Einmal im Jahr erreicht mich ein Buch, das mich regelmäßig für ein paar Tage ausknockt: Der "deutsche Fußball-Almanach", herausgegeben vom DSFS (Deutscher Sportclub für Fußball-Statistiken) und dem Agon Sportverlag in Kassel.
Das Buch ist eine reine Zahlenwüste. Ein Buch, das man im Internetzeitalter gar nicht mehr vermuten würde. Doch ich kann noch so viele Stunden hoch und runter surfen - den Informationsgehalt und vor allem die Übersichtlichkeit des Deutschen Fußball Almanachs würde ich nicht einmal in Ansätzen erreichen. Insofern wird mich das Buch hoffentlich auch in Zukunft alljährlich im Herbst für ein paar Tage aus der Realität katapultieren und in die Welt der Zahlen befördern.
Was ist drin? Daten aller Ligen von der Bundesliga bis zur sechsthöchsten Spielklasse. Dazu Landespokalwettbewerbe, Frauen- und Jugendfußball. Für die 1-4 Liga gibt es für jeden Verein eine Einsatzmatrix, die Zuschauerzahlen, statistisches Material über dies und das. Die 5. Liga wird mit verkürzter Einsatzmatrix für jeden Verein, Zuschauerzahlen und notweniger Saisonstatistik präsentiert. Liga 6 gibt es als Kastenergebnistabelle, dazu Zuschauerzahlen und Torschützenliste.
Was mich am meisten fesselt, ist die Ebene zwischen der vierten und der sechsten Liga. Bundesliga, 2. Bundesliga und 3. Liga nehme ich quasi nur "mit" und greife dann darauf zurück, wenn ich verlässliche Daten über diese Klassen brauchen. Interessant wird es ab der vierten Liga, wirklich spannend wird es in den Spielklassen 5 und 6. Denn dort spielen sich die Dinge ab, die man nirgendwo anders erfahren kann, als im Deutschen Fußball-Almanach.
Nehmen wir die neueste Ausgabe über die Saison 2009/10. Bei den Oberligen (5. Liga) sind es beispielsweise die durchschnittlichen Zuschauerzahlen, die so unendlich viel verraten. Nüchterne Zahlen mit großem Erkenntniswert. Beispiel gefällig?
Berlin Ankaraspor: gesamt 1.137, Schnitt 75 - so wenige hatte kein anderer Oberligist. Nicht mal die 2. Mannschaft des VfB Lübeck (Schnitt: 105) oder die Hachinger Reserve (146).
Und auf der anderen Seite der Skala liegt Leipzig gleich mit drei Teams ganz vor. Lok registrierte insgesamt 46.972 Zuschauer (Schnitt 3.131), Sachsen 41.331 (2.755) und RBS 32.248 (2.150). Siegen (1.613), Oldenburg (1.601), Meppen (1.591), Memmingen (1.365), Buchbach (1.096) und Zwickau (1.091) kommen ebenfalls auf vierstellige Durchschnittszahlen.
Und selbst in den sechsten Ligen gibt es noch Klubs, die enorme Kulissen anlocken. Schweinfurt 05 beispielsweise kam in der Landesliga Bayern Nord auf durchschnittlich 1.141 Zahlende, und der KFC Uerdingen ereichte sogar 1.875! Ansonsten wird abder auch hier der dramatische Zustand des Amateur-Leistungsfußballs in Deutschlands offenkundig, denn mit Greifswalder SV II, TuRa 88 Duisburg, GFC Düren, Union Solingen und VfB Süsterfeld gab es im Saisonverlauf bzw. kurz danach gleich fünf Rückzieher wegen Insolvenz. Zählt man die sieben Insolvenzen/Rückzüge der 5. Liga dazu (Hansa Rostock II, Tennis Borussia Berlin, Germania Leer, Rot-Weiss Essen II, Viktoria Aschaffenburg, TSV Crailsheim, TSG Thannhausen), gibt es ein erschreckendes Bild - wobei zu befürchten ist, dass sich die Zahl der Rückzüge/Insolvenzen 2010/11 möglicherweise noch deutlich erhöhen wird.
Wer sich für den Fußball unterhalb der Hype-Ebene interessiert, für den ist der "Deutsche Fußball-Almanach" ein unverzichtbares Werk.
Deutscher Fußball-Almanach 2009/10
DSFS (Hrsg. Ralf Hohmann)
376 Seiten
AGON Sportverlag, Kassel
ISBN-13: 978-3897843721
19,90 Euro
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen