Dienstag, 18. Februar 2014
Alle Tassen im Schrank? SC Paderborn
Stand gestern (vor dem Abendspiel des FCK in Aue) würde im Mai ein Klub in der Relegation um den Bundesligaaufstieg stehen, der es bislang noch nie in die Bundesliga geschafft hat und der für beinharte Traditionalisten selbst in der 2. Bundesliga ein irritierender Name ist, obwohl er ihr seit 2005 abgesehen von einer kurzen Unterbrechung angehört.
Der SC Paderborn 07 ist ein Verein, den man nicht so einfach in Worte fassen kann. Seine Tradition beispielsweise ist schwer zu definieren - obwohl die Wurzeln des Vereins bis ins Jahr 1907 zurückreichen. Schillernde Errfolge sind ebenfalls rar, die Fanszene steckt mitten in der Entwicklung, und dass die größten Rivalen Arminia Bielefeld und VfL Osnabrück heißen, ist jetzt auch nicht gerade ein "Kracher". Hinzu kommt, dass der Aufschwung des SCP zuallererst mit der Person bzw. dem Engagement von Wilfried Finke sowie dessen Möbelhauskette verbunden ist, und ohne Finkes finanzielle Aufbauhilfe heute in Paderborn wohl niemand von der Bundesliga träumen würde.
Doch man tut dem SC Paderborn Unrecht, reduziert man ihn auf "Fußball in der Provinz" und "Mäzenatentum". Denn die katholische Hochburg weist durchaus Fußballhistorie auf - die freilich ist von zahlreichen Fusionen auseinandergerissen. Vor allem der 1. FC Paderborn sowie der TuS Schloß Neuhaus (die 1985 zum TuS Paderborn-Neuhaus verschmolzen, aus dem 1997 der SC Paderborn 07 wurde) stehen für Paderborns Fußballvergangenheit. Beide Klubs waren allerdings ebenfalls Produkte von Fusionen, wobei daran solch illustre Namen wie TuS Sennelager, SV 07 Neuhaus oder Verein für Jugendsport Paderborn beteiligt waren. Schloß Neuhaus schaffte es 1982/83 sogar für eine Spielzeit in die 2. Bundesliga, während der 1. FC Paderborn 1977/78 als Westvierter in der Qualifikation zur Zweitligaaufstiegsrunde an Holstein Kiel scheiterte.
Zum anderen verdient die Entwicklung in Paderborn aber auch Respekt, denn sie wurde zwar "gesponsert", doch sie steht zugleich auf stabilen Füßen und hat zudem eine kleine Fußballdiaspora zum Leben erweckt. 2014 ist Paderborn zweifelsohne längst ein fester (und bisweilen auch belebender!) Bestandteil des Profifußballs - insofern wäre es ein spannendes Experiment, eines Tages tatsächlich mal den FC Bayern zu einem Ligaspiel in der 2008 eröffneten lokalen Fußballarena auflaufen zu sehen.
Mich persönlich verbinden mit Paderborn einmal mehr die "guten alten Zeiten". 1982 reiste ich mit meinen 05ern anlässlich des Ablösespiels für den nach Paderborn gewechselten 05er Michael Dösselmann zum 1. FC Paderborn, der damals ewiges Mitglied der Oberliga Westfalen war und in seiner (in meiner Erinnerung) recht kuscheligen Heimstatt sehr übersichtliche Zuschauerscharen begrüßte. Es gab sogar eine kleine Fangruppe, mit der wir einen recht lustigen Nachmittag verbrachten. Schloß Neuhaus und das Hermann-Löns-Stadion lernte ich ebenfalls Anfang der 1980er kennen, wobei es kein Fußballspiel war, das mich dort hinlockte, sondern ein Open Air, bei dem neben Marius Müller-Westernhagen auch mein damals wie heute deutscher Lieblingsbarde Wolf Maahn seine Kunst zum Besten gab.
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Es ist schön, dass der Verein auch mal von einer neutralen Position ein wenig Lob bekommt und nicht, wie von dir angesprochen, nur auf die mangelnde Tradition und Finke reduziert wird. Danke dafür!
AntwortenLöschenUnd dass mal ein Fußballfan mit Paderborn die "guten alten Zeiten" verbindet, ist ein wenig unerwartet, aber schön. Und wer weiß? Vielleicht werden in den nächsten Jahren noch ein paar Leute dazukommen, die mit dem SCP etwas mehr als die fußballerische Provinz verbinden.
Viele Grüße aus Ostwestfalen!