Gestern erreichte mich die Nachricht, dass Fortuna Düsseldorf ein neues Stadion baue. Die Arena, die früher mal Rheinstadion hieß und wegen deren wechselnder Bezeichnungen in Düsseldorf bereits zweimal die Straßenschilder gewechselt wurden, stünde im Mai "wegen Lena" nicht zur Verfügung. Und weil die Fortuna in jenem Zeitraum drei Heimspiele auszutragen habe, müsse nun ein neues Stadion her.
Ein neues Stadion. Aha. Für drei Spiele. In der 2. Bundesliga. Drei! Ist der Fußball nun endgültig verrückt geworden? Düsseldorfs OB Dirk Elbers mag ja Recht haben mit seiner Beteuerung, "dass die Vorteile an der Arena überwiegen". Bedenklich bleibt die Entscheidung dennoch. Nicht nur, weil das Paul-Janes-Stadion, Fortunas Heimat für viele Jahrzehnte und einst Schauplatz zahlreicher Düsseldorfer Bundesligaspiele, bei der internen Abwägung den Kürzeren gezogen hat. Weil die Sponsoren dort nicht vernünftig sitzen können, und weil man in eine nicht sonderlich attraktive Gegend von Düsseldorf fahren muss, um sie zu erreichen. Flingern ist übrigens die historische Heimat der Fortuna. Nur mal so nebenbei bemerkt.
Was für Dimensionen hat der Fußball angenommen, dass es notwendig scheint, für drei Spiele ein Stadion aufzubauen? Sicher, das macht man heute für jedes bessere Beach-Volleyball-Turnier in den Stadtzentren von Kirchheimbolanden oder Buxtehude auch. Wobei die Eventkultur derlei Veranstaltungen für die Ausrichter finanziell sogar aufgehen lässt. Aber Fußball? Hatte "Heimat" im Fußball nicht mal eine ganz besondere Bedeutung? Vorbei und vergessen! Um drei profane Zweitligaspiele auszutragen, reicht eine Spielstätte wie das Paul-Janes-Stadion offenbar nicht mehr. Das, was sich heute um die 90 Minuten herum abspielt, verlangt eben ein anderes Ambiente als ein paar Sitzschalen in einer nostalgiereichen Sportanlage.
Das wirft die Frage auf, auf welchem Weg sich der Fußball eigentlich befindet. Auch die samstägliche Sportschau lässt nämlich den Schluss zu, dass er inzwischen komplett mit sinnloser Bedeutung überladen ist. Nehmen wir das Beispiel Podolski. Das Spiel Köln gegen Frankfurt war nebensächlich. Wichtig war Poldi und seine mysteriöse Verletzung. Der rote Faden in einem Spielbericht, der kein Spielbericht war. Sondern eine daily soap aus dem Leben von Poldi. Alles andere - Staffage. Fans, Mitspieler, Gegner. Der Höhepunkt dann zum Schluss: die stolze Präsentation der Plexiglasscheibe aus Leverkusen, die Poldis Wutattacke am Wochenende zuvor nicht hat standhalten können. Genüßlich vorgezeigt in diversen Fußballshows. Mit schmunzelnder Bewunderung für einen Spieler, der seine Liebe zum Verein derart plastisch dokumentiert. Als Hertha-Fans in der letzten Saison ihre Sorgen um ihren Klub auf ähnliche Art an den Plexiglasscheiben der Trainerbänke im Olympiastadion dokumentierten, waren das Verbrecher. Und der 16-jährige St. Pauli-Fan, der kürzlich einen Schneeball warf, durfte anschließend seine Dauerkarte abgeben. In Leverkusen aber wurde ein Held geboren.
Halt, nicht aufschreien! Ich will nicht Lukas Podolski und die Hertha-Randalierer in einen Topf werfen. Und ich will schon gar nicht die Randale der Hertha-Fans relativieren oder gar rechtfertigen. Aber wieso darf Podolski für eine Attacke abgefeiert werden, für die jeder von uns einen Strafzettel kriegen würde?
Weil er Teil der Show ist? Einer Show, für die man schnell auch mal ein Stadion für drei Spiele baut? Und einer Show, bei der wir die zahlende Entourage sind?
Eine schöne Woche wünscht Euer Montagsmaler Hardy
P.S.: Hier die englische Sicht auf den Zustand des "beautiful game":
http://footballpubcast.clubfans.co.uk/2010/12/13/football-is-morally-bankrupt-i%e2%80%99ve-had-enough/?utm_source=twitterfeed&utm_medium=twitter
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