Hier das Klubporträt aus dem Band "Afrika, Amerika und Ozeanien" meiner Weltfußballenzyklopädie:
River Plate Buenos Aires
An diesem Klub ist alles gigantisch: Das Stadion heißt »Monumental«, an der Eingangspforte wird man mit den Worten »Der Stolz, der Größte zu sein« begrüßt und der Spitzname lautet »Los Millonarios«.
Der Club Atlético River Plate ist – gemeinsam mit seinem Erzrivalen Boca Juniors – die Personifizierung des argentinischen Klubfußballs, und das Duell zwischen River und Boca (»superclásico«) wurde 2008 vom Fachblatt »World Soccer« zum wichtigsten Derby nach dem zwischen Barcelona und Real Madrid erklärt.
Wie Boca Juniors entstand auch River Plate im rauen Hafenviertel La Boca, wo zur Jahrhundertwende Zehntausende europäische Immigranten lebten. Ungleich Bocas ist River heute jedoch im bürgerlichen Stadtviertel Núñez zu Hause, und im Gegensatz zum »Arbeiterklub« Boca ist River ein Verein des Bürgertums, was ihrem Duell auch eine soziale Komponente verleiht. In der Publikumsgunst liegt River hauchdünn hinter Arbeiterverein Boca. Klubgründer waren Straßenfußballer um den italienischstämmigen Francesco Gentile. Seinen Namen erhielt der 1901 gebildete Verein auf Anregung von Pedro Martínez, der zuvor im Hafen von Buenos Aires beobachtet hatte, wie Kisten mit der Aufschrift »The River Plate« gelöscht worden waren. 1908 gelang der Aufstieg in die höchste Spielklasse, der man seitdem ohne Unterbrechung angehört.
Nach relativ bescheidenen ersten Jahren wurde der Klub mit Beginn des Profizeitalters 1931 zu »Los Millonarios«, als er die Nationalspieler Bernabé Ferreyra und Carlos Desiderio Peucelle verpflichtete und prompt Meister wurde. Vorausgegangen war 1923 der Umzug ins wohlhabende Núñez, wo sich River ein zahlungskräftiges Zuschauer- und Unterstützerklientel hatte erschließen können. 1930 wies der Klub bereits über 15.000 Mitglieder (»socios«) auf. Acht Jahre später konnte man das mit kommunaler Hilfe errichtete Estadio »Monumental« eröffnen, bei dessen Einweihung 70.000 Zuschauer ein 3:1 gegen Peñarol Montevideo sahen. Die 1940er Jahre waren geprägt von der sagenumwobenen »La Máchina«-Mannschaft (»die Maschine«), deren Herzstück die Angriffsreihe um Juan Carlos Muñoz, José Manuel Moreno, Adolfo Pedernera, Ángel Labruna und Félix Loustau war. Unter Trainer Carlos Peucelle spielte River seinerzeit einen rasanten Angriffs- und Kombinationsfußball, der einen Meilenstein in der Fußball-Weltgeschichte darstellte. Nach vier Meisterschaften endete die Epoche 1948 mit dem Wechsel von Leistungsträgern wie Nestor Rossi und Alfredo Di Stéfano ins kolumbianische »El Dorado«.
Angeführt vom Uruguayer Walter Gómez, Dribbelkünstler Enrique Omar Sívori sowie Rekordspieler Amadeo Carrizo (521 Einsätze) konnte River seinen Annalen in den 1950er Jahren noch fünf weitere Meisterschaften hinzufügen, ehe »la década maldita« (»die verfluchte Dekade«) begann, die neben acht Vizemeisterschaften lediglich den erstmaligen Einzug in das Finale um die Copa Libertadores brachte (1966, gegen Peñarol Montevideo verloren). Der erste Titelgewinn nach 18 Jahren läutete 1975 eine neue Erfolgsepoche ein. Wenngleich 1976 unter Trainer Ángel Labruna auch der zweite Anlauf in der Copa Libertadores scheiterte, als River im Finale an Cruzeiro Belo Horizonte scheiterte, stellte man 1978 mit Ubaldo Fillol, Daniel Passarella, Norberto Alonso, Leopoldo Luque und Oscar Ortiz immerhin fünf Akteure der argentinischen Weltmeisterelf.
Acht Jahre später war River in Mexiko mit vier Spielern Anteil am zweiten argentinischen Triumph beteiligt (Nery Pumpido, Oscar Ruggeri, Héctor Enrique und Julio Jorge Olarticoechea). Im selben Jahr gelang der langersehnte Durchbruch auf kontinentaler Ebene, als sich ein von Héctor Rodolfo Veira trainiertes Team im Finale um die Copa Libertadores gegen América Calí durchsetzte und anschließend gegen Steaua Bukarest auch den Weltpokal gewann. Als River exakt zehn Jahre später zum zweiten Mal Südamerikameister wurde, ragten mit Hernán Crespo, Ariel Ortega, Matías Almeyda und Julio Cruz vier Spieler heraus, die wenig später aus wirtschaftlichen Gründen nach Europa verkauft werden mussten.
Der 1999 vom Fachblatt »El Gráfico« zum »Campeón Del Siglo« (»Jahrhundertmeister«) gekührte Klub kämpft seit langem mit einer enorm hohen Schuldenlast, die trotz regelmäßiger Verkäufe von Leistungsträgern nicht geringer wird.
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