Am Wochenende kam es in der jordanischen Hauptstadt Amman zu Unruhen im Anschluss an das Ligaspiel Al-Faisaly gegen Al-Wihdat. Das Duell zwischen Faisaly und Wihdat hat einen brisanten politischen Hintergrund. Nachstehend die Porträts beider Klubs aus dem ersten Band der Weltfußballenzyklopädie. (Ein Bericht über die Ausschreitungen siehe: http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,734074,00.html)
AL-FAISALY AMMAN Der älteste Klub des Landes (1932 gegründet) steht traditionell dem Königshaus nahe und ist mit 30 Titeln Rekordmeister. Zwischen 1959 und 1974 stellten die Blau-Weißen mit 15 Meisterschaften in Folge sogar einen Weltrekord auf. Der Klub wurde nach dem 1928 verstorbenen irakischen König Faisal benannt (Bruder von Jordaniens Monarch Abdullah I.) und wird überwiegend von Nachkommen jordanischer Beduinen-Stämme unterstützt. In seiner Glanzzeit in den 1960er Jahren vertraute er auf eine von Sultan Al-Adwa, Mohammed Aud, Mustafa Al-Adwan, Adnan Masud, Wagadat Al-Minem und Ibrahim Mustafa gebildete Stammformation. Später ragte Mittelstürmer Ibrahim Mustafa aus der Elf heraus, ehe in den 1980er Jahren Spieler wie Khalid Aud, Gamel Abu Abid und Milan Abassy prägend waren. Al-Faisaly stellt traditionell den Stamm der jordanischen Nationalmannschaft. International ist der Klub der bislang erfolgreichste des Haschemitischen Königreiches. Nachdem 2002/03 bereits der Einzug in die dritte Runde gelungen war (Aus gegen Esteghlal Teheran), holte Al-Faisaly 2005 und 2006 sogar jeweils den AFC-Cup der »entwickelten« Nationen nach Amman. 2005 konnte man sich im Endspiel gegen den libanesischen Meister Al-Nejmeh Beirut durchsetzen, während 2006 unter Trainer Adnan Hamd der bahrainische Titelträger Muharraq bezwungen wurde (3:0, 2:4).
AL-WIHDAT AMMAN Wihdat (»Einheit«) steht in erster Linie für einen schweren innenpolitischen Konflikt, der Jordanien über Jahrzehnte quälte. Wihdat ist ein vor den Toren Ammans gelegenes palästinensisches Flüchtlingslager, das 1950 eingerichtet wurde, nachdem Jordanien das für den geplanten palästinensischen Staat vorgesehene Westjordanland besetzt hatte. Anfangs etwa 5.000 Köpfe stark, wuchs das Lager binnen weniger Jahre auf rund 30.000 Menschen an und avancierte zum politischen Hauptquartier von Yassir Arafats Palästinenser-Organisation PLO. Innerhalb des Lagers wurde auch eine Fußballmannschaft gebildet, die 1975 in die jordanische Nationalliga aufstieg. Da die jordanische Führung im Anschluss an den Bürgerkrieg gegen die palästinensischen Fedayeen versuchte, die palästinensische Identität zu unterdrücken, wurde Wihdats Fußballteam zu einem Politikum und heimlichen Repräsentanten der Palästinenser, dessen Geschicke weit über Ammans Stadtgrenzen hinaus Aufmerksamkeit erregten. Selbst im fernen Gazastreifen wurde gejubelt, als die Mannschaft 1980 erstmals jordanischer Landesmeister wurde. Auf der anderen Seite kam es bei den Ligaspielen der palästinensischen Elf gegen königstreue jordanische Teams regelmäßig zu Ausschreitungen. Vor allem das Verhältnis zwischen Al-Wihdat und dem Königsklub Al-Faisaly war von Gewalt überschattet, die sogar mehrere Menschenleben forderte. Nachdem es 1986 im Rahmen eines Spiels gegen Al-Ramtha Irbid erneut zu Ausschreitungen gekommen war, wurde Al-Wihdat von der jordanischen Regierung verboten. Der Nachfolgeverein Nadi Al-Diffatain (»Klub der zwei Banks«, gemeint sind die West Bank/Westjordanland und die East Bank/Gazastreifen) wurde derweil unter jordanische Führung gestellt und bekam zur Auflage, sowohl palästinensische als auch jordanische Spieler aufzunehmen. Schon zwei Jahre später gelang der erneute Titelgewinn. Nach den ersten demokratischen Wahlen im November 1989 wurde der Klub schließlich an die Palästinenser zurückgegeben, und er durfte seinen Gründungsnamen wieder annehmen. 1990 qualifizierte sich Al-Wihdat als erster jordanischer Klub für die Endrunde um die Asienmeisterschaft, konnte aber aus finanziellen Gründen nicht zum Endturnier nach Malaysia reisen. Gemeinsam mit Al-Faisaly dominieren die Palästinenser seit Jahrzehnten den jordanischen Ligafußball, wobei sich das Verhältnis zwischen den beiden Klubs inzwischen deutlich entschärft hat.
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