Donnerstag, 23. Januar 2014

Alle Tassen im Schrank? West Ham United


Heute werde ich mit der „Tassen-Like-Liga powered by Hardy Grüne“ sicher hier und dort ein paar leuchtende Augen schaffen, denn West Ham United ist ja auch hierzulande ein recht beliebter Verein.

Vor allem in der Ska- und linken Skinheadszene weckt der Klub aus dem Londoner Arbeiterquartier innige Gefühle, und das liegt sicher nicht nur an seiner tiefen und engen Verbindung zur Arbeiterkultur im Londoner Osten. Die zwei gekreuzten Hämmer im Klubwappen weisen auf eben jene hin, die 1895 in den Docklands mit der Gründung von „Thames Ironworks“ ihren fußballerischen Anfang nahm und seit Juli 1900 den Namen West Ham United FC trägt.

Kultstatus erreichte der Klub natürlich auch durch seine ungewöhnliche Hymne „forever blowing bubbles“, die Ihr Euch hier anhören könnt: http://www.youtube.com/watch?v=RRNzn1lBZt0 1980 spielten die Cockney Rejects übrigens eine populäre Punkversion des Songs ein. West Hams mitunter nicht einfache Fanszene - das betrifft vor allem den Hooligan-Ableger „Inter City Firm“ - schaffte es derweil gleich dreimal in Hooligan-Filme (Hooligans, Cass – Legend of a Hooligan und Rise of the Footsoldier). Ebenso legendär die Rivalität mit Nachbar Millwall, die zuletzt 2009 zu wüsten Ausschreitungen führte.

In meiner eigenen Biografie markiert West Ham einen entscheidenden Wendepunkt, denn ein Heimspiel der Hammers im Boleyn Ground war anno 1985 mein allererstes Fußballspiel auf der Insel – ich glaube, da kann man schlechter starten! Gegner war seinerzeit der FC Liverpool, und statt ein Ticket lange vorher im Vorverkauf organisieren zu müssen, marschierte ich am Spieltag einfach zum Stadion, legte ein paar Pfund auf den Kassenteller und erreichte via Turnstiles die riesigen Terraces (Stehränge), die es in Englands Stadien damals noch gab. Good old time…

Später sah ich das Team noch einmal in der Saisonvorbereitung bei meinen Bristol Rovers (muss so um 1997/1998 gewesen sein), während die Hammers mir zudem regelmäßig in meiner Arbeit als Fußballhistoriker begegneten (und auch noch begegnen). Kein Wunder: Geoff Hurst und Bobby Moore waren Eckpfeiler der englischen WM-Elf von 1966 und zugleich die herausragenden Kräfte in jener Mannschaft, die 1965 im Europapokalfinale der Pokalsieger gegen den TSV München 1860 (über den ich gemeinsam mit Claus Melchior ein Buch verfasste) im Wembleystadion mit 2:0 gewann.

Seit vielen Jahren pendelt man nun schon zwischen erster und zweiter Liga, hat erhebliche Probleme, in der „Geldmaschine“ Premier League mitzuhalten und steht zudem vor dem Abschied von seinem traditionsreichen Stadion Boleyn Ground. 2016 soll der Umzug ins Londoner Olympiastadion erfolgen, was unter der Anhängerschaft der Hammers noch immer voller Leidenschaft diskutiert wird. Mit seiner besonderen Geschichte und Ausprägung ist West Ham eben einer jener Vereine in Großbritannien, die durch den tiefgreifenden Wandel des Fußballs gleich auf mehreren Ebenen regelrechte Transformationen durchleben, die nicht immer überall auf Akzeptanz stoßen.

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