Im Rahmen meiner Wochenkolumne für "Nordsport" habe ich mich vor kurzem mit dem Schicksal von Preußen 07 Hameln beschäftigt. Hier das Ergebnis:
Vor einem Jahr beriet man in der Rattenfängerstadt Hameln über die Zukunft des lokalen Fußballs. Für den insolventen Traditionsverein SpVgg Preußen 07 entstand seinerzeit mit dem FC Preußen ein neuer Verein, der an die reiche Fußballgeschichte Hamelns anknüpfen sollte.
In Kiel wird man sich gerne an die SpVgg Preußen 07 Hameln erinnern. Schließlich sorgten die Preußen 1977 mit mehr als 8.000 Zuschauern im KSV-Stadion für einen Drittligarekord. Mit einem 1:0 machte Holstein seinerzeit einen wichtigen Schritt in Richtung 2. Bundesliga.
Für Hameln hingegen war es ein erster Sargnagel. Am Saisonende belegten die Preußen zwar Rang vier und qualifizierten sich für die Ausscheidungsspiele zur Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga. Doch einem 1:0 über die SVA Gütersloh im heimischen Weserberglandstadion folgte ein 1:4 im Rückspiel in Gütersloh, womit die Zweitligaträume ausgeträumt waren. Und zwar für immer.
Fußball hatte es in Hameln stets ein bisschen schwer. Die Stadt gilt als Handballhochburg. 1994 feierte man dort sogar die Vizemeisterschaft. Das Team um Nationalspieler Frank-Michael Wahl bewegte sich damals auf Augenhöhe mit dem THW Kiel, der Meister wurde. Es dürfte kein Trost für Hamelns Fußballgemeinde sein, dass es den Handballern heute kaum besser als den Fußballern geht. 2002 meldete sich die SG VfL/BHW aus dem Profilager ab, Nachfolger VfL tritt heute in der viertklassigen Oberliga an.
Die SpVgg Preußen 07 erwischte es 2010. Abmeldung aus dem Spielbetrieb, Klubauflösung. Es war der finale Tiefschlag einer überaus wirren Historie. Die Namen all der Vorgängervereine aufzuzählen, die über die Jahrzehnte in der SpVgg Preußen 07 aufgingen, würde den Rahmen sprengen. Mit Gustav Hörgren und Ludwig Pöhler hatte Hameln immerhin zwei spätere Deutsche Meister hervorgebracht (Hörgren 1926 mit Fürth, Pöhler 1938 mit Hannover 96), als die Weserstadt nach dem Zweiten Weltkrieg fußballerisch erwachte. Träger war der frisch gebildete Fusionsklub SpVgg 07 Hameln, der mit namhaften Akteuren verstärkt wurde. Darunter Nationalspieler Ernst Willimowski, der Königsberger Herbert Schibukat, der 1936 mit deutschen Eishockeynationalmannschaft um olympische Ehren gerungen hatte, Rückkehrer Ludwig Pöhler, der spätere Essener Ausnahmestürmer Berni Termath sowie designierte Oberligagrößen wie Günter Schlegel, „Hennecke“ Wöhler, Heinz Pennewitz, Hannes Sachs und Günther Fuchs.
Doch die alte Weisheit, dass viele Stars noch keine Mannschaft ergeben, bestätigte sich auch in Hameln. Der angestrebte Aufstieg in die Oberliga Nord misslang, und auch als die SpVgg 07 1949 mit dem SC Preußen zur SpVgg Preußen 07 verschmolz, fanden die Erstligaträume in der Rattenfängerstadt keine Erfüllung. In der Aufstiegsrunde 1949 gelang nur gegen den VfB Oldenburg ein Sieg, und ein Jahr darauf scheiterte man bereits in der Vorqualifikation am VfL Wolfsburg. Als das Starkollektiv daraufhin zerbrach, senkte sich über Hameln die Stille der unteren Spielklassen.
Als der langjährige Ligaspieler Willi Schleich 1970 die Trainingsleitung übernahm, kehrte der Erfolg zurück. 1971 schaffte die SpVgg Preußen 07 den Sprung in die Landesliga Niedersachsen, und plötzlich wurde Hameln zur Zuschauerbastion. Bis zu 5.000 strömten ins Weserberglandstadion, wenn die Schleich-Elf aufspielte. Unterdessen legten Vorsitzender und Hotelier Heinz Mensink sowie Zeitungsverleger Günther Niemeyer als Mäzen die Basis für einen anhaltenden Aufschwung. Erneut wurden namhafte Kickerkräfte verpflichtet, und schon 1972 erreichten die Preußen die Aufstiegsrunde zur Regionalliga Nord. Nur aufgrund des schlechteren Torverhältnisses verpasste die Schleich-Elf seinerzeit den Durchmarsch ins Halbprofilager, verbuchte aber 1974 immerhin die Qualifikation zur Amateuroberliga Nord.
Dort fand der Höhenflug nach dem vierten Platz 1976/77 ein Ende. Die Preußen stürzen ins Mittelfeld ab, die Zuschauerzahlen brachen ein. Selbst Ex-Erfolgscoach Willi Schleich konnte das Ruder nicht mehr herumreißen. Im Februar 1978 zurückgekommen, musste er zehn Monate später nach einem negativen Mannschaftsvotum gehen. 1981 verloschen die Drittligalichter in Hameln.
Zehn Jahre vergingen, ehe den Preußen am 9. Juni 1993 vor 3.500 Fans mit einem 2:2 gegen den Heider SV die Rückkehr gelang. Der Fußball meldete sich zurück im seinerzeit handballfixierten Hameln. Wenige Monate später stand man vor den Trümmern seiner Arbeit. Nach einem Fehlstart waren in einer Nacht-und-Nebel-Aktion fünf Kasachen verpflichtet worden, die das Mannschaftsgefüge zerstörten und das Vertrauen der Fans verspielten. Der Besucherschnitt stürzte von anfänglich 1.700 Zahlenden auf wenige Hundert, und eine erneute sportliche Talfahrt setzte ein. Mit dem Abstieg aus der fünftklassigen Verbandsliga drohte 1999 erstmals der Konkurs, den der Klub nur durch einen freiwilligen Rückzug in die Kreisliga überlebte.
Mit vereinten Kräften schaffte man die Wiedergeburt. Kehrte 2008 sogar in die Oberliga zurück, träumte erneut von glorreichen Zeiten. Bis Herbst 2010. Diesmal war der Konkurs nicht zu verhindern. Die Landesligamannschaft wurde abgemeldet, und 2010/11 gingen die Blau-Weiß-Roten lediglich im Jugendbereich auf Punktejagd. Träger war bereits der neugebildete FC Preußen 07, der seit dieser Saison auch im Seniorenbereich am Ball ist. In der 3. Kreisklasse.
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