Im Rahmen meiner wöchentlichen Kolumne in "Nordsport" habe ich mich mit dem Regionalliga-Rückkehrer SV Meppen beschäftigt. Aber lest selbst.
Elf Jahre mischte der SV Meppen zur Freude vieler Fans in ganz Deutschland als Hecht im Karpfenteich” in der 2. Bundesliga mit, ehe er bis in die fünfte Liga abstürzte. Nun kehrte der Klub zumindest in die Regionalliga zurück.
Mainz klingt fast wie Meppen, und auch wenn die Gutenberg-Stadt und die ländliche Gemeinde im Emsland wenig gemein haben – im Fußball gibt es auffällige Parallelitäten. Denn der SV Meppen war Prototyp für das, was Mainz 05 später zur Serienreife trieb: ein fröhlicher Fußballverein, der die Avantgarde des Spiels tüchtig zu ärgern vermochte.
Elf Jahre kickte Meppen in der 2. Bundesliga, zählte die Stadt zu den 36 Profifußball-Standorten der Republik. Elf Jahre lang erfreuten sich Fans gegnerischer Klubs an der ländlichen Idylle und skandierten „Zieht den Meppenern die Gummistiefel aus“.
Das schafften in den elf Zweitligajahren allerdings nicht viele. Schon gar nicht im Meppener Emslandstadion, das lange als „Festung“ galt.
Die Frühgeschichte des 1912 gegründeten Klubs im Zeitraffer: Nach rund 60 Jahren des Pendeln zwischen Bezirk und höchster Niedersachsenliga sowie zwei vergeblichen Anläufen in der Regionalliga Nord (1970/71 und 1972-74) avancierte der SVM 1974 zum Gründungsmitglied der Amateuroberliga Nord. Meppen, das war seinerzeit vor allem Dauertorjäger Gerd Sand, eine rührig engagierte Vereinsführung um Manager Gerd van Zoest sowie ein etwas exzentrischer Textilfabrikant namens Hubert Niebuhr.
Als der SVM 1978 in die Landesliga abstieg, schien es mit höherklassigen Ambitionen vorbei zu sein. Doch ausgerechnet der Schicksalsschlag markierte den Ausgangspunkt zum „Wunder Meppen“. Unter Trainer Hans-Dieter Schmidt wurde eine aus dem eigenen Nachwuchs bestückte Mannschaft gebildet, die den sofortigen Wiederaufstieg schaffte und sich anschließend weigerte, erneut ihre bis dato übliche Rolle der „Grauen Maus“ überzustreifen. Statt dessen mischte man die renommierte Konkurrenz um Holstein Kiel, Arminia Hannover und Göttingen 05 gehörig auf. Dennoch hatte Trainer Schmidt die Lacher auf seiner Seite, als er von „2. Bundesliga“ sprach und „Professionalisierung“ anmahnte. Nur einer glaubte ihm: Manager van Zoest. Gemeinsam stellten die beiden Weichen. In den frühen 1980er Jahren kamen mit Mittelstürmer Gerd Gerdes, Josef Menke, Wolfgang Rolfes sowie Torsteher Hermann Rüländer vier designierte Leistungsträger, mit denen sich die Elf um Libero Hubert Hüring in die Herzen des emsländischen Publikums spielte.
Nachdem mit Martin van der Pütten, Dietmar Sulman, Robert Thoben und Werner Rusche vier weitere Talente aus der Region gekommen waren und der langjährige Jugendtrainer Rainer Persike Trainer Schmidt abgelöst hatte, wurden die Zweitligavisionen Wirklichkeit. 1986/87 war der SVM nicht mehr zu stoppen, setzte sich im Titelrennen gegen Arminia Hannover durch und erreichte mit einem 4:2-Aufstiegsrundensieg in Erkenschwick sein Ziel. „Ein Traum wurde wahr“, schrieb die „Meppener Tagespost“ nach der Versetzung in die 2. Bundesliga: „Eine solche Begeisterung hat das Emsland wohl noch nicht erlebt“.
Ganz Deutschland staunte über den kecken Provinzklub. 19 der 22 Akteure waren waschechte Emsländer – nirgendwo sonst gab es eine derart innige Verbindung von Verein und Region. Und Meppens Fans erinnerten an das heutige Mainzer Publikum. „Ich bin begeistert von der Mentalität der Zuschauer, die uns weder beschimpft noch ausgepfiffen haben. Eine tolle Atmosphäre“, schwärmte Jürgen Sundermann, Trainer von Aufstiegsrundenkontrahent Hertha BSC Berlin. Große Berühmtheit erlangte seinerzeit eine Kolpingkapelle aus der niederländischen Nachbargemeinde Emmeln.
Die besondere Atmosphäre trug den SVM auch durch das Stahlbad 2. Liga. Niemand traute dem Klub den Klassenerhalt zu –am Ende stand Platz 14. Und so ging es weiter. Nachdem der knorrige Saarländer Horst Ehrmanntraut 1990 Rainer Persike abgelöst hatte, stürmte der SVM sogar in Richtung Bundesliga. „Behalten sie den 3. August 1991 in guter Erinnerung. Dies ist ein denkwürdiger Tag für den SV Meppen“, jubelte Manager van Zoest nach dem 1:0 über Fortuna Köln, mit dem der SVM erstmals die Tabellenführung der 2. Liga übernahm.
Doch das Ende des „Wunder Meppen“ war nahe. 1991/92 ging der monatelang auf einem Aufstiegsplatz rangierenden Elf im Endspurt die Puste aus und Meppens Bundesligatraum zerplatzte. Noch tragischer verlief es 1994/95, als das Team um Torjäger Rainer Rauffmann bis wenige Wochen vor Saisonende souverän an den Spitze stand – und am Ende nur Sechster wurde.
Das Idyll Meppen war längst angeschlagen. Die Klubführung stand in der Kritik, weil sie lieber ins Stadion als in die Mannschaft investiert hatte, Trainer Ehrmanntraut musste 1997 gehen, als nur ein Jahr nach dem Beinaheaufstieg der Abstieg in Liga 3 drohte und 1998 war plötzlich Schluss, ging es zurück ins Amateurlager.
Nach zwei Insolvenzen stürzten die Blau-Weißen anschließend bis in die Fünftklassigkeit und wurden im Kreise von Konkurrenten wie Drochtersen-Assel und Heeslingen plötzlich zum „Riesen“. 2011 gelang zumindest die Rückkehr in die Regionalliga, und in Meppen hofft man nun auf eine Renaissance des SVM.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen