichtete Trainer Luis Fernandez mit seinem Team in der Rückrunde 2008/09 zwar aus 18 Spielen 27 Punkte geholt, die aber nicht mehr zum Klassenerhalt reichten. Inzwischen dürfen die seit ihrem sofortigen Wiederaufstieg vom früheren Guingamp- und Mönchengladbach-Verteidiger Hubert Fournier trainierten Rêmois erneut auf eine Etablierung im Profilager hoffen.
Klub, Fans und Region wäre es zu wünschen. Stade Reims ist ungeachtet seiner turbulenten jüngeren Vergangenheit ein stolzer Klub, dessen Aura greifbar ist und dessen Tradition ihn zu einem besonderen Verein macht. Zu einem Verein, dem auch die Erstklassigkeit gut zu Gesicht stehen würde. Zumal Reims dazu inzwischen zweifelsohne alle Voraussetzungen liefert: Das Stadion ist hübsch und wäre mit kleineren Ausbaumaßnahmen erstligatauglich, die Attraktivität des Klubs ist hoch und der Ruhm sowie Legende.
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