Mittwoch, 1. Dezember 2010

Viktoria 89 Berlin - Comeback eines deutschen Meisters


Ich bin ja hier im Fußballglobus häufig mit eher traurigen Themen beschäftigt - Stichwort "Insolvenzticker". Umso mehr freue ich mich, endlich mal eine rundherum schöne und positive Geschichte präsentieren zu können - noch dazu über einen wirklichen deutschen Traditionverein: Viktoria 89 Berlin.

Der zweifache Deutsche Meister (1908 und 1911, hinzu kommt die inoffizielle erste Meisterschaft 1894) hat sich am Wochenende mit einem 7:1 über den Lichtenrader BC die Herbstmeisterschaft in der Berlin-Liga gesichert und ist auf dem Weg in die Oberliga Nordost. Dort soll nicht zwangsläufig Schluss sein, denn die "Himmelblauen" linsen bereits ein klein wenig in Richtung Regionalliga.

Und das alles gelang ohne Brausehersteller oder Softwaremagnat! Statt dessen trumpft man auf der Friedrich-Ebert-Sportanlage in Berlin Tempelhof mit sauberer und seriöser Arbeit auf. Mit Dr. Christoph Schulte-Kaubrügger steht dem Klub ein engagierter Präsident vor (zugleich ein ausgerechnet auf das Insolvenzrecht spezialisierter Berliner Rechtsanwalt!), und der 2003 gegründete Förderverein "Tempelhofer Löwen Pool 89 e.V." umfasst inzwischen 40 Mitglieder. Man zahlt nicht nur Geld ein, sondern kümmert sich beispielsweise auch um Ausbildung- bzw. Arbeitsplätze von Vereinsmitgliedern. Damit wird man dem Klubmotto "Tradition und Zukunft" durchaus gerecht.

Hier ein Interview mit dem Viktoria-Präsidenten aus der Berliner "Fuwo":
http://www.fussball-woche.de/index.php?option=com_content&view=article&id=1385:christoph-schulte-kaubruegger&catid=85:interview-der-woche&Itemid=73

Wohin Viktorias Wege führen können, muss sich zeigen. Zweifelsohne ist das Terrain in Berlin für hochklassigen Amateurfußball enorm schwierig. Die Schicksale von Tennis Borussia und aktuell Türkiyemspor belegen das. Das Berliner Publikum für Amateurfußball zu mobilisieren ist schwierig bis unmöglich (Viktoria hatte bei seinem Herbstmeisterschaftsspiel gegen den LBC immerhin 287 Zuschauer, für Berliner Verhätnisse eine beachtliche Zahl).

Es wäre sehr zu wünschen, wenn ein Klub wie Viktoria 89, mit seiner reichen Tradition (zweiältester Klub Deutschlands) und seiner zukunftsgerichteten Arbeit, diese Crux endlich durchbrechen könnte. Wenn es gelänge, zur Nummer drei in Berlin aufzusteigen und eine "Nische" zu besetzen. So wie Altona 93 in Hamburg oder der FSV Frankfurt vor seinem Aufstieg in die 2. Liga in Frankfurt. Es könnte zugleich ein schöner Gegenpol zu den hochgepuschten Plastikklubs à la RBS Leipzig und TSG Hoffenheim (ja, ich nenne diese beiden Organisationen in einem Atemzug!) sein. Denn im Gegensatz zu Hoffenheim, wo das "Tradition seit 1899" nicht anderes als Geschichtsverdrehung ist (1899 erfolgte die Gründung der TURNverein Hoffenheim, Fußball spielt man dort erst seit 1920) darf sich Viktoria 89 mit gutem Recht den Slogan "Tradition und Zukunft" geben. Was es sicher braucht, ist langer Atem. Genau den wünsche ich den Verantwortlichen.


Einen kleinen Kritíkpunkt habe ich Dauernörgler aber doch noch: das neue Vereinswappen. Es ist einfach nur, sorry, häßlich. Dabei ist die gute alte Viktoria-Fahne doch so schön!

http://www.viktoria-berlin.de/

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen