Jörg Pochert: Ayia Napa! Fußballreisen nach Südeuropa
Jörg Pochert ist einer von diesen verrückten Typen, über die
wir alle den Kopf schütteln und auf die wir alle gleichzeitig unglaublich
neidisch sind. Jörg Pochert ist Groundhopper und verbringt jede Gelegenheit
damit, irgendwo auf der Welt Fußballstadien zu besuchen und Fußballkultur zu
goutieren.
Das klingt aufregend, ist in der Realität aber häufig auch
anstrengend, denn in der Welt der Groundhopper gibt es selten gemütliche
Linienflüge und an Flughäfen wartende freundliche Taxifahrer, die einen in
schicke Nobelherbergen bringen. Statt dessen muss man als Groundhopper
akribisch planen, schlägt sich vor Ort mit gewieften Taxifahrern herum, die
einen übers Ohr hauen wollen und blendet abends in der rudimentären Unterkunft
die Bilder von Schaben und anderem Ungeziefer, das sich in derartigen Herbergen
so aufhält, aus.
Lohn sind tolle Erlebnisse und tolle Begegnungen, auf die
unsereins nun wieder neidisch ist und Lust entwickelt, selber in den Flieger zu
steigen. Insofern ist es angemessen, vor dem Genuss von „Ayia Napa!“ zu warnen,
denn es weckt das Reisefieber, und das nicht zu knapp. Das liegt vor allem
daran, dass Pochert keiner dieser etwas fanatischen Groundhopper ist, die ein
Stadion nach dem anderen abhaken, alles über die Anzahl der Stehtraversen und
den Geschmack des Bieres erzählen können, vom Drumherum aber nichts
mitbekommen. Bei Pochert geht es nicht vordringlich um Länderpunkte, Saufgelage
und dumme Sprüche über die Attraktivität der weiblichen Stadionbesucher,
sondern um Zusammenhänge, Einbettungen und zwischenmenschliche Dimensionen. Seine
Fähigkeit zu Selbstironie verleiht Pocherts Buch zudem eine Lockerheit, die es höchst
lesenswert macht und durch die man häufig ins Schmunzeln gerät.
Wenngleich Pochert fast überall auf der Welt unterwegs ist,
beschränkt er sich in seinem Buch auf vier Touren, die er zwischen September
2012 und März 2013 in Südeuropa unternommen hat. Sie führten ihn in die Türkei,
nach Portugal und nach Zypern, wo er neben packenden Duellen wie APOEL Nikosia
gegen AEL Limassol oder Galatasaray gegen Besiktas auch Spiele unterklassiger
Ligen sah, die aber häufig ihren ganz eigenen Reiz haben. Spannend auch seine
Schilderung vom Heimspiel Fenerbahces, bei dem er zwischen fast ausschließlich
weiblichen Stadionbesuchern saß – nach Ausschreitungen waren die einheimischen Männer
vom Stadionbesuch ausgeschlossen.
Das Highlight aber ist sein Besuch des Derbys zwischen
Esteghal und Persepolis Teheran, zu dem er in einem Kurzausflug von der Türkei
aus in den Iran jettet. Schon frühmorgens sind die Tribünen prall gefüllt, und
man fühlt mit Pochert, wenn er die langsam anschwellende Stimmung beschreibt.
Spätestens zum Spielbeginn ist er dann auch wieder da: der Neid, selbst an
Pocherts Stelle im Stadion sitzen zu wollen. Doch dann müsste man eben auch all
die Schwierigkeiten und Herausforderungen meistern, mit denen sich Pochert vor
und nach dem Spiel so herumzuschlagen hat – und da wiederum fühlt man sich dann
ganz wohl, dass man sie gemütlich „erlesen“ kann und schmunzelt, wenn er von
seinen schwierigen Tarif-Verhandlungen mit einem vermeintlichen Taxifahrer
berichtet.
Wer neugierig ist auf Fußball, Fußballkultur und nationale
Ausprägungen von Fußballkultur, wird mit diesem Buch bestens bedient. Aber auch
wer schlicht Lust hat, seinen Jahresurlaub irgendwo an der anatolischen Küste
oder sonst wo mal mit einem Stadionbesuch aufzupeppen, kann beruhigt zu „Ayia
Napa!" greifen, denn neben guter Unterhaltung liefert es wertvolle Tipps und macht garantiert
neugierig. Ich habe Euch gewarnt!
Jörg Pochert
Ayia Napa! Fußballreisen nach Südeuropa
ISBN: 978-3-00-042883-8
Verlag: Nofb-shop.de
11,90 Euro, zu beziehen über www.nofb-shop.de (geht auch über amazon)
Danke für die sehr positive und objektive Kritik und beste Grüße aus Tokio! Jörg
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