Montag, 19. August 2013

105 Jahre Eutin 08

Keiner der ganz Großen, und doch ein Großer: Die Eutiner SpVgg 08 wird 105 Jahre alt. Hier mein Geburtstagsständchen aus "Nordsport" (http://www.shz.de/sport/nord-sport.html)


1908. Die Industrielle Revolution ist an Eutin, dem „Weimar des Nordens“, weitestgehend vorbeigegangen. Statt körperlicher Arbeit dominiert geistiges Leben die Stadt. Der Fußball, der sich seit einigen Jahren vor allem in Bildungsbürgerkreisen zunehmend Interesse erfreut, findet dadurch auch den Weg in die pittoreske Kleinstadt am Eutiner See. Am 13. August 1908 entsteht der Eutiner FC 1908, der nach dem Plöner BV 07 der zweite Fußballverein der Region ist

Beharrlich aber auch beschaulich entwickeln sich die Rot-Blauen in der Folgezeit weiter. 1919 kommt es zur Umbenennung in Eutiner SpVgg 08, weil man längst auch anderen Sportarten frönt. 1932 klopften die Rosenstädter erstmals ans Tor zur höchstklassigen Oberliga, verpassen den Sprung aber.

Nach dem Krieg macht Eutin eine Transformation durch. Zahlreiche Flüchtlinge aus den ehemaligen Ostgebieten in Polen lassen sich in der Kleinstadt nieder und bringen ihr Fußballfachwissen ein. Der Pole Zaworka verstärkt die Mannschaft um Horst Rahn und Kapitän Stolpemann, die zu einem der spielstärksten Teams im Landes aufsteigt und 1948/49 Vizemeister der Landesliga wird. Doch der Erfolg hält nicht lange an. Während sich Nachkriegsdeutschland am Wirtschaftswunder erfreut, begibt sich Eutin 08 auf Talfahrt. 1952 geht es hinab in die Bezirksklasse Süd, 1957 mit ganzen sieben Zählern gar in die Kreisliga.

Fast zwei Jahrzehnte verdingt sich Eutin 08 anschließend im unterklassigen Fußball. 1961 scheitert man in der Aufstiegsrunde zur höchsten Landesklasse und erreicht 1965 im NFV-Pokal über Regionalligist Victoria Hamburg (3:1) sowie die TSG Bergedorf (1:0) das Viertelfinale. 3.500 Fans auf dem Waldeck-Sportplatz in Fissau sehen einen souveränen 4:0-Sieg des FC St. Pauli auf Schneeboden.

Die Wende bringt der ehemalige rechte Verteidiger und nunmehrige CDU-Landtagsabgeordnete Fritz Latendorf. Binnen zweier Spielzeiten prescht Eutin 08 unter seiner Präsidentschaft von 1970-71 ins Fußball-Oberhaus von Schleswig-Holstein hinauf. Latendorfs Ziel ist die dritte Liga, die 1974 eingeführte Amateuroberliga Nord. 1980 erreichen die Rosenstädter erstmals die Aufstiegsrunde, bleiben daheim ungeschlagen, müssen aber Hummelsbüttel den Vortritt lassen, weil es auf fremden Plätzen lediglich in Lingen zu einem Zähler (0:0) langt.

Ein Jahr später feiert Eutin 08 den laut Fritz Latendorf „stolzesten Tag seit Bestehen des Vereins“. Nach einem packenden Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Heider SV und dem TSV Nord Harrislee werden die Rot-Blauen dank eines formidablen 9:1-Punkte-Schlussspurts und eines abschließenden 2:0 über Schleswig 06 erstmals Landesmeister. Trainer Gernot Röhl hat ein exquisites Team beisammen: Landesauswahl-Torhüter Schultz, Libero Hein und Vorstopper Schuchardt bilden die Defensive, im Mittelfeld zieht der zu Saisonbeginn aus Lensahn gekommene 19jährige Schwilp die Fäden und im Sturm wirbeln neben Pantel die Youngster Kleinworth (19) und Burchard (21). Doch in der Aufstiegsrunde setzt es Ernüchterung, bleibt es bei einem kümmerlichen Pünktchen, erworben beim 0:0 gegen Celle.

Als sich Ende der 1980er Jahre der Berliner Großunternehmer Steffen Oppermann auf dem Waldeck-Sportplatz engagiert, verändert sich die dortige Fußballwelt schlagartig. Oppermann verpflichtet renommierte Spieler wie Horst Feilzer, Norbert Bebensee und Holger Willmer, will Eutin 08 mit Macht nach oben bringen. Unter Trainer Peter Nogly gelingt 1989/90 ein legendärer 1:0-Sieg auf der Lübecker Lohmühle, und in der Aufstiegsrunde schaffen die Rosenstädter tatsächlich den ersehnten Sprung ins norddeutsche Amateuroberhaus.

Eutin scheint vor großen Fußballtagen zu stehen. Während Trainer Nogly trotz Angebot von Bayer Uerdingen in der Rosenstadt bleibt, kommen mit Kai Häring, Gero Maaß und Jürgen Oelbeck vielversprechende Neuzugänge. Die erhoffte Etablierung in der Drittklassigkeit aber bleibt aus, und als der Abstieg am 1. April 1991 nach einem 1:2 gegen Göttingen 05 vorzeitig feststeht, bildete dies sogar den Auftakt zu einer tragischen Talfahrt.

Weil sämtliche Leistungsträger Eutin verlassen haben geht es 1992 nach einer 2:4-Niederlage im Entscheidungsspiel gegen den TSV Büsum gleich noch eine Etage tiefer in die Landesliga. Erst 1999 kann der freie Fall in der Bezirksklasse gestoppt werden. Pünktlich zum 100. Jubiläum gelingt 2008 die Rückkehr in die Verbandsliga, und nachdem auch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten überwunden sind, macht sich auf dem Waldeck-Sportplatz wieder Optimismus breit. Unter dem 2013 als Trainer zurückgekehrten „Mecki“ Brunner streben die für ihre ausgezeichnete Nachwuchsarbeit bekannten Rosenstädter inzwischen vehement zurück in die höchste Landesklasse.

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