Samstag, 1. März 2014

Alle Tassen im Schrank? BSV Kickers Emden



Vor einigen Tagen erschien an dieser Stelle der SV Blau-Weiß Borssum als erster Vertreter der Stadt Emden in der „Tassen-Like-Liga powered by Hardy Grüne“. Die führende Mannschaft der ostfriesischen Kleinstadt aber war über viele Jahre natürlich der BSV Kickers, der die knapp 50.000 Emder und Emderinnen lange mit herrlichen Fußballträumen fütterte und die ganze Region verzauberte. Bis in die eingleisige 3. Liga schafften es die Blau-Weißen, und nicht wenige Fans träumen Ende der 2000er Jahre wohl sogar von der 2. Bundesliga.

Doch es kam bekanntlich anders, denn eine Kombination aus explodierenden Kosten, wegfallenden Sponsoren, zu wagemutigem Management sowie einer schier nicht zu lösenden Stadionfrage führte 2009 aus scheinbar heiterem Himmel zum Rückzug des Klubs aus der 3. Liga. 2011/12 legten die Ostfriesen dann mitten in der laufenden Fünftligasaison eine Insolvenz hin, die die gesamte Oberliga Niedersachsen ins Chaos stürzte. Auch der NFV sah seinerzeit nicht sonderlich gut aus, denn er hatte den Emdern nach der Saison 2010/11 aus wirtschaftlichen Gründen bereits die Oberligalizenz verweigert, das Papier aber nach einem Protest schließlich doch ausgestellt. Als nur wenige Wochen nach dem Saisonstart allmählich klar wurde, dass der BSV Kickers die Saison nicht würde überstehen können, war man namentlich beim SV Arminia aus Hannover verärgert - der sportliche Oberligaabsteiger 2011 wäre gerne für die Ostfriesen nachgerückt.

Die Entwicklung stimmte mich damals sowohl wütend als auch traurig. Wütend, weil ich den SV Arminia gut verstand und mich als Fan des gleichfalls betroffenen Emder Klassenrivalen RSV Göttingen 05 ebenfalls irgendwie betrogen fühlte und vor allem für die NFV-Politik kein Verständnis aufbringen konnte. Traurig, weil ich Ende September 2011 mit meinen Göttingern noch zu einem Ligaspiel nach Emden gereist war und das dortige Stadion weitestgehend verwaist vorgefunden hatte. Es herrschte bereits Endzeitstimmung in einer Arena, die ich über viele Jahre als eine der stimmungsvollsten in Norddeutschland erlebt hatte. Selbst die ultraleckeren Krabbenbrötchen wurden nicht mehr gereicht, und im Fanshop, in dem ich den abgebildeten Becher erstand, wurden Dinge feilgeboten, die an alte Erfolgstage erinnerten und die doch niemanden mehr interessierten. Nur hinterm Tor stand noch eine kleine Schar heimischer Fahnenträger, die stoisch ihren Willen bekundete, die Blau-Weißen im Kampf gegen ihren Untergang zu unterstützen. Der BSV Kickers Emden war ein Klub im Sterben.

Dabei war er einst ein Leuchtfeuer im nordwestlichen Niedersachsen gewesen Der erste Klub Ostfrieslands, der es in eine bundesweite Spielklasse geschafft hatte. Der erste Klub Ostfrieslands, der sich im DFB-Pokal mit Größen wie Borussia Dortmund, 1. FC Köln, Fortuna Düsseldorf oder Mainz 05 gemessen hatte. Der erste Klub Ostfrieslands, der die gesamte Region verzaubert und in ein fröhliches Fußballvolk verwandelt hatte. Mit 05 reiste ich häufig nach Emden, und immer genoss ich die dortige Atmosphäre. Voller friesischer Leidenschaft, unumstößlich parteiisch und stets nahe am Fanatismus, gab es doch zugleich eine wohlwollende und respektvolle Gastfreundschaft.

Aktuell spielt der Klub in der Landesliga und duelliert sich dort u.a. mit Regionalrivalen wie TuS Pewsum, Germania Leer und TV Bunde. Immerhin konnte das Insolvenzverfahren im August 2013 erfolgreich abgeschlossen werden. Doch auch wenn der BSV Kickers damit wieder schuldenfrei ist - eine Rückkehr in die Oberliga scheint derzeit unvorstellbar zu sein. In Emden ist man eben gebranntes Kind.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen