1908. Die Industrielle Revolution ist an Eutin, dem „Weimar des Nordens“, weitestgehend vorbeigegangen. Statt körperlicher Arbeit dominiert geistiges Leben die Stadt. Der Fußball, der sich seit einigen Jahren vor allem in Bildungsbürgerkreisen zunehmend Interesse erfreut, findet dadurch auch den Weg in die pittoreske Kleinstadt am Eutiner See. Am 13. August 1908 entsteht der Eutiner FC 1908, der nach dem Plöner BV 07 der zweite Fußballverein der Region ist
Beharrlich aber auch beschaulich entwickeln sich die
Rot-Blauen in der Folgezeit weiter. 1919 kommt es zur Umbenennung in Eutiner
SpVgg 08, weil man längst auch anderen Sportarten frönt. 1932 klopften die
Rosenstädter erstmals ans Tor zur höchstklassigen Oberliga, verpassen den
Sprung aber.
Nach dem Krieg macht Eutin eine Transformation durch.
Zahlreiche Flüchtlinge aus den ehemaligen Ostgebieten in Polen lassen sich in
der Kleinstadt nieder und bringen ihr Fußballfachwissen ein. Der Pole Zaworka
verstärkt die Mannschaft um Horst Rahn und Kapitän Stolpemann, die zu einem der
spielstärksten Teams im Landes aufsteigt und 1948/49 Vizemeister der Landesliga
wird. Doch der Erfolg hält nicht lange an. Während sich Nachkriegsdeutschland
am Wirtschaftswunder erfreut, begibt sich Eutin 08 auf Talfahrt. 1952 geht es
hinab in die Bezirksklasse Süd, 1957 mit ganzen sieben Zählern gar in die
Kreisliga.
Fast zwei Jahrzehnte verdingt sich Eutin 08 anschließend im
unterklassigen Fußball. 1961 scheitert man in der Aufstiegsrunde zur höchsten
Landesklasse und erreicht 1965 im NFV-Pokal über Regionalligist Victoria
Hamburg (3:1) sowie die TSG Bergedorf (1:0) das Viertelfinale. 3.500 Fans auf
dem Waldeck-Sportplatz in Fissau sehen einen souveränen 4:0-Sieg des FC St.
Pauli auf Schneeboden.
Die Wende bringt der ehemalige rechte Verteidiger und
nunmehrige CDU-Landtagsabgeordnete Fritz Latendorf. Binnen zweier Spielzeiten
prescht Eutin 08 unter seiner Präsidentschaft von 1970-71 ins Fußball-Oberhaus
von Schleswig-Holstein hinauf. Latendorfs Ziel ist die dritte Liga, die 1974
eingeführte Amateuroberliga Nord. 1980 erreichen die Rosenstädter erstmals die
Aufstiegsrunde, bleiben daheim ungeschlagen, müssen aber Hummelsbüttel den
Vortritt lassen, weil es auf fremden Plätzen lediglich in Lingen zu einem
Zähler (0:0) langt.
Ein Jahr später feiert Eutin 08 den laut Fritz Latendorf
„stolzesten Tag seit Bestehen des Vereins“. Nach einem packenden
Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Heider SV und dem TSV Nord Harrislee werden die
Rot-Blauen dank eines formidablen 9:1-Punkte-Schlussspurts und eines
abschließenden 2:0 über Schleswig 06 erstmals Landesmeister. Trainer Gernot
Röhl hat ein exquisites Team beisammen: Landesauswahl-Torhüter Schultz, Libero
Hein und Vorstopper Schuchardt bilden die Defensive, im Mittelfeld zieht der zu
Saisonbeginn aus Lensahn gekommene 19jährige Schwilp die Fäden und im Sturm
wirbeln neben Pantel die Youngster Kleinworth (19) und Burchard (21). Doch in
der Aufstiegsrunde setzt es Ernüchterung, bleibt es bei einem kümmerlichen
Pünktchen, erworben beim 0:0 gegen Celle.
Als sich Ende der 1980er Jahre der Berliner Großunternehmer
Steffen Oppermann auf dem Waldeck-Sportplatz engagiert, verändert sich die
dortige Fußballwelt schlagartig. Oppermann verpflichtet renommierte Spieler wie
Horst Feilzer, Norbert Bebensee und Holger Willmer, will Eutin 08 mit Macht
nach oben bringen. Unter Trainer Peter Nogly gelingt 1989/90 ein legendärer
1:0-Sieg auf der Lübecker Lohmühle, und in der Aufstiegsrunde schaffen die
Rosenstädter tatsächlich den ersehnten Sprung ins norddeutsche Amateuroberhaus.
Eutin scheint vor großen Fußballtagen zu stehen. Während Trainer
Nogly trotz Angebot von Bayer Uerdingen in der Rosenstadt bleibt, kommen mit
Kai Häring, Gero Maaß und Jürgen Oelbeck vielversprechende Neuzugänge. Die
erhoffte Etablierung in der Drittklassigkeit aber bleibt aus, und als der
Abstieg am 1. April 1991 nach einem 1:2 gegen Göttingen 05 vorzeitig feststeht,
bildete dies sogar den Auftakt zu einer tragischen Talfahrt.
Weil sämtliche Leistungsträger Eutin verlassen haben geht es
1992 nach einer 2:4-Niederlage im Entscheidungsspiel gegen den TSV Büsum gleich
noch eine Etage tiefer in die Landesliga. Erst 1999 kann der freie Fall in der
Bezirksklasse gestoppt werden. Pünktlich zum 100. Jubiläum gelingt 2008 die
Rückkehr in die Verbandsliga, und nachdem auch die wirtschaftlichen
Schwierigkeiten überwunden sind, macht sich auf dem Waldeck-Sportplatz wieder
Optimismus breit. Unter dem 2013 als Trainer zurückgekehrten „Mecki“ Brunner
streben die für ihre ausgezeichnete Nachwuchsarbeit bekannten Rosenstädter
inzwischen vehement zurück in die höchste Landesklasse.
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