Was schon seit Sommer zu befürchten war, ist nun eingetreten: Kickers Emden wird am heutigen Freitag die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragen. Das wurde gestern Abend bei der Jahreshauptversammlung des Vereins bekannt. "Es ist nicht möglich, unseren Schuldenstand abzubauen", erklärte Vorstandsprecher Klaus Strahmann den 113 Anwesenden: "Wir müssten 2,8 Millionen Euro aufbringen, um den Verein zu retten."
Sobald das Verfahren eröffnet ist, stehen die Ostfriesen als erster (und einziger) Absteiger in der Oberliga Niedersachsen fest. Wobei das die "gute" Variante wäre, denn es steht noch immer zu befürchten, dass der frühere Drittligist in der noch nicht einmal zur Hälfte beendeten Spielzeit aus dem Spielbetrieb zurückgezogen werden muss.
Die Krise in Emden begann, als der Klub unmittelbar nach Ende der Saison 2008/09 den freiwilligen Rückzug in die damalige Oberliga Niedersachsen-West verkündete. Im abgelaufenen Spieljahr hatte der Klub noch kurz dem Sprung in die 2. Bundesliga gestanden. Vorausgegangen war eine endlose und schlussendlich auch ergebnislose Debatte um den dringend erforderlichen Neubau eines Stadions. "Die gleichzeitige Finanzierung eines Stadionneubaus und den Unterhalt einer drittligatauglichen Fußballmannschaft hat sich in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation als unmöglich erweisen", erklärte der damalige Präsident Engelbert Schmidt seinerzeit.
Seitdem haben sich die Kickers zwar sportlich gefangen und in der eingleisigen Oberliga Niedersachsen etabliert, konnten sich aber finanziell nicht aufrappeln. Ein dramatischer Zuschauerrückgang in der eigentlich fußballbegeisterten Kleinstadt kam hinzu.
Am vergangenen Wochenende drohte gar ein Spielerstreik, weil der Klub seinen Verpflichtungen nicht nachkommen konnte. "Es beschämt uns, dass wir Spielergehälter nicht wie geplant zahlen konnten", bekannte Strahmann am gestrigen Abend vor den Klubmitgliedern und begründete dies damit, dass 60 Prozent der Sponsoren in den vergangenen zwei Jahren verloren gegangen sein. Zudem hätten einige Geldgeber Zahlungen zurückgefordert und eingeklagt.
Nach Eröffnung der Insolvenz werden die Spielergehälter vom Arbeitsamt weitergezahlt werden. Den Akteuren steht aber frei, sich in der Winterpause neue Klubs zu suchen. "Wir müssen aber eine Oberligamannschaft zusammen behalten, die die Saison zu Ende spielt", betonte ein Vereinssprecher. Geplant ist, dass die Kickers in der Saison 2012/13 in der Landesliga antreten. Sollte die Mannschaft in der laufenden Saison allerdings dreimal nicht antreten, wäre sie zum Zwangsabstieg auf die Kreisebene verdonnert. Um das zu verhindert, wird nun ein "Freundeskreis" eingerichtet.
Der Fall Emden wirft die Frage auf, inwieweit die Verbände eine Mitverantwortung für Entwicklungen wie in Emden tragen. Denn die Gründe für das nunmehr beantragte Insolvenzverfahren sind seit langem bekannt. Der NFV hatte dem BSV Kickers vor Beginn der Saison 2011/12 entsprechend die Lizenz für die Oberliga verweigert, weil ernsthafte Zweifel bestanden, ob der Verein die Saison überstehen würde. Im Widerspruchverfahren erteilte man den Kickers dann aber doch die Lizenz. Der SV Arminia Hannover, der seinerzeit für Emden nachgerückt wäre und nach Emdens Wiederaufnahme in die Oberliga in der Landesliga antreten musste, hat bereits Akteneinsicht beim NFV beantragt und behält sich ein rechtliches Vorgehen vor.
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